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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art141 Abs1Leitsatz
Wahl des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg; Prüfung eines Wahlverfahrens innerhalb der durch die Anfechtungserklärung gezogenen Grenzen; behauptete Rechtswidrigkeit konnte auf das Wahlergebnis nicht von Einfluß sein - keine Überprüfung der materiellen Richtigkeit des Vorbringens; Einverständnis der im Wahlvorschlag genannten Wahlwerber zu ihrer Kandidatur aus allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen unerläßlichRechtssatz
Zwar sieht §86 Abs1 iVm §95 litn Sbg. GdWO 1974
administrative Einsprüche - iS eines Instanzenzuges nach §68 Abs1 VfGG 1953 - vor, doch nur gegen ziffernmäßige Ermittlungen einer Gemeindewahlbehörde.
Zur Geltendmachung aller anderen (ds. alle nicht ziffernmäßige Ermittlungen betreffende) Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahren steht - weil insoweit ein zunächst zu durchlaufender Instanzenzug iSd §68 Abs1 VfGG 1953 nicht eingerichtet ist - die unmittelbare Anfechtung der Wahl beim Verfassungsgerichtshof binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens (erster Teilsatz des §68 Abs1 VfGG 1953) offen (vgl. zB VfSlg. 10.610/1985).
Im vorliegenden Fall rügt die Einschreiterin die - in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende - Kandidatur und Parteibezeichnung von Wahlparteien, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.
Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der vierwöchigen Frist zur Anfechtung ist in diesem Fall die Beendigung des Wahlverfahrens (siehe VfSlg. 9085/1981, 9940/1984), di. bei Gemeindevertretungswahlen im Bundesland Salzburg die gemäß §85 Sbg. GdWO 1974 der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Kundmachung des Wahlergebnisses in Form der Verlautbarung "der gewählten Bewerber und der Ersatzmänner" durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel (vgl. VfSlg. 10.610/1985).
Die Anfechtung der Wahl des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 04.10.87 ist zulässig.
Einer Wahlanfechtung ist nicht schon dann stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Wahlverfahrens erwiesen wurde; sie muß darüber hinaus auch auf das Wahlergebnis von Einfluß gewesen sein (Art141 Abs1 Satz 3 B-VG, §70 Abs1 VfGG 1953): Diese (zweite) Voraussetzung ist bereits erfüllt, wenn die Rechtswidrigkeit auf das Wahlergebnis von Einfluß sein konnte (ständige Rechtsprechung vgl. VfSlg. 6424/1971 und die dort angeführte Vorjudikatur, sowie VfSlg. 7392/1974, 7784/1976, 7850/1976, 8853/1980; VfGH 14.06.86 WI-7/85, 06.12.86 WI-2/86). Unter "Ergebnis" der Wahl zum Gemeinderat im Bundesland Salzburg werden nicht nur die Anzahl der den einzelnen Wählergruppen zufallenden Mandate, sondern auch die Namen der gewählten Gemeinderatsmitglieder (einschließlich der sich daraus mitergebenden Reihung der Ersatzmänner) verstanden (vgl. VfSlg. 9011/1981).
Selbst wenn - entsprechend dem Anfechtungsvorbringen - die Kandidatur der Wählergruppen "Die Grünen Österreichs" und "Bürgerprotest & Nichtwähler" gesetzwidrig gewesen wäre, hätte diese Rechtswidrigkeit - wie die (im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes angestellten) Berechnungen zeigen - keinen Einfluß auf das Wahlergebnis iSd §70 Abs1 erster Satz VfGG 1953 geübt, und zwar weder auf die Verteilung der Mandate noch auf den Kreis der gewählten Personen und der Ersatzmänner.
Detaillierte Berechnung zur Mandatsverteilung und zur Zuweisung der Mandate an die Bewerber der Parteilisten und Reihung der Ersatzmänner.
