RS Vfgh 1988/6/23 V29/88, V102/88

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Veröffentlicht am 23.06.1988
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Index

50 Gewerberecht
50/03 Personen- und Güterbeförderung

Norm

B-VG Art18 Abs2
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
Kundmachung des Landeshauptmannes von Tirol vom 29.05.87 über die Höchstzahl der Fahrzeuge, für die Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes (Taxi-Gewerbes) im Gebiet der Landeshauptstadt Innsbruck erteilt werden dürfen (verlautbart im Boten für Tirol) Nr 548/1987.
Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 26.05.87, LGBl 33/1987, mit der die Höchstanzahl der Fahrzeuge, für die Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes im Gebiet der Landeshauptstadt Innsbruck erteilt werden dürfen, festgelegt wird
Tir Landes-VerlautbarungsG LGBl 8/1982 §2 und §7
GelVerkG §10 Abs2 zweiter Satz idF der Nov 1987

Leitsatz

Gesetz iS weitestmöglicher Erwerbsausübungsfreiheit auszulegen - Einschränkungen nur aus schwerwiegenden, durch detaillierte Feststellungen belegten, öffentlichen Interessen TaxiV Innsbruck, LGBl. 33/1987; unzureichendes Ermittlungsverfahren - Gesetzwidrigkeit der Verhältniszahl TaxiKdm. Innsbruck vom 29.05.87 - gesetzwidrig; Berechnungsgrundlage für die Zahl der höchstens zulässigen Taxikonzessionen ua. die (gesetzwidrige) Verhältniszahl der TaxiV Innsbruck; Kundmachungsmangel - iS des §7 Abs2 lita Tir. Landes-VerlautbarungsG als RechtsV des Landeshauptmannes von Tirol in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung im LGBl. und nicht im Boten für Tirol kundzumachen

Rechtssatz

§10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG idF der Novelle 1987 ist im Sinne einer weitestmöglichen Erwerbsausübungsfreiheit auszulegen, und diese Freiheit darf nur aus schwerwiegenden - durch detaillierte Feststellungen belegten - öffentlichen Interessen (vor allem jenen der Straßenpolizei) eingeschränkt werden.

Aufhebung der TaxiV Innsbruck wegen mangelhafter Ermittlung der gemäß §10 Abs2 zweiter Satz GelVerkG idF der Novelle 1987 bei Bestimmung der Verhältniszahl zu beachtenden Umstände.

Der Magistrat stellte bloß die Zahl der vorhandenen Taxistandplätze durch ausreichende Erhebungen fest. Hinsichtlich der übrigen maßgebenden Umstände verließ sich der Verordnungsgeber auf die Mitteilung der Interessenvertretung der Inhaber von (bestehenden) Taxikonzessionen, ohne die Angaben auch nur annäherungsweise zu überprüfen. Er beauftragte zwar am 30.04.87 den Stadtmagistrat Innsbruck, die Richtigkeit der von der Fachgruppe gemachten Angaben zu kontrollieren. Der Magistrat kam diesem Auftrag mit Bericht vom 14.05.87 aber lediglich bezüglich der Anzahl der Taxistandplätze nach. Dennoch erließ der Landeshauptmann, ohne weitere Informationen einzuholen, die erwähnte Verordnung.

Besonders ins Gewicht fällt hiebei, daß der Landeshauptmann auch ungeprüft die den Annahmen der Fachgruppe zugrundeliegende Ausgangsposition übernahm, mit Ausnahme von wenigen gerade in Reparatur befindlichen Fahrzeugen seien jeweils alle zugelassenen Taxis gleichzeitig im Einsatz. Der Landeshauptmann ließ es offen, ob diese Prämisse bei einer Durchschnittsbetrachtung wenigstens approximativ zutrifft. Dies ist zumindest bei jenen Taxis offenkundig nicht der Fall, für die kein Turnusdienst eingerichtet ist. Außerdem prüfte der Landeshauptmann nicht, ob (ungeachtet des §44 Abs1 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1986, BGBl. 163) tatsächlich für alle nicht gerade auf Fahrt befindlichen Taxis aus straßenpolizeilichen Gründen ausschließlich auf Taxistandplätzen eine Abstellmöglichkeit gewährleistet sein muß.

