TE Vfgh Beschluss 2004/6/21 V98/03 ua

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Veröffentlicht am 21.06.2004
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Index

58 Berg- und Energierecht
58/02 Energierecht

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
ElWOG §21
ElWOG §69 idF BGBl I 121/2000
Energie-RegulierungsbehördenG §16
Verordnung des BMwA über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl II 354/2001 - Stranded Costs-VO II
Verordnung des BMwA über die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel werden könnten, BGBl II 52/1999 - Stranded Costs-VO I

Leitsatz

Zurückweisung der Individualanträge eines Endverbrauchers auf Aufhebung der Stranded-Costs-VO I und der Stranded-Costs-VO II mangels aktueller Betroffenheit bzw wegen Zumutbarkeit anderer Rechtswege; mangels Legitimation; keine aktuelle Betroffenheit des Antragstellers durch die bereits außer Kraft getretene Stranded Costs-VO I aufgrund bereits entrichteter Beiträge; Zumutbarkeit eines zivilgerichtlichen Verfahrens bzw Erwirkung eines Bescheides hinsichtlich der Stranded Costs-VO II zumutbar

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die antragstellende Gesellschaft begehrt gemäß Art139 B-VG

a) auszusprechen, dass die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten "mit der die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel werden könnten, geregelt wird", BGBl. II Nr. 52/1999, (Stranded Costs-VO I) idF des §11 Abs3 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit "über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen", BGBl. II Nr. 354/2001, (Stranded Costs-VO II) gesetzwidrig war,

in eventu auszusprechen, dass die Stranded Costs-VO I, BGBl. II Nr. 52/1999 idF des §11 Abs3 Stranded Costs-VO II, BGBl. II Nr. 354/2001, gesetzwidrig war, sowie §10 Abs1 Stranded Costs-VO II, BGBl. II Nr. 354/2001, als gesetzwidrig aufzuheben,

b) in eventu auszusprechen, dass in §8 Abs2 Stranded Costs-VO I, BGBl. II Nr. 52/1999 idF des §11 Abs3 Stranded Costs-VO II, BGBl. II Nr. 354/2001, die Worte "zugelassenen" und "im Jahre 1997", in eventu nur das Wort "zugelassenen", in eventu nur die Worte "im Jahre 1997",

sowie in §8 Abs3 Stranded Costs-VO I, BGBl. II Nr. 52/1999 idF des §11 Abs3 Stranded Costs-VO II, BGBl. II Nr. 354/2001, die Worte "zugelassene" und "im Jahre 1997", in eventu nur das Wort "zugelassene", in eventu nur die Worte "im Jahre 1997", gesetzwidrig waren,

c) die Stranded Costs-VO II, BGBl. II Nr. 354/2001, in eventu die Worte "im Jahre 1997" in §6 Abs2 und Abs3 leg. cit. als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Die antragstellende Gesellschaft führt zu ihrer Antragslegitimation aus, dass sie als "zugelassener Kunde" elektrische Energie von der Verbund-Austrian Power Grid AG beziehe, welche für den Zeitraum Februar 1999 bis September 2001 auf Grundlage der Stranded Costs-VO I den Betrag von S 7.301.600,20 vorgeschrieben habe. Diesen Betrag habe die antragstellende Gesellschaft bereits entrichtet. Der Betrag sollte als Beitrag zu einer Betriebsbeihilfe für Stranded Costs im Zusammenhang mit dem Kohlekraftwerk Voitsberg 3 und dem Kohle-Lieferungsvertrag (GKB und ÖDK) dienen.

Für den Zeitraum ab Oktober 2001 habe ihr die Verbund-Austrian Power Grid AG den monatlichen Betrag von € 42.782,33 vorgeschrieben. Da die vorgeschriebenen Beträge nach der neuen Rechtsgrundlage mehr als verdoppelt worden seien, habe die antragstellende Gesellschaft die Zahlung eingestellt.

