RS Vfgh 1987/12/11 V1/87, V2/87, V3/87, G23/87, G24/87, G25/87

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Veröffentlicht am 11.12.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z6
B-VG Art12 Abs1 Z1
B-VG Art89 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Oö KAG 1976 idF der Novelle 1985 §§34a ff
AmbulanzgebührenV der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.10.1986. LGBl 58/1986
Oö KAG-Novelle 1985 ArtI Z27
Oö KAG 1976 idF der Novelle 1985 §34

Leitsatz

Individualanträge auf Aufhebung der Oö AmbulanzgebührenV sowie des ArtI Z24 und Z27 Oö KAG-Novelle 1985; teils kein Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller; Eingriff in die Rechtssphäre der ASt. erst durch die aufgrund der Verordnungsermächtigung des §34 Abs4 Oö KAG erlassenen V - Prüfungsantrag hinsichtlich der Verordnungsermächtigung unzulässig; wenn der Inhalt genereller Rechtsvorschriften zum Inhalt eines privatrechtlichen Vertrages wird, sind diese ausschließlich Inhalt eines zivilrechtlichen Vertrages und nicht Hoheitsakte; Möglichkeit einer gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche auf Ärztehonorar gegen den Rechtsträger der Krankenanstalt; keine Unzumutbarkeit dieses Weges; Mangel der Antragslegitimation

Rechtssatz

Individualantrag auf Aufhebung des ArtI Z27 Oö. KAG-Novelle 1985 und der AmbulanzgebührenV der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.10.1986, LGBl. 1986/58.

Der letzte Satz des §34 Abs1 Oö. KAG 1976 idF der Novelle 1985 bestimmt, daß Ambulanzgebühren als Sondergebühren eingehoben werden können; Abs3 leg.cit. gibt eine nähere Definition der Ambulanzgebühren: demnach sind Ambulanzgebühren für die ambulante Untersuchung und Behandlung einzuheben. Dies bedeutet, daß ein gesondert verrechenbares Ärztehonorar nicht (mehr) einzuheben ist. Damit steht im Einklang, daß durch ArtI Z27 der Oö. KAG-Novelle 1985 §34b Oö. KAG 1976 aufgehoben wurde; durch §34b Oö. KAG 1976 wurden bis zur Aufhebung dieser Gesetzesstelle die Ambulanzgebühren dahin definiert, daß sie aus einem Anstaltsaufwandsanteil und einem Ärztehonoraranteil (Abs1 leg.cit.) bestanden, die durch Verordnung gesondert festzulegen waren (Abs4). Die Aufhebung des §34b leg.cit. iVm der Neuregelung der Ambulanzgebühren in §34 Abs1 letzter Satz und Abs3 greift somit in die Rechtssphäre der Antragsteller ein, dies allerdings nur mittelbar, weil erst die AmbulanzgebührenV konkrete Ansprüche festlegte. Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre der Antragsteller liegt jedoch darin, daß mit der AmbulanzgebührenV die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8.3.1982, soweit sie die Ambulanzgebühren (und die in der Verordnung festgelegten Ärztehonoraranteile) betraf, aufgehoben wurde und die neue Verordnung gesonderte Ärztehonoraranteile nicht mehr vorsieht, womit der vorausgehenden Regelung auch materiell derogiert wurde.

Wenn der Inhalt genereller Rechtsvorschriften kraft privatautonomer Gestaltungsfreiheit zum Inhalt eines privatrechtlichen Vertrages wird, erfahren diese Rechtsvorschriften dadurch nicht etwa eine Ausdehnung ihres persönlichen Geltungsbereiches als Rechtsnormen; sie sind insoweit vielmehr ausschließlich Inhalt des Privatrechtsgeschäftes, nämlich Bestimmungen eines zivilrechtlichen Vertrages und nicht etwa Hoheitsakte, sodaß sie folglich auch nicht zum Gegenstand eines Prüfungsantrages durch das Gericht gemacht werden könnten (vgl. VfSlg. 8977/1980).

Zumutbarkeit des gerichtlichen Rechtsweges (vgl. hiezu VfSlg. 8979/1980, zuletzt weiters VfGH 11.12.1987 G133/86, V57/86).

Angestellte Ärzte stehen nur in einer Rechtsbeziehung zum Rechtsträger der Krankenanstalt, weshalb sie diesem gegenüber ihren Honoraranspruch für ärztliche Dienstleistungen aufgrund der Rechtsbeziehung geltend zu machen haben.

