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38 PunzierungNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit der Stichtagsregelung im Punzierungsgesetz 2000; keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes durch Abstellen auf das Alter von Edelmetallgegenständen bei Ausnahmen von der Punzierungspflicht; keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit und des Eigentumsrechtes in Folge öffentlichen Interesses am Schutz der ErwerberSpruch
Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge ", die vor 1938 erzeugt wurden" in §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2001, wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge ", sofern sie vor 1938 erzeugt wurden" in §1 Abs3 Z1 Punzierungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2001, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die antragstellende Partei begehrt mit Schriftsatz vom 9. Jänner 2003, gemäß Art140 Abs1 B-VG die Wortfolge ", sofern sie vor 1938 erzeugt wurden" in §1 Abs3 Z1 sowie die Wortfolge "die vor 1938 erzeugt wurden," in §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2001, als verfassungswidrig aufzuheben, dies in eventu samt dem Wortlaut "künstlerischen" (wohl gemeint: "künstlerischem") in §1 Abs3 Z1.
2. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Punzierungsgesetzes 2000 lauten samt Überschrift (die Wortfolgen, deren Aufhebung mit Hauptantrag beantragt wird, sind hervorgehoben):
"Edelmetallgegenstände
§1. (1) Dieses Bundesgesetz gilt für Edelmetallgegenstände, die im Inland erzeugt, zu Handelszwecken ins Bundesgebiet verbracht sowie im Inland gewerbsmäßig oder öffentlich zum Verkauf angeboten oder veräußert werden.
(2) Edelmetallgegenstände im Sinne dieses Bundesgesetzes sind:
1.
Gegenstände aus Platin oder Platinlegierungen mit einem Mindestfeingehalt von 950 Tausendstel, wobei dem Platin beigemengtes Iridium diesem gleichzuhalten ist,
2.
Gegenstände aus Gold oder Goldlegierungen mit einem Mindestfeingehalt von 585 Tausendstel und
3.
Gegenstände aus Silber oder Silberlegierungen mit einem Mindestfeingehalt von 800 Tausendstel.
(3) Dieses Bundesgesetz ist nicht anzuwenden auf
1.
Edelmetallgegenstände mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert, sofern sie vor 1938 erzeugt wurden;
2.
Edelmetallgegenstände, die ausschließlich wissenschaftlichen, technischen oder medizinischen Zwecken
dienen;
3. Münzen, vorbehaltlich des §13 Abs3;
4. Barren;
5.
Rohmaterialien, wie insbesondere Platten, Bleche, Stangen oder Drähte;
6. Halbfertigwaren.
...
Ausnahmebestimmungen
§6. (1) Eine Feingehaltszahl und eine Verantwortlichkeitspunze muss nicht angebracht sein auf
1.
Edelmetallgegenständen, die wegen ihrer Kleinheit oder sonstigen Beschaffenheit keine Bezeichnung vertragen;
2.
für das Verbringen aus dem Bundesgebiet erzeugten Edelmetallgegenständen;
3.
Edelmetallgegenständen, die vor 1938 erzeugt wurden, vorbehaltlich des §1 Abs3 Z1.
(2) Eine Verantwortlichkeitspunze muss nicht angebracht sein auf
1.
Edelmetallgegenständen aus Platin oder Gold, die nicht mehr als zwei Gramm wiegen;
2.
Edelmetallgegenständen aus Silber, die nicht mehr als dreißig Gramm wiegen;
3.
Edelmetallgegenständen, die die Verantwortlichkeitspunze eines in einem EWR-Staat ansässigen Erzeugers aufweisen."
Diese Bestimmungen führen dazu, dass Edelmetallgegenstände, die vor 1938 erzeugt wurden und einen wissenschaftlichen, künstlerischen, geschichtlichen oder kulturgeschichtlichen Wert haben, nicht dem Punzierungsgesetz unterliegen und daher weder geprüft noch punziert werden müssen. Edelmetallgegenstände, die vor 1938 erzeugt wurden und keinen wissenschaftlichen, künstlerischen, geschichtlichen oder kulturgeschichtlichen Wert haben, müssen nur geprüft, nicht aber punziert werden. Edelmetallgegenstände, die nach 1937 erzeugt wurden, müssen grundsätzlich "während oder unverzüglich nach der Erzeugung sowie unverzüglich nach dem Verbringen ins Bundesgebiet oder der Übernahme zum Verkauf" geprüft und punziert werden (§8 Abs1 Punzierungsgesetz). Die Verantwortlichkeitspunze muss deutlich sichtbar und leicht erkennbar auf dem Hauptkörper des Edelmetallgegenstandes angebracht sein; die Anbringung durch Laserpunzierung ist zulässig (§5 Abs2 Punzierungsgesetz). Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmung begründet eine Verwaltungsübertretung (§24 Abs1 Z1 und Abs2 Punzierungsgesetz).
