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L0 Verfassungs- und OrganisationsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / PrüfungsmaßstabLeitsatz
Bezirksvertretung allgemeiner Vertretungskörper; Nichtzulassung eines Wahlvorschlages mangels erforderlicher Anzahl von Unterstützungserklärungen - Legitimation der Wählergruppe zur Anfechtung der Wahl gegeben; keine Bedenken gegen das System der UnterstützungserklärungenRechtssatz
Im vorliegenden Fall strebt die Einschreiterin mit ihrer Anfechtungsschrift nicht die dem Einspruchsverfahren nach §90 Abs1 Wr. GdWO 1964 vorbehaltene Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen und Berichtigungen sowie die Überprüfung der wahlbehördlichen Beurteilung oder Zurechnung von Stimmzetteln an; sie rügt vielmehr die - in den Bereich sonstiger Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens fallende - Nichtzulassung ihres Wahlvorschlages sowie die Ausgabe und Verwendung verschiedenfarbiger Wahlkuverts, wofür die sofortige Wahlanfechtung nach Art141 Abs1 lita B-VG eingeräumt ist.
Die rechtzeitig eingebrachte Anfechtung der Wahl der Bezirksvertretung für den 1. Wiener Gemeindebezirk vom 08.11.87 ist zulässig.
Der Verfassungsgerichtshof kann der Ausgangsposition der Anfechtungswerberin, bei §61 a WStV handle es sich um ein Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit des §44 Abs2 Wr. GdWO 1964 bildendes (Landes-)Verfassungsgesetz, nicht beitreten, da die das geheime Wahlrecht für Bezirksvertretungswahlen in Wien (allein) garantierende Norm des §61 a WStV - ebenso wie die bedenklich erachtete Vorschrift des §44 Abs2 Wr. GdWO 1964 - lediglich auf der Stufe eines einfachen Landesgesetzes steht. (Das Erste Hauptstück der WStV (§§1 bis 112 h) ist ein schlichtes Landesgesetz mit den in den §§119 und 121 leg.cit. vorgesehenen Beschlußerfordernissen; nur das Zweite Hauptstück (§§113 bis 139 a) enthält Landesverfassungsrecht, wofür die qualifizierten Beschlußerfordernisse des Art99 Abs2 B-VG bestehen.)
Hier genügt der Hinweis auf die in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung über die grundsätzlich verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit des Systems der sogenannten Unterstützungserklärungen (vgl. VfSlg. 2758/1954, 3653/1959, 3969/1961, 6087/1969, 6201/1970, 6207/1970, 7387/1974, 7821/1976, 8694/1979, 10065/1984, 10178/1984, 10217/1984; VfGH 02.03.87 WI-15/86), an der - auch aus der Sicht dieses Rechtsfalls - unverändert festgehalten wird.
Der von der Wählergruppe KPÖ eingebrachten Anfechtung der Wahl der Bezirksvertretung für den 1. Wiener Gemeindebezirk vom 08.11.87 wird nicht stattgegeben.
Verschiedenfarbige Wahlkuverts für Männer und Frauen - keine Verletzung des Wahlgeheimnisses (vgl. WI-11/87, 16.06.88) hier:
im Hinblick auf die rechtmäßige Nichtzulassung des Wahlvorschlages der Wählergruppe KPÖ ist §62 Abs1 Wr. GdWO 1964 für die Entscheidung dieser Rechtssache gar nicht präjudiziell in der Bedeutung des Art140 Abs1 B-VG; System der sogenannten Unterstützungserklärungen verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Wahlen, VfGH / PrüfungsmaßstabEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:WI12.1987Dokumentnummer
JFR_10119384_87W0I_12_01