Auch wenn §47 bzw. §95 litl Sbg. GdWO 1974 die Gemeindewahlbehörde nicht ausdrücklich verpflichtet, das Vorliegen der Zustimmung der im Wahlvorschlag genannten Wahlwerber zu ihrer Kandidatur zu prüfen, ist ein derartiges Einverständnis nach allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen unerläßlich, wie bereits im Erkenntnis VfSlg. 2037/1950 richtungweisend herausgestellt wurde (vgl. auch VfSlg. 6207/1970): Denn die Nominierung eines Kandidaten auf einer bestimmten Parteiliste ohne seine Zustimmung oder gar gegen seinen erklärten Willen widerspräche dem Grundsatz der Freiheit der politischen Willensbildung, sowie dem "Postulat der Reinheit" der Wahlen, deren Ergebnis doch den wahren Willen der Wählerschaft zum Ausdruck bringen soll.
Kraft §44 iVm §95 k Abs2 Sbg. GdWO 1974 muß ein Wahlvorschlag die unterscheidende Parteibezeichnung aufweisen; eine zusätzliche Kurzbezeichnung ist nicht zwingend vorgeschrieben. Das Gesetz stellt es vielmehr der Wählergruppe frei, neben der Parteibezeichnung eine Kurzbezeichnung anzuführen. Aus dem Fehlen einer solchen Bezeichnung kann darum eine Rechtswidrigkeit des Wahlvorschlages keineswegs abgeleitet werden. Ebensowenig vermag der Verfassungsgerichtshof der Auffassung beizupflichten, daß hier Wähler angesichts des Wortlauts der Bezeichnung der Liste 11 ("Liste ungültig - aber wahr") zur lebensfremden Annahme gelangen konnten oder mußten, alle für eine laut amtlicher Kundmachung kandidierende Wählergruppe abgegebenen Stimmen seien grundsätzlich und notwendig ungültig.
Die Sbg. GdWO 1974 stellt es der Wählergruppe anheim, der Parteibezeichnung (auch) den "Listenführer" (der Wählergruppe) beizufügen (§44 iVm §95 k Abs2 Z1 GWO). Damit wird dieser Gruppe das Recht eingeräumt, den Namen des Listenführers zu nennen, auch die Beifügung des gegenwärtigen Berufs (der gegenwärtigen Funktion) dieses Wahlwerbers wird somit gestattet. Der Eindruck, daß eine Bürgermeisterwahl stattfand, weil der Wahlvorschlag der Liste 2 neben der Parteibezeichnung auch die Nennung des Listenführers (: "Bürgermeister Dipl.Ing. J R") enthielt, konnte allein schon deshalb nicht entstehen, weil die Wahl als Gemeinderatswahl kundgemacht wurde und der amtliche Stimmzettel die unmißverständliche Überschrift "Wahl der Gemeindevertretung" trug.
Der Anfechtung der Wahl des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg vom 04.10.87 wird nicht stattgegeben.
Selbst wenn - entsprechend dem Anfechtungsvorbringen - die Kandidatur der Wählergruppen "Die Grünen Österreichs" und "Bürgerprotest & Nichtwähler" gesetzwidrig gewesen wäre, hätte diese Rechtswidrigkeit - wie die (im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes angestellten) Berechnungen zeigen - keinen Einfluß auf das Wahlergebnis iSd §70 Abs1 erster Satz VfGG 1953 geübt, und zwar weder auf die Verteilung der Mandate noch auf den Kreis der gewählten Personen und der Ersatzmänner.
Keine Rechtswidrigkeit von Wahlvorschlägen wegen der gewählten Parteibezeichnungen.
Der Verfassungsgerichtshof hat ein Wahlverfahren nur innerhalb der durch die Anfechtungserklärung gezogenen Grenzen zu überprüfen (siehe VfSlg. 8700/1979, 9011/1981).
Entscheidungstexte
Schlagworte
WahlenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:WI6.1987Dokumentnummer
JFR_10119385_87W00I_6_01