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L9 Sozial- und GesundheitsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Stmk. KALG 1957 idF der 5. Nov. §§37 Abs2 zweiter Satz und Abs3, 38a Abs1 bis 6; Stmk. AufteilungsV; wenn möglich ist eine verfassungskonforme Auslegung vorzunehmen, selbst wenn in den Materialien der Gesetzwerdung entgegenstehende Aussagen enthalten wären; es ist ausgeschlossen, daß §37 Abs2 Stmk. KALG als Rechtsgrundlage der angefochtenen V in Frage kommt - Mangel der Präjudizialität; das Regelungssystem des §38a betrifft lediglich Ärzte, die in einem dienstrechtlichen Verhältnis zum Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband als Rechtsträger einer Krankenanstalt stehen; Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung der bekämpften Bestimmungen aus den in VfSlg. 9800/1983 genannten Gründen - §37 Abs3 und §38a Abs1 bis 6 nicht kompetenzwidrig sowie die V nicht gesetzwidrigRechtssatz
Antrag des OGH auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §37 Abs2 Satz 2 und Abs3 sowie des §38a Abs1 bis 6 Stmk. KAG (KALG) und auf Aufhebung der Verordnung über die Aufteilung der Ärztehonorare aus den Sondergebühren der Landeskrankenanstalt, LGBl. 1983/40 (AufteilungsV).
Eine Gegenüberstellung der Regelungen des §38a mit den Bestimmungen der §§36 bis 38 KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle zeigt, daß der Abschnitt "Sondergebühren und Sonderaufwendungen", dem diese Gesetzesstellen zugehören, zwei Regelungsbereiche umfaßt, von denen den Bestimmung der §§36 bis 38 die Funktion einer lex generalis, dem §38a hingegen der Charakter einer lex specialis zuzumessen ist. Durch die §§36 bis 38 werden einerseits die Rechtsbeziehungen zwischen Patienten der Sonderklasse und dem Rechtsträger der Krankenanstalt und andererseits generell die Rechtsbeziehungen der Ärzte zum Rechtsträger der Krankenanstalt geregelt, gleichgültig, ob die Ärzte aufgrund eines Dienstvertrages oder aufgrund einer anderen Regelung ärztliche Dienste erbringen (dies ergibt sich aus dem ersten Satz des §37 Abs2 KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle, der Konsiliarärzte in die Regelung miteinbezieht).
Die im §38a leg.cit. enthaltenen Regelungen unterscheiden sich von diesen allgemeinen Regelungen sowohl dadurch, daß §38a nur für Ärzte in Krankenanstalten gilt, deren Rechtsträger das Land oder eine Gemeinde in der Steiermark ist (Abs1), als auch dadurch, daß die ärztlichen Dienste aufgrund eines Dienstverhältnisses zum Land oder einer Gemeinde in der Steiermark als Krankenanstalt-Träger erbracht werden müssen (Abs8). Eine Verordnung der Landesregierung, die auf dem Boden des §38a Abs1 nähere Bestimmung über die Aufteilung der den Ärzten zukommenden Anteile an den Sondergebühren (Ärztehonorare ohne Anstaltsanteile) enthält, kann daher Rechtswirkungen nur für diesen Personenkreis auslösen. Dies trifft somit auch auf die angefochtene AufteilungsV zu. Daran ändert nichts, daß sich die angefochtene Verordnung nicht nur auf §38a sondern auch auf die §§36 und 37 beruft. Soweit in der Präambel auf §36 Bezug genommen wird, handelt es sich lediglich um einen Hinweis auf die Gesetzesstelle, die den Rechtsträger von Krankenanstalten zur Einhebung von Sondergebühren ermächtigt. Soweit sich die Präambel der AufteilungsV auf §37 beruft, wird offensichtlich nur auf dessen Abs3 Bezug genommen, der den Anstaltsanteil der Sondergebühren betrifft. Der angefochtene zweite Satz des §37 Abs2 bildet hingegen schon deshalb keine gesetzliche Grundlage für die angefochtene AufteilungsV, weil §38a - siehe im gegebenen Zusammenhang insbesondere dessen Abs3 - die maßgeblichen Verordnungsdeterminanten erschöpfend enthält.
Dieses Ergebnis findet auch in einer verfassungskonformen Interpretation seine Stütze.
Bei Prüfungsanträgen eines Gerichtes hat der Verfassungsgerichtshof in langjähriger Rechtsprechung ausgesagt, daß nur bei einer offenbar unrichtigen Annahme der Präjudizialität der Mangel der Legitimation des Gerichtes zur Antragstellung gegeben ist (s. VfSlg. 10066/1984 und die dort zitierte Vorjudikatur, 10296/1984, 10357/1985, 10640/1985, zuletzt VfGH 3.10.1986 G86/86); der Verfassungsgerichtshof hält daran auch weiterhin fest.