Sowohl durch die Stranded Costs-VO I als auch durch die Stranded Costs-VO II würde die antragstellende Gesellschaft unmittelbar dazu verpflichtet, Betriebsbeihilfen für begünstigte Unternehmen zu bezahlen, welche die Verbund-Austrian Power Grid AG als Netzbetreiber einhebe und nun an die Energie-Control GmbH abzuführen habe. Die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen zu Betriebsbeihilfen für Stranded Costs sei im öffentlichen Wirtschaftsrecht gegründet. Ein Verwaltungsverfahren sei nur im Verhältnis Netzbetreiber - Treuhänder vorgesehen. Wegen der Zuordnung zum öffentlichen Recht liege auch keine bürgerliche Rechtssache nach §1 JN vor. Eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG liege ebenfalls nicht vor, da es sich um keine Ansprüche gegenüber einer Gebietskörperschaft handle. Sollte der Verfassungsgerichtshof davon ausgehen, dass die Einhebung der Beiträge durch den Netzbetreiber in der Privatrechtssphäre erfolge, der Bund bzw. die Energie-Control GmbH privatrechtlich als Treuhänder wirkten, so könnte die antragstellende Gesellschaft auch den "Privatrechtsweg" nicht beschreiten. Die begünstigten Unternehmen könnten die Beitragspflichtigen nicht klagen, da ihr Anspruch nicht feststehe, sondern erst durch den Bund bzw. die Energie-Control GmbH als Treuhänder bestimmt werden müsste. Aus demselben Grund könnte auch die antragstellende Gesellschaft gegen die begünstigten Unternehmen keinen Zivilprozess anstrengen. "Aber auch wenn ein Zivilprozess gegen die begünstigten Unternehmen, den Treuhänder oder den Netzbetreiber konstruiert werden könnte, so wäre uns [ihnen] dieser Prozessweg im Hinblick auf die verworrene Rechtslage jedenfalls unzumutbar."

Zum Eventualbegehren zu lita führt die antragstellende Gesellschaft aus, dass §10 Abs1 Stranded Costs-VO II die Stranded Costs-VO I für Netzbetreiber und für Beiträge aus der Vergangenheit weiter gelten lasse. Sollte der Verfassungsgerichtshof aufgrund des §10 Abs1 Stranded Costs-VO II die Stranded Costs-VO I auch für die antragstellende Gesellschaft noch in Geltung sehen, wäre dem entsprechenden Eventualantrag stattzugeben.

3. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

3.1. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten mit der die Aufbringung und Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen von Elektrizitätsunternehmen für Investitionen und Rechtsgeschäfte, die durch die Marktöffnung unrentabel werden könnten, geregelt wird, BGBl. II Nr. 52/1999, (in der Folge: Stranded Costs-VO I), lautete auszugsweise:

"Auf Grund der §§66 Abs2 und 69 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz - ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuß des Nationalrates verordnet:

[...]

Unrentable Investitionen und Rechtsgeschäfte

§3. Für die Abdeckung von Erlösminderungen im Sinne des §1 Z1 können für nachstehende Investitionen und Rechtsgeschäfte Betriebsbeihilfen gewährt werden:

1.

Kraftwerk Freudenau;

2.

Kraftwerkskette Mittlere Salzach;

3.

Kraftwerkskette Obere Drau;

4.

Kraftwerk Voitsberg 3;

5.

Kohle-Lieferungsvertrag, abgeschlossen zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft (GKB) und der Österreichischen Draukraftwerke Aktiengesellschaft (ÖDK) vom 20. Juli 1977.

[...]

Aufbringung der Mittel

§8. (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen gemäß §3 Z1 bis 3 können bis zum Ablauf des 18. Februar 2009 Beiträge eingehoben werden, wenn und insoweit diese Investitionen als nicht rentable Investitionen von der Europäischen Kommission anerkannt werden.

(2) Bemessungsgrundlage für die von zugelassenen Kunden im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG ist die im Jahre 1997 erfolgte Lieferung auf Grund von Verträgen mit langfristiger Abnahmeverpflichtung von der Verbundgesellschaft.