Schließlich berücksichtigte der Landeshauptmann bei Bestimmung der Verhältniszahl nicht, ob Funktaxis überhaupt auf Standplätze angewiesen sind und ob sie nach Beendigung der einen Fahrt einen Standplatz anfahren oder nicht vielmehr häufig unmittelbar darauf den nächsten Auftraggeber abholen.

Aufhebung der Taxikundmachung Innsbruck

Die mit der TaxiV Innsbruck bestimmte Verhältniszahl ist gesetzwidrig. Da sie ein Faktor für die Berechnung der in der Taxikundmachung Innsbruck festgestellten Zahl der höchstens zulässigen Taxikonzessionen ist, erweist sich auch die Taxikundmachung als gesetzwidrig.

Darüber hinaus widersprach die Verlautbarung der Taxikundmachung im Boten für Tirol dem (Tiroler) Landes-Verlautbarungsgesetz, LGBl. 8/1982, (T-LVG).

§2 Abs2 lita und §7 Abs2 lita T-LVG treffen nahtlos ineinander übergehende Regelungen derart, daß - sofern der (Bundes- oder Landes-)Materiengesetzgeber keine anderslautenden Bestimmungen erläßt (vgl. VfGH 16.06.86 V54,55/85) - Rechtsverordnung des Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung grundsätzlich im LGBl. kundzumachen sind; lediglich bei einem eingeschränkten Geltungsbereich ist, wenn eine solche Publikation zweckmäßig erscheint, auch eine Verlautbarung im Boten für Tirol zulässig. Sowohl die TaxiV als auch die Taxikundmachung ergingen vom Landeshauptmann als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung. Die TaxiV hat keinen eingeschränkten Geltungsbereich iS des §7 Abs2 lita T-LVG und war nach dem Gesagten im LGBl. kundzumachen; dieser Pflicht kam der Verordnungsgeber auch nach. Die Taxikundmachung weist keinen anderen Geltungsbereich auf; der Landeshauptmann war demnach verhalten, auch sie im LGBl. (und nicht im Boten für Tirol) zu publizieren; diesem Gesetzesauftrag kam er nicht nach.

Aufhebung der Taxikundmachung Innsbruck (Zahl der höchsten zulässigen Taxikonzessionen) ua. deshalb, weil die Verlautbarung der Taxikundmachung im Boten für Tirol dem (Tiroler) Landes-Verlautbarungsgesetz, LGBl. 8/1982, (T-LVG), widersprach.

§2 Abs2 lita und §7 Abs2 lita T-LVG treffen nahtlos ineinander übergehende Regelungen derart, daß - sofern der (Bundes- oder Landes-)Materiengesetzgeber keine anderslautenden Bestimmungen erläßt (vgl. VfGH 16.06.86 V54,55/85) - Rechtsverordnung des Landeshauptmannes in den Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung grundsätzlich im LGBl. kundzumachen sind; lediglich bei einem eingeschränkten Geltungsbereich ist, wenn eine solche Publikation zweckmäßig erscheint, auch eine Verlautbarung im Boten für Tirol zulässig. Sowohl die TaxiV als auch die Taxikundmachung ergingen vom Landeshauptmann als Träger der mittelbaren Bundesverwaltung. Die TaxiV hat keinen eingeschränkten Geltungsbereich iS des §7 Abs2 lita T-LVG und war nach dem Gesagten im LGBl. kundzumachen; dieser Pflicht kam der Verordnungsgeber auch nach. Die Taxikundmachung weist keinen anderen Geltungsbereich auf; der Landeshauptmann war demnach verhalten, auch sie im LGBl. (und nicht im Boten für Tirol) zu publizieren; diesem Gesetzesauftrag kam er nicht nach.

Aufhebung der Taxikundmachung Innsbruck (Zahl der höchsten zulässigen Taxikonzessionen), da sich diese Verordnung auf die mit der TaxiV Innsbruck bestimmte - gesetzwidrige - Verhältniszahl stützt.

Entscheidungstexte

  • V 29/88,V 102/88
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 23.06.1988 V 29/88,V 102/88

Schlagworte

Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Verordnung, Kundmachung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:V29.1988

Dokumentnummer

JFR_10119377_88V00029_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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