RS Vfgh 1988/6/16 B550/87

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Veröffentlicht am 16.06.1988
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Index

32 Steuerrecht
32/07 Stempel- und Rechtsgebühren, Stempelmarken

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
MRK Art6
GebG idF der Nov BGBl 668/1976 §25
GebG idF der Nov BGBl 531/1984 §31 Abs1 letzter Satz

Leitsatz

die dem Urkundenprinzip entsprechende weitere Gebührenpflicht fürspäter als die vergebührte Urkunde vorgelegte Gleichschriften nichtunsachlich; keine Bedenken gegen §31 Abs1 letzter Satz GebG;keine willkürliche oder denkunmögliche Gesetzesanwendung

Rechtssatz

Keine Bedenken gegen §25 GebG, der normiert, daß für jene Gleichschriften einer Urkunde, die dem Finanzamt innerhalb eines Monats nach Entstehen der Gebührenschuld vorgelegt werden, die Hundertsatzgebühr nur einmal zu entrichten ist.

§25 GebG ist keine Strafvorschrift für die "nicht rechtzeitige Vorlage" von Gleichschriften, sondern eine Regelung, die teilweise auf dem Grundsatz beruht, daß Urkunden über Rechtsgeschäfte nur einmal zur Gebührenpflicht führen, teilweise aber diesen Grundsatz zugunsten des Urkundenprinzips verläßt. Dies wird auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu der in Rede stehenden Bestimmung (338 BlgNR, 14. GP) deutlich ...

Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die Sachlichkeit einer solchen Regelung keine Bedenken: Sie knüpft die Gebührenpflicht an sich an das Rechtsgeschäft (indem Urkunden über ein Rechtsgeschäft nur einmal der Gebührenpflicht unterzogen werden, wenn sie innerhalb einer bestimmten Frist dem Finanzamt vorgelegt werden); werden aber Gleichschriften unabhängig von der vergebührten Urkunde (oder den vergebührten Urkunden) und wesentlich später als diese dem Finanzamt vorgelegt, so löst dies - dem sogenannten Urkundenprinzip entsprechend - als selbständiger Vorgang eine weitere Gebührenpflicht aus. Dem Verfassungsgerichtshof erscheint die gewählte Konstruktion im Hinblick auf die in den Materialien zum Ausdruck kommende Zielsetzung (vgl. dazu auch Frotz-Hügel-Popp, Kommentar zum GebG, B 1 zu §25) nicht als unsachlich; ebensowenig hat der Gerichtshof Bedenken im Hinblick auf die zur Abgrenzung gewählte Monatsfrist.

Keine Bedenken gegen §31 Abs1 letzter Satz GebG.

Der Sinn der GebG-Novelle BGBl. 668/1976, durch die §31 Abs1 letzter Satz des GebG seine derzeit geltende Fassung erhalten hat, war es, zu ermöglichen, daß die Gebührenanzeige für Rechtsgeschäfte, für die eine Hundertsatzgebühr mit Bescheid festzusetzen ist, nunmehr nicht nur mit einer beglaubigten Abschrift, sondern auch mit einer bei den Akten verbleibenden Gleichschrift erfolgen können soll (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, 338 BlgNR, 14. GP). Die Regelung sollte klarstellen, daß diese Gleichschrift von der Entrichtung fester Stempelgebühren befreit sein soll. Eine Sanktion für eine nicht rechtzeitige Gebührenanzeige wird dadurch nicht bewirkt.

Keine Verletzung im Gleichheits- und im Eigentumsrecht.

Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 22.05.87 wurde der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß §33 TP5 GebG eine Rechtsgeschäftsgebühr für einen Mietvertrag in der Höhe von 1 % des Wertes, das sind S 41.491,-- sowie gemäß §25 Abs1 und 2 GebG für drei erst rund eineinhalb Monate nach Zustandekommen des Vertrags dem Finanzamt vorgelegte Gleichschriften eine Gebühr von S 124.473,-- vorgeschrieben.

Beschwerdevorwurf, die Behörde habe nicht ausreichend bedacht, daß es sich bei der zu vergebührenden Urkunde nur um einen Nachtrag zu einem früher abgeschlossenen und bereits vergebührten Mietvertrag gehandelt habe.

Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu beurteilen, ob die Behörde rechtmäßig gehandelt hat, als sie den Nachtrag zum seinerzeit abgeschlossenen Mietvertrag gebührenrechtlich wie einen Mietvertrag behandelt hat. Denkunmöglich oder willkürlich ist eine solche Vorgangsweise jedenfalls nicht.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Gebühr (GebG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B550.1987

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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