(3) Für sonstige zugelassene Kunden ist die Bemessungsgrundlage der rechnerisch ermittelte Bezug von der Verbundgesellschaft im Jahre 1997, der wie folgt ermittelt wird:

Beginnend mit dem Bezug von Verteilernetzbetreibern im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG wird der rechnerisch ermittelte Verbundstrombezug von Kunden als Produkt der vom jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmen bezogenen Mengen an elektrischer Energie (kWh) und dem Faktor, der sich als Quotient des Verbundstrombezuges des jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmens bezogen auf die Summe aus diesem Verbundstrombezug, der jeweiligen Eigenerzeugung und sonstigen Bezügen des vorgelagerten Verteilerunternehmens ergibt, gebildet. Die Bemessungsgrundlage reduziert sich entsprechend der Verringerung des Fremdstrombezuges.

(4) Die gemäß Abs1 bestimmten Beiträge sind Höchstbeiträge, die nur dann zu entrichten sind, wenn das Ausmaß der auf Grund der Marktöffnung eingetretenen Preissenkung die in Abs1 bestimmten Beträge übersteigt. Ist das Ausmaß der Preissenkung geringer als diese Beträge, sind diese Beiträge mit dem Ausmaß der Preissenkung zu begrenzen. Kann der zugelassene Kunde ein geringeres Ausmaß der Preissenkung nicht nachweisen, so ist der Beitrag jedenfalls in dem gemäß Abs1 bestimmten Ausmaß zu entrichten.

(5) Zur Aufbringung der für die Gewährung von Betriebsbeihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen aus Investitionen und Rechtsgeschäften gemäß §3 Z4 und 5 erforderlichen Mittel sind vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten jährlich Beträge pro kWh festzusetzen die von den Endverbrauchern aufzubringen sind. Diese Beträge werden aus der im vorangegangenen Kalenderjahr ermittelten Höhe der unrentablen Investitionen und Rechtsgeschäfte, die sich auf Grund des Einsatzes von inländischer Braunkohle gemäß §69 Abs5 ElWOG, geteilt durch die im entsprechenden Kalenderjahr an Endverbraucher abgegebenen elektrischen Energie ermittelt.

Einhebung der Beiträge

§9. (1) Zur Einhebung der Beiträge gemäß §8 Abs5 haben die Netzbetreiber vierteljährlich beginnend mit 1. April 2000 die ihrer Gesamtabgabe an die Verbraucher entsprechenden Beträge an das Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten abzuführen. Gegenüber Endverbrauchern, die zugelassene Kunden sind, kann der Netzbetreiber diesen Betrag gesondert in Rechnung stellen.

(2) Beiträge gemäß §8 Abs5 sind beginnend mit 19. Februar 1999 einzuheben.

(3) Werden Betriebsbeihilfen gemäß §8 Abs5 nicht oder nur in geringerem Ausmaß von der Europäischen Kommission anerkannt, sind die über die Anerkennung hinausgehenden Beihilfen aufbringungsgerecht und verzinst zurückzuerstatten.

(4) Insoweit die Europäische Kommission über die im §3 Z4 und 5 bestimmten unrentablen Investitionen oder Rechtsgeschäfte hinausgehend Stranded Costs anerkennt, ist die Bestimmung dieser Beiträge ebenso wie die Anpassung der §§3 und 4 an die Kommissionsentscheidung einer weiteren Verordnung vorbehalten."

3.2. Die Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über die Aufbringung und Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen, BGBl. II Nr. 354/2001 (Stranded Costs-V II), lautet auszugsweise (ohne Anhang):

"Auf Grund des §69 Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz - ElWOG, BGBl. I Nr. 143/1998, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 121/2000 wird im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates verordnet:

[...]

Unrentable Investitionen und Rechtsgeschäfte

§3. Für die Abdeckung von Erlösminderungen im Sinne des §1 Abs1 können für nachstehende Investitionen und Rechtsgeschäfte Beihilfen gewährt werden:

1.