II. 1. Die antragstellende Partei führt zur unmittelbaren Betroffenheit aus, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unzumutbar sei, ein Strafverfahren provozieren zu müssen. Ein solches sei gegen die antragstellende Partei auch nicht anhängig.
Die antragstellende Partei hegt das Bedenken, dass die angefochtene Rechtslage gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG, Art2 StGG), die Erwerbsfreiheit (Art6 StGG) und die Eigentumsfreiheit (Art5 StGG und Art1 des 1. ZPEMRK) verstoße. Nach dem alten Punzierungsgesetz 1954 seien für Orden, Medaillen und Plaketten stets Ausnahmen von der Punzierungspflicht bewilligt worden. Seit 1. April 2001 ergebe sich jedoch aufgrund des neuen Punzierungsgesetzes das Problem, dass keine Ausnahme mehr für Orden, Medaillen und Plaketten (auch nicht im Einzelfall) möglich sei, die ab dem 1. Jänner 1938 erzeugt wurden. Abgesehen davon, dass das genaue Herstellungsdatum oftmals nicht festzustellen sei, sei das Datum 1. Jänner 1938 völlig willkürlich und keinesfalls geeignet, den wissenschaftlichen, geschichtlichen oder kulturgeschichtlichen Wert angemessen zu berücksichtigen. Folge der Punzierungspflicht sei, dass Gegenstände, die aus der Zeit nach dem 1. Jänner 1938 stammen und eine Punze etwa aus dem Jahr 2002 tragen, als Fälschung bzw. Nachahmung erscheinen und von Sammlern abgelehnt werden. Solange die Gegenstände in privater Hand seien, müssten sie nicht punziert werden; will ihr Eigentümer sie gewerblich vom Händler verkaufen oder versteigern lassen, müsse eine Punze eingeschlagen werden. Bei der Punzierung würden Orden, Medaillen und Plaketten aber auch oft zusätzlich beschädigt.
Es sei daher unter Bezugnahme auf den Gleichheitssatz unsachlich, jegliche Ausnahmebeschränkung mit der Jahreszahl "1938" zu verknüpfen. Die Wertung, dass nur Gegenstände vor dem 1. Jänner 1938 ausnahmewürdig sind, sei sachlich völlig verfehlt. So endete etwa die erste Republik in Österreich bekanntlich nicht am 31. Dezember 1937. Serien von Orden, die bis zum Tag des Anschlusses hergestellt wurden, würden aber willkürlich unterschieden, obwohl ein Orden, der im Dezember 1937 angefertigt wurde, wohl ebenso geschichtlich der ersten Republik zuzuordnen sei, wie ein solcher, der im Jänner 1938 hergestellt wurde. Die alte Rechtslage des §15 Abs1 Z1 litd Punzierungsgesetz 1954 habe klar zum Ausdruck gebracht, dass wertvolle ältere Gegenstände nicht der Punzierung unterliegen sollen. Wesen der Ausnahmeregelung sei, dass die Ausnahme dann greifen solle, wenn der Materialwert eines Gegenstandes von untergeordneter Bedeutung ist, der Gegenstand aber auf Grund anderer Kriterien einen besonderen Wert hat.
Eine Verletzung des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit begründet die antragstellende Partei wie folgt: Ziel des Punzierungsgesetzes sei die Förderung der Lauterkeit des Edelmetallhandels. Die Ausnahmeregelung des §1 Abs3 Z1 solle - wie ihre Vorgängerregelung in §15 Abs1 Z1 litd Punzierungsgesetz 1954 - Gegenstände ausnehmen, die aus einem anderen Grund als jenem ihres Materials einen besonderen Wert haben. Es gehe darum, Gegenstände, für deren Verkauf deren Edelmetallgehalt keine wesentliche Rolle spielt, auszunehmen, um den Handelsverkehr nicht mit zusätzlichen Kosten und zusätzlichem Aufwand zu belasten. Die antragsgegenständliche Regelung entspreche diesem Sachlichkeitserfordernis aber nicht, weil willkürlich nur wissenschaftlich, geschichtlich und kulturgeschichtlich wertvolle Gegenstände, die vor dem 1. Jänner 1938 hergestellt wurden, ausgenommen werden. Auch Gegenstände, die nach dem 31. Dezember 1937 hergestellt wurden, könnten einen erheblichen Wert haben, der mit ihrem Edelmetallgehalt nicht in Verbindung stehe. Die Möglichkeit, eine Ausnahmeregelung für solche Gegenstände zu erlangen, sei aber nach dem Punzierungsgesetz 2000 nicht vorgesehen.
