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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art117 Abs2Leitsatz
Streichung aus dem Wählerverzeichnis; grob mangelhaftes und ergänzungsbedürftiges Ermittlungsverfahren zur maßgebenden Frage des ordentlichen Wohnsitzes - Verletzung im Wahlrecht zum GemeinderatRechtssatz
Das in Art117 Abs2 iVm Art26 Abs1, 95 Abs1 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Wahlrecht zum Gemeinderat wird durch rechtswidrige Nichteintragung (Streichung) eines Wahlberechtigten in das (aus dem) Wählerverzeichnis verletzt. Das ist auch dann der Fall, wenn das zur Nichteintragung (Streichung) führende Verwaltungsverfahren an gravierenden Mängeln leidet (vgl. zB VfSlg. 5148/1965, 6303/1970, 7017/1973, 7766/1976, 10668/1985; siehe auch VfSlg. 8845/1980).
Der Beschwerdeführer hatte in einer Stellungnahme ausdrücklich die Gemeinde Podersdorf am See als - wenn auch nicht ausschließlich - Mittelpunkt seiner Lebensinteressen genannt (zur Frage von Mehrfachwohnsitzen vgl. zB VfSlg. 9598/1982).
Sieht man von einem "Aktenvermerk" ab, wonach der Beschwerdeführer im Wählerverzeichnis der Gemeinde Wien eingetragen sei (worauf die belangte Behörde im Hinblick darauf, daß Staatsbürger, die in mehreren Gemeindeen einen ordentlichen Wohnsitz haben, auch in jeder dieser Kommunen zur Teilnahme an der Wahl des GemeindeRates berechtigt sind (vgl. zB VfSlg. 10690/1985), zu Recht nicht näher einging), unterblieben hier (auch) geeignete Ermittlungen zur Klärung des entscheidungswichtigen Sachverhaltes, und zwar namentlich zur Überprüfung des Standpunktes des Beschwerdeführers:
Dieser Umstand im Zusammenhalt mit der völlig unzureichenden Bescheidbegründung, die sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers überhaupt nicht befaßte und auseinandersetzte, kennzeichnet aber die von der belangten Behörde eingehaltene Prozedur - selbst unter gebührender Berücksichtigung der geringeren Anforderungen, die an das Ermittlungsverfahren vor Wahlbehörden schon angesichts der kurzen zur Verfügung stehenden Fristen zu stellen sind (VfSlg. 8845/1980) - unter dem Aspekt der maßgebenden Frage des ordentlichen Wohnsitzes als derart grob mangelhaft und ergänzungsbedürftig (siehe etwa auch: VfSlg. 6473/1971, 7017/1973, 7766/1976, 8845/1980, 10668/1985), daß bereits von einer Verfassungswidrigkeit iS der verfassungsgerichtlichen Judikatur gesprochen werden muß.
Schlagworte
Wählerevidenz, Wahlrecht aktives, Wohnsitz,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B1262.1987Dokumentnummer
JFR_10119391_87B01262_01