Kraftwerk Voitsberg 3;

2.

Kohle-Lieferungsvertrag abgeschlossen zwischen der Graz-Köflacher Eisenbahn- und Bergbau Gesellschaft (GKB) und der Österreichischen Draukraftwerke Aktiengesellschaft (ÖDK) vom 20. Juli 1977.

[...]

Aufbringung der Mittel

§6. (1) Zur Aufbringung der zur Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen gemäß §1 Abs1 sind bis zum Ablauf des 30. Juni 2006 die in der Anlage festgesetzten Beiträge durch den Netzbetreiber vom Endverbraucher einzuheben.

(2) Für Endverbraucher, die im Jahre 1997 ihren Bedarf an elektrischer Energie zur Gänze oder teilweise aus einer Eigenanlage gedeckt haben oder deren Versorgung im Jahre 1997 zur Gänze oder teilweise nicht durch das Versorgungsunternehmen erfolgte, an deren Netz der Endverbraucher angeschlossen ist, ist über Antrag ein von der Anlage abweichender Beitrag durch die Elektrizitäts-Control GmbH bescheidmäßig zu bestimmen.

(3) Bei der Berechnung individueller Beiträge für Endverbraucher gemäß Abs2 ist Berechnungsgrundlage der rechnerisch ermittelte Bezug von der Verbundgesellschaft im Jahre 1997, der wie folgt ermittelt wird: Beginnend mit dem Bezug von Verteilernetzbetreibern im Sinne von §44 Abs2 erster Satz ElWOG wird der rechnerisch ermittelte Verbundstrombezug von Kunden als Produkt der vom jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmen bezogenen Mengen an elektrischer Energie (kWh) und dem Faktor, der sich als Quotient des Verbundstrombezuges des jeweils vorgelagerten Verteilerunternehmens bezogen auf die Summe aus diesem Verbundstrombezug, der jeweiligen Eigenerzeugung und sonstigen Bezügen des vorgelagerten Verteilerunternehmens ergibt, gebildet. Die Berechnungsgrundlage reduziert sich entsprechend der Verringerung des Fremdstrombezuges.

Einhebung der Beiträge

§7. (1) Die Beiträge gemäß §6 sind beginnend mit 1. Oktober 2001 einzuheben.

(2) Die Netzbetreiber haben vierteljährlich, beginnend mit 1. Jänner 2002, die ihrer Gesamtabgabe an die Endverbraucher entsprechenden Beiträge an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann die Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben.

(3) Die der Elektrizitäts-Control GmbH abgeführten Beiträge sind den begünstigten Unternehmen vierteljährlich, beginnend mit 1. Februar 2002, im Sinne des §4 Abs2 zuzuteilen.

[...]

Übergangsbestimmung

§10. (1) Die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Abführung der gemäß §69 Abs6 ElWOG iVm §9 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 52/1999 bis 30. September 2001 einzuhebenden Beiträge bleibt durch diese Verordnung unberührt. Die Elektrizitäts-Control GmbH kann diese, sich aus der Abgabe an alle Endverbraucher und dem, in den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000 sowie des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 430/2000, festgelegten Betrag von 0,574 g/kWh ergebenden Beiträge dem Netzbetreiber auf Antrag oder von Amts wegen mit Bescheid vorschreiben. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hat die bis zum 30. September 2001 vereinnahmten Mittel an die Elektrizitäts-Control GmbH abzuführen. Die Elektrizitäts-Control GmbH hat diese Mittel gemäß den in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen den begünstigten Unternehmen zuzuteilen.

