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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelbLeitsatz
Gesetz zum Schutze der persönlichen Freiheit; die bloß theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung stellt noch nicht den Haftgrund nach §175 Abs1 Z3 StPO Verdunkelungsgefahr her nicht vor; Verletzung des Rechtes auf persönliche Freiheit durch gesetzwidrige Festnahme und Anhaltung Art3 MRK; keine Verletzung durch die Art und Weise der polizeilichen AnhaltungRechtssatz
Festnehmung, anschließende Verwahrung.
Gemäß Art144 Abs1 Satz 2 B-VG idF der Novelle BGBl. 302/1975 erkennt der Verfassungsgerichtshof über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person. Darunter fallen Verwaltungsakte, die bis zum Inkrafttreten der B-VG-Novelle 1975, BGBl. 302, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes als sogenannte faktische Amtshandlungen (mit individuell-normativem Inhalt) bekämpfbar waren, wie dies für die Festnehmung und anschließende Verwahrung einer Person zutrifft (zB VfSlg. 7252/1974, 7829/1976, 8146/1977, 9836/1983). Dabei wird unter dieser einer Beschwerdeführung zugänglichen "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" in der Bedeutung des Art144 Abs1 B-VG - nach herrschender Judikatur - nicht nur das "Ob", sondern auch das "Wie", das heißt also die konkrete Gestaltung des jeweiligen Verwaltungsaktes verstanden (s zB VfSlg. 8126/1977, 8580/1979, 10321/1985, 10680/1985).
Verdunkelungsgefahr ist dann zu bejahen, wenn es wirklich zu einem Verdunkelungsversuch kam oder konkrete Anhaltspunkte darauf hinweisen, daß ein Versuch, die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen, unternommen werden würde (vgl. VfSlg. 3770/1960, 6560/1971, 6910/1972, 9836/1983; VfGH 27.11.87 B462/87).
Die bloße theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Wahrheitsfindung stellt noch nicht den Haftgrund nach §175 Abs1 Z3 StPO her (vgl. VfSlg. 3770/1960, 3780/1960, 9836/1983; VfGH 27.11.1987 B462/87).
Unter dieser einer Beschwerdeführung zugänglichen "Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt" in der Bedeutung des Art144 Abs1 B-VG - wird nach herrschender Judikatur - nicht nur das "Ob", sondern auch das "Wie", das heißt also die konkrete Gestaltung des jeweiligen Verwaltungsaktes verstanden (s zB VfSlg. 8126/1977, 8580/1979, 10321/1985, 10680/1985).
Die Verdächtigten stellten nicht etwa den von der Kaufhausdetektivin (und einer weiteren Zeugin) beobachteten tatsächlichen Geschehensablauf in Abrede, sondern leugneten bloß - übereinstimmend - jeglichen Diebstahlsvorsatz; ihre Verantwortung ging dahin, daß sie die in Rede stehenden Sachen kaufen oder lediglich - vor dem Kaufhaus - besichtigen wollten. Unter diesen Umständen fehlte es ganz offensichtlich an konkreten Anhaltspunkten dafür, daß sich die Verdächtigten in einer die Sachverhaltsermittlung erschwerenden Weise wechselseitig beeinflussen wollten.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, FestnehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B746.1987Dokumentnummer
JFR_10119391_87B00746_01