RS Vfgh 1988/2/26 B552/87

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Veröffentlicht am 26.02.1988
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Index

L3 Finanzrecht
L3703 Lustbarkeitsabgabe, Vergnügungssteuer

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
F-VG 1948 §8 Abs5
FAG 1985 §15 Abs3 Z1
Oö LustbarkeitsabgabeG 1979 §2.
Oö LustbarkeitsabgabeG 1979 §17 Abs2

Leitsatz

§17 Abs2 Lustbarkeitsabgabe Oö nicht gleichheitswidrig; Besteuerung von Spielautomaten auch aus anderen als fiskalischen Zwecken sachlich gerechtfertigt - keine Bedenken gegen höhere Besteuerung größerer Betriebe;

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen die in §17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG normierte mehrfache Abgabepflicht für Spielautomaten, die in mehreren Gemeinden nacheinander betrieben werden.

§17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979 begründet die Verpflichtung zur Entrichtung einer Pauschalabgabe je abgabepflichtigen (Spiel-)Apparat "für jeden angefangenen Betriebsmonat". Diese Steuerpflicht entsteht mit dem Betrieb eines Apparates in einer Gemeinde (§2 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979). Wieviel Tage innerhalb des Betriebsmonats der Apparateinhaber seinen Apparat betreibt, ist für die Höhe der Steuerpflicht gleichgültig. Wechselt der Abgabepflichtige die StandortGemeinde, so verwirklicht er neuerlich den steuerbaren Tatbestand nach §2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979: der Betriebsmonat nach §17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979 fängt von neuem an. Dies resultiert schon daraus, daß es sich bei der Lustbarkeitsabgabe um eine ausschließliche Gemeindeabgabe handelt, die gemäß §8 Abs5 F-VG 1948 iVm §15 Abs3 Z1 FAG 1985 von den einzelnen Gemeinden aufgrund freien Beschlußrechtes für das jeweilige Gemeindegebiet auszuschreiben ist. Daß die in einer Gemeinde entrichtete Steuer den Beschwerdeführer nicht von seiner Steuerpflicht in einer anderen Gemeinde entbindet, ergibt sich daraus von selbst. Daß ein Spielautomatenbetreiber, der seine Automaten in mehreren Gemeinden aufstellt, auch mehrfach, nämlich in jeder dieser Gemeinden steuerpflichtig wird, ergibt sich aus dem beschriebenen verfassungsrechtlichen Charakter der Lustbarkeitsabgabe und kann daher für sich allein nicht Anlaß zu verfassungsrechtlicher Bedenken geben.

Die Regelung des §17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979 würde sohin nur dann gegen den Gleichheitssatz verstoßen, wenn die Pauschalierung der Lustbarkeitsabgabe für einen Betriebsmonat an sich unsachlich wäre, wenn und weil die abgabepflichtigen Automaten in einer Gemeinde nicht einen ganzen Monat betrieben werden. Der Verfassungsgerichtshof kann nicht finden, daß diese Pauschalierung dem Gleichheitssatz widerspricht. Mit der Pauschalierung bezweckt der Gesetzgeber ein die Abgabenberechnung und -einhebung beträchtlich vereinfachendes Abgabenverfahren. Er geht dabei von einer Durchschnittsbetrachtung aus und stellt auf den Regelfall ab. Auch der Betrieb der in §17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979 genannten Apparate erfolgt üblicherweise für länger als einen Monat. Daß der Gesetzgeber dabei in durchaus sachlicher Weise auf diesen Betrieb abstellt, beweist der Umstand, daß die Pauschalabgabe für den jeweiligen Betriebs- und nicht für den Kalendermonat berechnet wird.

Keine Gleichheitsbedenken gegen §17 Abs2 Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979, wonach die Verpflichtung zur Entrichtung einer pauschalierten Lustbarkeitsabgabe für bestimmte Apparate für jeden angefangenen Betriebsmonat in jeder Gemeinde, in der die Apparate betrieben werden, gesondert entsteht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entspricht es dem Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht (zB VfSlg. 3595/1959, 5318/1966, 8457/1978) und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft. Daß dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (zB VfSlg. 3568/1959, 9908/1983, 10276/1984). Daß der Beschwerdeführer aufgrund seiner Betriebsstruktur üblicherweise den Betriebsmonat, für den er die pauschalierte Lustbarkeitsabgabe zu entrichten hat, nicht zur Gänze ausnutzt, sondern durch Aufstellen seiner Automaten in anderen Gemeinden innerhalb eines Monats eine mehrfache Abgabepflicht begründet, kann nicht dem Gesetzgeber zur Last gelegt werden. Diese mehrfache Abgabepflicht ist vielmehr einesteils die Folge des verfassungsrechtlichen Charakters der Lustbarkeitsabgabe als einer ausschließlichen, sohin von jeder Gemeinde gesondert zu erhebenden Abgabe. Sie erscheint zum anderen sachlich daraus gerechtfertigt, daß, wie in der Äußerung der Landeshauptstadt Linz plausibel behauptet wird, "ein Abgabepflichtiger, der in mehreren Gemeinden während eines Betriebsmonats, wenn auch nur für jeweils einige Tage, den Betrieb eines Spielapparates durchführt, wesentlich mehr Einnahmen erzielt als etwa ein Schausteller, der lediglich in einer einzigen Gemeinde während eines Betriebsmonats einen Spielapparat betreibt".

Die im Bericht des Ausschusses des Oö. Landtages für allgemeine innere Angelegenheiten vom 06.05.82, L 254/2-XXII, zur Begründung der Regelungen über die Lustbarkeitsabgabe bei Spielautomaten genannten "Bestrebungen nach einer angemessenen Unterbindung der durch den Betrieb von Glücksspielautomaten zu besorgenden Mißstände" erscheinen dem Verfassungsgerichtshof ein hinlänglich sachlicher Grund, Betriebe, die eine größere Anzahl derartiger Spielautomaten als andere aufstellen, höher zu besteuern als andere Betriebe. Wenn der Gesetzgeber im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes den Betrieb von wenigstens acht Apparaten als eine die höhere Abgabepflicht begründende Voraussetzung ansieht, kann ihm der Verfassungsgerichtshof hiebei nicht entgegentreten.

Es erscheint dem Verfassungsgerichtshof aber auch nicht als gleichheitswidrig, wenn Betriebsinhaber mit mehr als acht Apparaten vom Gesetzgeber verpflichtet werden, eine höhere Lustbarkeitsabgabe zu entrichten als Betriebsinhaber mit weniger als acht Apparaten (§17 Abs2 litb Oö. LustbarkeitsabgabeG 1979).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Vergnügungssteuer, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Finanzausgleich

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B552.1987

Dokumentnummer

JFR_10119774_87B00552_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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