(2) Bis zur Erlassung einer Verordnung gemäß §1 Abs2 stellen die gemäß §4 Abs2 Z1 bis 3 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten BGBl. II Nr. 52/1999 bestimmten Beträge - soweit sie nicht im Zusammenhang mit Erlösminderungen gemäß §1 Abs1 dieser Verordnung stehen - einen Vermögensgegenstand dar, der beim begünstigten Unternehmen gemäß §224 Abs2 HGB unter der Position B.II.4 (sonstige Forderungen und Vermögensgegenstände) auszuweisen und im Anhang zu erläutern ist. Dieser Vermögensgegenstand kann in der Bilanz in voller Höhe angesetzt werden. Sollten in einem der folgenden Jahre bei den begünstigten Unternehmen die im §69 Abs3 und 4 ElWOG festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung der Betriebsbeihilfe nicht erfüllt sein, ist der Vermögensgegenstand anteilig zu reduzieren. Der Vermögensgegenstand ist weiters nach Maßgabe der in den jeweiligen Jahren tatsächlich zugeflossenen Betriebsbeihilfen zu vermindern.

(3) Die Kosten für die Nachweise der Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung von Betriebsbeihilfen für sonstige Erlösminderungen (§1 Abs2) sind von den beantragenden Unternehmen zu tragen.

In- und Außer-Kraft-Tretens-Bestimmungen

§11. (1) Diese Verordnung tritt mit 1. Oktober 2001 in Kraft.

(2) Die Verordnung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2006 mit der Maßgabe außer Kraft, dass die Zuerkennung von Beihilfen bis zum 31. Dezember 2006 erfolgen kann.

(3) Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 52/1999 (auch kundgemacht zu Zl. 551.352/72-VIII/1/99 im Amtsblatt zur Wiener Zeitung Nr. 33 vom 18. Februar 1999) tritt mit Ablauf des 30. September 2001 außer Kraft."

II. 1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung bzw. das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit bzw. dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung bzw. das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung bzw. das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit bzw. seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung bzw. das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung bzw. das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (vgl. VfSlg. 11.726/1988, 13.944/1994).

Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, 10.353/1985, 11.730/1988, 16.140/2001).

2. Zur Stranded Costs-VO I:

2.1. Zu den Begehren, auszusprechen, dass die Stranded Costs-VO I idF §11 Abs3 Stranded Costs-VO II [Außer-Kraft-Tretens-Bestimmung der Stranded Costs-VO I], in eventu einzelne Worte in §8 Abs2 Stranded Costs-VO I idF §11 Abs3 Stranded Costs-VO II, in eventu einzelne Worte in §8 Abs3 Stranded Costs-VO I idF §11 Abs3 Stranded Costs-VO II gesetzwidrig waren:

Die antragstellende Gesellschaft vermochte eine aktuelle Betroffenheit durch die Stranded Costs-VO I oder einzelner Bestimmungen idF §11 Abs3 Stranded Costs-VO II nicht darzutun.

Die Stranded Costs-VO I trat gemäß §11 Abs3 Stranded Costs-VO II mit Ablauf des 30. September 2001 außer Kraft. Die antragstellende Gesellschaft hat nach ihrem eigenen Vorbringen die gemäß §69 ElWOG in Verbindung mit der Stranded Costs-VO I und den Kundmachungen des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, BGBl. II Nr. 53/1999 und BGBl. II Nr. 103/2000, sowie des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit, BGBl. II Nr. 430/2000, festgelegten Beiträge bereits entrichtet.

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung darlegt (vgl. VfSlg. 9868/1983, 11.365/1987, 12.182/1989, 12.413/1990, 12.999/1992, 14.033/1995, 15.021/1997, 15.116/1998), entfaltet eine im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichtshofs bereits außer Kraft getretene Norm für die Rechtssphäre des Antragstellers regelmäßig nicht mehr die eine Antragstellung rechtfertigende unmittelbare Wirkung. Das Ziel eines Verfahrens nach dem letzten Satz der ersten Absätze in Art139 und 140 B-VG, die rechtswidrige Norm ohne Verzug mit genereller Wirkung aus dem Rechtsbestand zu entfernen, ist mit ihrem Außer-Kraft-Treten schon erreicht. Durch die Entrichtung der vorgeschriebenen Beiträge kann ausgeschlossen werden, dass die Stranded Costs-VO I auf frühere Sachverhalte noch anzuwenden und die antragstellende Gesellschaft daher noch aktuell in ihrer Rechtssphäre betroffen ist.

