RS Vfgh 1988/6/28 B837/87

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Veröffentlicht am 28.06.1988
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
Bgld GVG 1955 §3 Abs1
Bgld GVG 1955 §4 Abs1 lita

Leitsatz

Ausreichende Determinierung unbestimmter Gesetzesbegriffe; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zum Rechtserwerb von Grundflächen durch eine GesellschaftmbH, die ihren gesamten Grundbesitz verpachtet hat; keine denkunmögliche oder willkürliche Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung; keine Verletzung im Recht auf Liegenschaftserwerbsfreiheit

Rechtssatz

Durch die in §3 Abs1 iVm §4 Abs1 lita Bgld. GVG 1955 vom Gesetzgeber genannten unbestimmten Gesetzesbegriffe ist die Rechtslage in einem solchen Maße determiniert, daß die Übereinstimmung der verwaltungsbehördlichen Akte mit dem Gesetz überprüft werden kann. Der Verfassungsgerichtshof hat keine Bedenken, daß §3 Abs1 iVm §4 Abs1 lita und b LGVG nicht ausreichend determiniert wären (vgl. auch schon VfSlg. 7198/1973, 7546/1975; Hinweis auf VfSlg. 9063/1981 zum Tir. GVG 1970).

Desgleichen bestehen gegen die angeführten gesetzlichen Bestimmungen - in verfassungskonformer Auslegung - weder Bedenken aus dem Grundrecht der Freiheit des Liegenschaftserwerbes noch des Gleichheitsgrundsatzes (vgl. zB VfSlg. 5480/1967, 9063/1981).

Keine Bedenken gegen §3 Abs1 iVm §4 Abs1 lita Bgld. GVG 1955.

Die belangte Behörde hat §3 Abs1 iVm §4 Abs1 lita und b Bgld. GVG 1955 in denkmöglicher Weise angewendet, wenn sie aufgrund des Umstandes, daß der gesamte Grundbesitz der Beschwerdeführerin verpachtet ist, geschlossen hat, daß auch die den Inhalt der Kaufverträge bildenden Grundstücke nicht von der Beschwerdeführerin selbst bewirtschaftet werden und daher der Versagungstatbestand des §4 Abs1 lita LGVG gegeben ist.

Mag auch einer der Pächter der Geschäftsführer und Sohn des wirtschaftlich dominierenden Gesellschafters der Beschwerdeführerin sein, so ändert dies nichts daran, daß bereits derzeit die Beschwerdeführerin ihre Grundstücke nicht selbst bewirtschaftet, sondern pachtweise bewirtschaften läßt. Daher erscheint dem Verfassungsgerichtshof auch die Annahme der belangten Behörde denkmöglich, daß die Beschwerdeführerin die neu zu erwerbenden Grundstücke iSd §4 Abs1 lita LGVG "nicht selbst bewirtschaften wird".

Die Beschwerdeführerin ist auch in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nicht verletzt worden, weil die Zustimmung keineswegs mit Rücksicht darauf versagt wurde, daß es sich bei der Beschwerdeführerin um eine juristische Person handelt, sondern ausschließlich wegen der nicht gewährleisteten Selbstbewirtschaftung der kaufgegenständlichen Grundstücke durch die Beschwerdeführerin. Dies schließt auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Liegenschaftserwerbsfreiheit in der Deutung aus, die der Verfassungsgerichtshof diesem Grundrecht in ständiger Judikatur (vgl. VfSlg. 7539/1975 und die dort zitierte Vorjudikatur sowie VfSlg. 7927/1976), gegeben hat.

In Anbetracht der nicht bestrittenen Verpachtung des gesamten gegenwärtigen Grundbesitzes der Beschwerdeführerin erscheint es dem Verfassungsgerichtshof nicht willkürlich, wenn die belangte Behörde von weiteren Beweisaufnahmen abgesehen und bereits daraus auf die mangelnde Selbstbewirtschaftungsabsicht hinsichtlich der neu zu erwerbenden Grundstücke geschlossen hat.

Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Liegenschaftserwerbs gemäß §3 Abs1 iVm §4 Abs1 lita Bgld. GVG 1955 aufgrund der Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Rechtsbegriffe unbestimmte, öffentliches Interesse, Ausländergrunderwerb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B837.1987

Dokumentnummer

JFR_10119372_87B00837_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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