TE Vfgh Erkenntnis 2008/6/25 B1371/07 ua

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Veröffentlicht am 25.06.2008
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
  1. B-VG Art. 144 heute
  2. B-VG Art. 144 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  5. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  6. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1984 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 296/1984
  7. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1981 bis 31.07.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 350/1981
  8. B-VG Art. 144 gültig von 01.07.1976 bis 31.07.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  9. B-VG Art. 144 gültig von 25.12.1946 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 144 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 144 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Landeshauptmann von Oberösterreich untersagte den beschwerdeführenden Parteien mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden die Ausübung des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen.römisch eins. Der Landeshauptmann von Oberösterreich untersagte den beschwerdeführenden Parteien mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden die Ausübung des Nebengewerbes der Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen.

Gegen diese Berufungsbescheide richten sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden, in denen jeweils ein Verstoß gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet sowie die (kostenpflichtige) Aufhebung der angefochtenen Bescheide bzw., für den Fall einer Abweisung oder Ablehnung der Beschwerden, deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof begehrt wird.

Die belangte Behörde hat jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem jeweiligen Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - unter sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO iVm §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen sowie zulässigen - Beschwerden erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - unter sinngemäßer Anwendung der §§187 und 404 ZPO in Verbindung mit §35 VfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen sowie zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. Mit Erkenntnis vom 21. Juni 2008, V332/08, hat der Verfassungsgerichtshof die von Amts wegen in Prüfung gezogene Verordnung (d.i. Punkt 1. des Erlasses) des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 21. November 2005, Z BMWA-30.599/0339-I/7/2005, betreffend das Nebengewerbe der Versicherungsvermittlung als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art139 Abs6 B-VG wirkt die Aufhebung einer Verordnung auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als gesetzwidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde liegenden Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (vgl. VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986); darüber hinaus muss der das Verwaltungsverfahren einleitende Antrag vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes gestellt worden sein (VfSlg. 17.687/2005). Dem in Art139 Abs6 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Verordnungsprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Verordnungsprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren vergleiche VfSlg. 10.616/1985, 10.736/1985, 10.954/1986); darüber hinaus muss der das Verwaltungsverfahren einleitende Antrag vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. römisch II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes gestellt worden sein (VfSlg. 17.687/2005).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Verordnungsprüfungsverfahren begann am 21. Juni 2008, um 8.30 Uhr. Die vorliegenden Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof am 26. Juli 2007 (B1371/07) bzw. am 4. Oktober 2007 (B1838/07) eingelangt, waren also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; die ihnen zugrunde liegenden Fälle sind somit Anlassfällen gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als gesetzwidrig aufgehobene Verordnung an, da die jeweilige Bescheidbegründung an wesentliche Teile der Verordnung inhaltlich anknüpft und sich auch sprachlich an diese anlehnt: Die angefochtenen Bescheide verlangen als Voraussetzung für die Gewerbeausübung jeweils den Nachweis von "allgemeine[m] versicherungsspezifische[n] Grundwissen" sowie von "durch den ergänzenden Charakter zum Hauptgewerbe definierte[m] spartenspezifische[n] Wissen über diejenigen Versicherungsprodukte [...], die im Berechtigungsumfang des Nebengewerbes liegen", woraufhin genau jene Versicherungszweige der Anlage A zu §4 Abs2 Versicherungsaufsichtsgesetz als in Betracht kommend aufgezählt sind, die auch in der Verordnung als für Gewerbliche Vermögensberater im Nebengewerbe zulässig angeführt sind. Die Untersagung der Gewerbeausübung ist mit der mangelnden Erfüllung dieser Voraussetzungen begründet.

Es ist damit nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass durch die aufgehobene Verordnung die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Parteien nachteilig beeinflusst wurde. Die beschwerdeführenden Parteien wurden somit wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt.

Die Bescheide sind daher aufzuheben.

III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.römisch III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den jeweils zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 180,-- enthalten.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:B1371.2007

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2008
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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