RS Vfgh 1988/3/10 V52/87, V134/87, V148/87

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Veröffentlicht am 10.03.1988
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art18 Abs2
RAO §23
RL-BA 1977 §41

Leitsatz

Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes 1977 §41; Rechtsanwalt darf seinen Beruf nicht an mehreren Wohnsitzen ausüben; durch Abhaltung von Sprechtagen außerhalb des Wohnsitzes wird ein zweiter Wohnsitz (Berufssitz) nicht hergestellt - Genehmigungspflicht als Voraussetzung für Abhaltung solcher Sprechstunden gesetzwidrig

Rechtssatz

Aufhebung des §41 RL-BA 1977 mangels gesetzlicher Deckung.

Der Gerichtshof hält an der in VfSlg. 2400/1952 ausgesprochenen Rechtsauffassung fest, daß ein Rechtsanwalt seinen Beruf nicht an mehreren Wohnsitzen (Berufssitzen, Kanzleien) ausüben darf und daß durch die Abhaltung von Sprechtagen außerhalb des Wohnsitzes des Rechtsanwaltes ein zweiter Wohnsitz (Berufssitz) nicht hergestellt wird. Die weitere in VfSlg. 2400/1952 gezogene Schlußfolgerung, das Erfordernis der Genehmigung für die Durchführung derartiger Sprechtage halte sich durchaus im Rahmen der der Kammer durch §23 RAO auferlegten Verpflichtung zur Wahrung des Ansehens des Rechtsanwaltsstandes, ist jedoch im Sinne der neueren Judikatur nicht (mehr) haltbar.

Keine Bestimmung der Rechtsanwaltsordnung ermächtigt zur Einführung einer Genehmigungspflicht als Voraussetzung für die Abhaltung von Sprechstunden. Das bereits im Beschluß auf Einleitung des Verordnungsprüfungsverfahrens als nicht tragfähig gewertete Argument, die Genehmigungspflicht könnte erforderlich sein, um die Überwachung der Ausübung der Standespflichten durch die Kammer zu gewährleisten (und so in §23 Rechtsanwaltsordnung ihre gesetzliche Deckung finden) wird vom Rechtsanwaltskammertag auch gar nicht herangezogen.

Die Hinweise des Rechtsanwaltskammertages zum Zweck der Bestimmung des §41 RL-BA 1977 (die Regelung diene dem Interesse der rechtssuchenden Bevölkerung, es gehe nicht um eine Beschränkung der Berufsausübung, sondern um die Abdeckung eines Bedarfs) tun ebenfalls keine gesetzliche Grundlage für die vom Verordnungsgeber getroffene, hier in Prüfung gezogene Vorschrift dar. Auch aus dem Umstand, daß der Rechtsanwalt seinen Beruf nicht an mehreren Wohnsitzen ausüben darf und daß die Einhaltung dieser Vorschrift überprüft und überwacht werden kann, ist (noch) nicht abzuleiten, daß die Abhaltung von Sprechstunden - deren gesetzliche Zulässigkeit hier nicht geprüft wurde - an eine formelle Genehmigung geknüpft werden darf.

Aufhebung des §41 RL-BA 1977.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Berufsrecht Rechtsanwälte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V52.1987

Dokumentnummer

JFR_10119690_87V00052_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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