2.2. Auch ein auf §10 Abs1 Stranded Costs-VO II eingeschränktes Aufhebungsbegehren wäre unzulässig, da diese Bestimmung aktuell nur die Einhebung noch nicht bezahlter Beiträge betreffen kann. Im Falle einer Rückforderungsabsicht der antragstellenden Gesellschaft wäre es ihr nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (zB VfSlg. 14.310/1995, 15.030/1997, 15.217/1998, 15.343/1998) zumutbar, den Klagsweg zu beschreiten und im folgenden gerichtlichen Rechtsstreit Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften vorzubringen und die Stellung eines Normprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof anzuregen (vgl. zB VfSlg. 8979/1980, 9394/1982, 9695/1983, 9926/1984, 10.445/1985, 10.785/1986, 11.551/1987, 11.759/1988, 12.046/1989).

Dabei kommt es auch nicht auf die Erfolgschancen der antragstellenden Gesellschaft im Gerichtsverfahren, sondern bloß darauf an, dass sich im Zuge eines derartigen Verfahrens Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften über die ordentlichen Gerichte an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985, 11.889/1988). Andernfalls gelangte man zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, die mit dem Charakter eines Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 9939/1984, 11.454/1987).

Dass die Rechtslage "verworren" scheint, vermag an der Zumutbarkeit des Klagsweges nichts zu ändern, da es Aufgabe der anzurufenden Gerichte ist, die Rechtslage zu klären.

3. Zur Stranded Costs-VO II:

Die Stranded Costs-VO II regelt unter anderem in §6 die Aufbringung der Mittel zur Gewährung von Beihilfen zur Abdeckung von Erlösminderungen, die infolge der Marktöffnung entstanden sind und im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb des Kraftwerkes Voitsberg 3 stehen. Die in der Anlage festgesetzten Beiträge sind durch den Netzbetreiber vom Endverbraucher einzuheben. In der Anlage zu §6 sind in Z1 bis 4 an das Netz der Verbund-APG angeschlossene Endverbraucher namentlich genannt. Z5 bis 132 der Anlage zu §6 betreffen Beiträge für Endverbraucher, die an bestimmte näher bezeichnete Netze angeschlossen sind. Die antragstellende Gesellschaft könnte daher je nach Netzzugang unter eine bestimmte Ziffer der Anlage fallen. Sollte die antragstellende Gesellschaft die Voraussetzungen des §6 Abs2 erfüllen, so wäre ein von der Anlage abweichender Betrag bescheidmäßig zu bestimmen.

Der Verfassungsgerichtshof muss jedoch im Weiteren nicht näher untersuchen, ob die angefochtenen Rechtsvorschriften unmittelbar in die Rechtssphäre der antragstellenden Gesellschaft als Endverbraucher eingreifen oder ob ein Bescheid gemäß §6 Abs2 Stranded Costs-VO II zu erwirken wäre, um einen von der Anlage abweichenden Beitrag durch die Energie Control GmbH bestimmen zu lassen, weil - wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Beschluss vom 26. Juni 2003 G168-170/01, V51/01 ua (zu Systemnutzungstarifverordnungen) sowie im Beschluss vom 28. Februar 2004, V58/02 ua. (zur Stranded Costs-VO II) ausführte - der antragstellenden Gesellschaft ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, die Bedenken gegen die angefochtenen Rechtsvorschriften an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:

Wenn einer der in der Anlage zu §6 der Verordnung genannten und mit der antragstellenden Gesellschaft in einem Vertragsverhältnis stehenden Netzbetreiber gemäß §6 Abs1 der Verordnung einen in der Anlage festgesetzten Beitrag von der antragstellenden Gesellschaft einhebt und ihr somit auch in Rechnung stellt, die antragstellende Gesellschaft die Bezahlung aber verweigert, so handelt es sich um "Streitigkeiten zwischen Netzzugangsberechtigten und Netzbetreibern über die aus diesem Verhältnis entspringenden Verpflichtungen" gemäß §21 Abs2 ElWOG, BGBl. I Nr. 121/2000.