Zurückweisung der Individualantragese auf Aufhebung des ArtI Z24 und 27 der Oö. KAG-Novelle 1985 und der AmbulanzgebührenV der Oberösterreichischen Landesregierung vom 20.10.1986, LGBl. 1986/58 - gerichtlicher Rechtsweg möglich und zumutbar.

Entscheidend ist, ob die Antragsteller Ansprüche, die ihnen vor der Oö. KAG-Novelle 1985 zustanden, gegen ihren (privatrechtlichen) Dienstgeber gerichtlich geltend machen könnten; dies ist aus folgenden Gründen zu bejahen: Gemäß §34a Oö. KAG sind Ärzte berechtigt, von Pfleglingen der Sonderklasse, das sogenannte Ärztehonorar zu verlangen; diese Regelung war auch für den Ärztehonoraranteil an den Ambulanzgebühren nach §34b Abs3 Oö. KAG 1976 maßgeblich. Daraus abzuleiten, daß es sich hiebei um einen unmittelbaren Anspruch der Ärzte gegenüber den Pfleglingen der Krankenanstalten handle, ist jedoch verfehlt, wenn auch der Gesetzgeber (vgl. die Beilage 111/1975 zum kurzschriftlichen Bericht des OÖ LT, XXI.GP) darauf abzielte. Das Oö. KAG begründet, auch was die Sondergebühren betrifft, eine Rechtsbeziehung der Patienten einer Krankenanstalten nur zu deren Rechtsträger. Angestellte Ärzte stehen hingegen nur in einer Rechtsbeziehung zum Rechtsträger der Krankenanstalt. Damit gilt das gleiche, was in VfSlg. 10066/1984 zur Sbg. KAO ausgesagt wurde, nämlich, daß der Anspruch auf Honorar für ärztliche Dienstleistungen vom Arzt gegenüber dem Rechtsträger der Krankenanstalten auf Grund der Rechtsbeziehungen geltend zu machen ist, auf denen sein Rechtsverhältnis diesem gegenüber beruht. Dies bedeutet für die Antragsteller, daß ihr Rechtsanspruch dienstvertraglicher Natur ist. Aus §34a Oö. KAG läßt sich Gegenteiliges nicht ableiten; nach dem normativen Gehalt der Bestimmung gilt vielmehr für das Oö. KAG das gleiche, was für die Sbg. KAO in VfSlg. 10066/1984 ausgesagt wurde. Dafür spricht insbesondere auch, daß §36 Oö. KAG für die Einbringung der Sondergebühren (dies gilt nach §34a Abs5 leg.cit. auch für die Ärztehonorare) nur dem Rechtsträger der Krankenanstalten Parteistellung einräumt. Folgte man der Rechtsmeinung der Antragsteller, dann wären sie auf dem Boden der bereits erwähnten Gesetzesstellen überhaupt nicht in der Lage, die ihnen nach ihrer Meinung zustehenden Ansprüche auf Ärztehonorar, auf welchem Rechtsweg immer, zu verfolgen. Der normative Gehalt der Regelungen kann demnach nur dahin verstanden werden, daß §36 ausschließlich den Rechtsweg regelt, der dem Rechtsträger einer Krankenanstalten zur Hereinbringung ihm zustehender Ansprüche an sogenannter Sondergebühren für bestimmte Sachleistungen und von Ärztehonoraren für ärztliche Leistungen gegen Pfleglinge (Patienten) der Sonderklasse zur Verfügung steht. Hingegen sind für die Geltendmachung der Ansprüche der Ärzte auf eine ihnen zustehende Entlohnung (Ärztehonorar) für ärztliche Dienste, die sie Pfleglingen von Krankenanstalten angedeihen ließen, die allgemeinen Verfahrensregeln anzuwenden, die für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Rechtsverhältnis zur Verfügung stehen, das zwischen den Ärzten und dem Rechtsträger der Krankenanstalten besteht (vgl. VfSlg. 10066/1984 575 f).

Die Bestimmung des Oö. KAG 1976 (auch nach der Oö. KAG-Novelle 1985) stehen einer gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche der Antragsteller auf Ärztehonorar gegen den Rechtsträger der Krankenanstalten nicht entgegen. Auf diesem Wege könnten die Antragsteller auch anregen, daß das Gericht II. Instanz oder der OGH einen Antrag auf Prüfung der von den Antragsteller als verfassungs-(gesetz-)widrig erachteten Bestimmungen stellt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Krankenanstalten, Gesetz, Verordnung, VfGH / Individualantrag, Kompetenz Bund - Länder Krankenanstalten, Kompetenz Bund - Länder Zivilrechtswesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:V1.1987

Dokumentnummer

JFR_10128789_87V00001_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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