Dem Rechtsstreit vor dem OGH liegen ausschließlich Ansprüche von Klägern zu Grunde, die in einem Dienstverhältnis zum Land Steiermark stehen. Der Annahme des OGH, daß er bei Beurteilung der an ihn gerichteten Revision die angefochtene AufteilungsV anzuwenden hätte, kann nicht entgegengetreten werden. Da §38a die gesetzlich Grundlage der angefochtenen AufteilungsV bildet, kann auch insoferne nicht davon die Rede sein, daß vom antragstellenden Gericht die Präjudizialität denkunmöglich angenommen worden wäre; das gleiche gilt für §37 Abs3. Es ist jedoch ausgeschlossen, daß der zweite Satz des §37 Abs2 als Rechtsgrundlage der angefochtenen AufteilungsV in Frage kommt. Daß sich die Präambel der angefochtenen Verordnung undifferenziert auf §37 beruft, reicht für sich allein zur Begründung der Präjudizialität nicht aus, wenn - wie hier - eine Vorschrift als Rechtsgrundlage einer angefochtenen Verordnung nicht in Frage kommt (vgl. hiezu VfSlg. 8318/1978).
Zusammenfassend ergibt sich daher, daß der Antrag des OGH festzustellen, daß §37 Abs2 zweiter Satz KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle verfassungswidrig war, mangels Präjudizialität dieser Bestimmung iSd Art140 Abs1 B-VG zurückzuweisen ist; die übrigen Anträge hingegen sind zulässig.
Die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes in einem auf Antrag eingeleiteten Normenprüfungsverfahren ist durch das Vorbringen, auf welche Bedenken die behauptete Verfassungs-(Gesetz-)widrigkeit gestützt wird, begrenzt (vgl. bezüglich Gesetzesprüfungen VfSlg. 8253/1978, 9185/1981, 9287/1981, 9587/1982; bezüglich Verordnungsprüfungen VfSlg. 9089/1981). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist daher - mangels Präjudizialität des §37 Abs2 2. Satz - ausschließlich die Frage, ob §37 Abs3 und §38a Abs1 bis 6 KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle vom Landesgesetzgeber kompetenzwidrig erlassen wurden; träfe dies zu, so hätte dies zur Folge, daß die AufteilungsV - jedenfalls bis zur 8. KALG-Novelle - ihre gesetzliche Grundlage verlieren würde.
Keine kompetenzwidrige Erlassung dieser Bestimmung (s. VfGH 29.9.1983, B196/78 ua. = VfSlg. 9800/1983).
Dem Vorwurf des antragstellenden OGH, die Bestimmung der §§37 Abs3 und 38a KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle seien verfassungswidrig und die AufteilungsV sei gesetzwidrig erlassen, liegt die Auffassung zugrunde, es handle sich bei diesen und den anderen Bestimmungen des Abschnittes "Sondergebühren und Sonderaufwendungen" um einen sachlich untrennbaren Regelungskomplex. Da Gegenstand desselben auch die Regelung der Rechtsverhältnisse zu Konsiliarärzten sei, die in keinem Dienstverhältnis zum Rechtsträger der Krankenanstalt stünden, habe der Landesgesetzgeber Tatbestände des Zivilrechtswesens (Art10 Abs1 Z6 B-VG) in seine Regelung einbezogen, wozu er auch durch Art15 Abs9 B-VG nicht befugt gewesen sei. Diese Prämisse ist jedoch verfehlt. Handelt es sich aber nach §38a KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle um ein Regelungssystem, das lediglich Ärzte betrifft, die in einem dienstrechtlichen Verhältnis zum Land, einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband als Rechtsträger einer öffentlichen Krankenanstalt stehen, so treffen die im Erk. VfSlg. 9800/1983 enthaltenen Ausführungen auch diesfalls vollinhaltlich zu. Daß §37 Abs3 KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle (ebenfalls) eine Rechtsgrundlage der auf dem Boden des §38a Abs1 leg.cit. erlassenen AufteilungsV bildet, zieht entgegen der Ansicht des OGH nicht nach sich, daß die §37 Abs2 zweiter Satz KALG 1957 idF der 5. KALG-Novelle angelastete Kompetenzwidrigkeit auch §38a leg.cit. anzulasten ist.
Ebensowenig ergibt sich aus der sprachlichen Fassung oder dem Inhalt der AufteilungsV, daß sich diese auch an Ärzte richtet, die nicht zu den in §38a einleitend genannten Rechtsträgern in einem dienstrechtlichen Verhältnis stehen; verfassungskonform kann die bekämpfte Verordnung ausschließlich von dem in §38a genannten Personenkreis in Anspruch genommen werden. Diesem Ergebnis steht auch nicht entgegen, daß der Regelungskonnex des ersten und zweiten Satzes des §37 Abs2 so eng ist, daß er aus sprachlichen und inhaltlichen Gründen möglicherweise eine Untrennbarkeit dieser Bestimmung nach sich zieht. Für §37 Abs3 trifft Gleiches offenkundig nicht zu. Der Landesgesetzgeber war daher aus den bereits in VfSlg. 9800/1983 dargelegten Gründen zuständig, die bekämpften Bestimmungen zu erlassen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Krankenanstalten, Auslegung verfassungskonforme, VfGH / Präjudizialität, VfGH / Bedenken, VfGH / Prüfungsumfang, Kompetenz Bund - Länder Krankenanstalten, Kompetenz Bund - Länder DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:G133.1986Dokumentnummer
JFR_10128789_86G00133_01