Gemäß §16 Abs1 Z5 Energie-Regulierungsbehördengesetz BGBl. I Nr. 121/2000 idF BGBl. I Nr. 148/2002 iVm §21 Abs2 ElWOG obliegt der Energie-Control Kommission die Schlichtung einer solchen Streitigkeit zwischen Marktteilnehmern. Auch die antragstellende Gesellschaft - als diejenige, der die "Beiträge" in Rechnung gestellt wurden - kann die Energie-Control Kommission anrufen (vgl. VfSlg. 14.355/1995 zur vergleichbaren Rechtslage betreffend mietrechtliche Streitigkeiten und insbesondere VfGH vom 28. Februar 2004, V58/02 ua.). Nach der Entscheidung der Energie-Control Kommission steht es auch der antragstellenden Gesellschaft (arg. "die Partei") frei, sich mit der Entscheidung "nicht zufrieden zu geben" und "die Sache" innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides bei Gericht anhängig zu machen (vgl. §16 Abs3 Energie- Regulierungsbehördengesetz). Das gilt im Übrigen auch für den Fall, dass die Energie-Control Kommission den Antrag auf Streitschlichtung mangels Zuständigkeit zurückweist (vgl. VfSlg. 16.648/2002). Die Gerichte sind gemäß Art89 Abs2 B-VG zur Stellung von Anträgen gemäß Art139 bzw. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof verpflichtet, wenn sie Bedenken gegen die anzuwendenden Rechtsvorschriften haben.

Die antragstellende Gesellschaft kann nunmehr somit ein zivilgerichtliches Verfahren nicht nur dadurch bewirken, dass sie die Bezahlung der ihr in Rechnung gestellten Beiträge verweigert und dadurch eine Klage provoziert; sie hat nicht mehr bloß die Möglichkeit, "ein zivilgerichtliches Verfahren dadurch zu provozieren, dass sie sich rechtswidrig verhält", was der Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 16.042/2000) als unzumutbar qualifiziert hat. Die antragstellende Gesellschaft kann nach nunmehriger Rechtslage vielmehr auch durch die Anrufung zuerst der Energie-Control Kommission bzw. nach deren Entscheidung der Gerichte - im Gegensatz zur Beklagtenrolle in einem Zivilprozess - einen Rechtsmittelweg aktiv in Anspruch nehmen, dessen Fortgang die antragstellende Gesellschaft bis zum entscheidenden Stadium in der Hand hat (vgl. VfGH vom 26. Juni 2003, G168-170/01, V51/01 ua. sowie vom 28. Februar 2004, V58/02 ua.).

Sollte jedoch ein von der Anlage abweichender Betrag ohnehin bescheidmäßig gemäß §6 Abs2 Stranded Costs-VO II bestimmbar sein, so wäre die antragstellende Gesellschaft durch die Bestimmungen der Stranded Costs-VO II deshalb nicht unmittelbar betroffen, da sie einen Bescheid erwirken und so ihre Bedenken gegen Teile der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof herantragen könnte.

Es steht also der antragstellenden Gesellschaft jedenfalls ein zumutbarer Weg zur Verfügung, die Bedenken gegen die im Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften an den Verfassungsgerichthof heranzutragen, weshalb auch dieser Individualantrag mangels Legitimation unzulässig ist (vgl. VfSlg. 14.355/1995).

4. Die Anträge waren daher schon aus diesen Gründen zurückzuweisen.

5. Dieser Beschluss konnte in nichtöffentlicher Sitzung gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung gefasst werden.

Schlagworte

Energierecht, Elektrizitätswesen, Geltungsbereich (zeitlicher) einer Verordnung, Gericht Zuständigkeit - Abgrenzung von Verwaltung, Kompetenz sukzessive, Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:V98.2003

Dokumentnummer

JFT_09959379_03V00098_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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