Zur Verletzung der Eigentumsfreiheit bringt die antragstellende Partei vor, dass eine Punzierung für Orden, Medaillen oder Plaketten keine wesentliche Rolle spiele, weil sich der Wert aus dem Alter und seiner besonderen Bedeutung ableite, nicht jedoch aus dem Material. Eine Punzierung mit einer neuen österreichischen Punze könne für einen Orden jedoch einen Schaden bedeuten, ihn sogar entwerten oder als Nachahmung aussehen lassen.
In eventu wird die Aufhebung des Wortes "künstlerischen" (wohl gemeint: "künstlerischem") in §1 Abs3 Z1 Punzierungsgesetz begehrt, um die Tragweite der Bestimmung nicht völlig zu unterlaufen. Während die Ausnahme für Kunstgegenstände vor 1938 klar sei und tatsächlich eine Beschränkung zur Folge hätte, würde die Ausweitung auf alle Kunstgegenstände den Intentionen des Gesetzgebers wohl nicht mehr entsprechen, sofern man unter dem Begriff "künstlerischem" Wert nicht "kunstgeschichtlichen" Wert verstehen könne. Die Freistellung von altem Schmuck wäre jedenfalls neu zu regeln.
2. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie begehrt, den Anträgen keine Folge zu geben. Zur unmittelbaren Betroffenheit führt sie aus, dass gegen die antragstellende Partei kein Verwaltungsverfahren wegen Übertretung des Punzierungsgesetzes anhängig sei und es - da es keine Punzierungsbehörden mehr gebe und die Prüfung und Punzierung nunmehr dem Händler selbst obliege - einen Bescheid betreffend der Erfüllung der Voraussetzungen gemäß §1 Abs3 Z1 bzw. §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz nur im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens vorgesehen sei.
Es würden aber die meisten der nach der alten Rechtslage von der Punzierung befreiten Gegenstände der antragstellenden Partei auch nach der neuen Rechtslage entweder gemäß §1 Abs3 Z1 Punzierungsgesetz 2000 überhaupt nicht unter das Punzierungsgesetz fallen bzw. gemäß §6 Abs1 Z3 leg. cit. wegen ihres Alters oder gemäß §6 Abs1 Z1 leg. cit. wegen ihrer Beschaffenheit bzw. auf Grund der gesetzlichen Anerkennung von (auch alten) EWR-Punzierungen von der Punzierung befreit sein. Weiters bemängelt die Bundesregierung, dass das Aufhebungsbegehren hinsichtlich der Wortfolge in §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz überschießend sei, da die Aufhebung dazu führen würde, dass alle dem Punzierungsgesetz unterliegenden Edelmetallgegenstände keine Feingehaltszahl bzw. Verantwortlichkeitspunzierung mehr tragen müssten. In der Sache führt die Bundesregierung - beschränkt auf die aufgeworfenen Bedenken - Folgendes aus:
"2. Zu den Bedenken in Hinblick auf den Gleichheitssatz
Auf Seite 5 des Individualantrags (Pkt. I. 13.) wird behauptet, dass 'entgegen den Ausführungen in der Regierungsvorlage (!) durch das Punzierungsgesetz 2002 (gemeint wohl Punzierungsgesetz 2000) eine erhebliche Einschränkung bei der Freistellungsmöglichkeit auf Gegenstände, die vor dem 1.1.1938 erzeugt wurden, vorgenommen wurde. Diese ist verfassungswidrig.'
Dazu ist zunächst ganz allgemein festzuhalten, dass die Einführung strengerer Regeln grundsätzlich nicht verfassungswidrig ist. Die Antragstellerin behauptet auch nicht, durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht worden zu sein.
Auf S. 10 behauptet die Antragstellerin, dass es unsachlich sei, '(j)egliche Ausnahmebeschränkung mit der Jahreszahl '1938' zu verknüpfen'. Die Wertung, dass nur Gegenstände vor dem 1.1.1938 ausnahmewürdig sind, sei 'sachlich völlig verfehlt'. Die geltende Rechtslage trage auch dem Alter der zu punzierenden Gegenstände nicht Rechnung.
Die Bundesregierung hält dem entgegen, dass dem Gesetzgeber auch bei der Regelung des Verkehrs mit Edelmetallgegenständen ein legitimer Gestaltungsspielraum zukommt: 'Ob die Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden.' (VfSlg 12.416/1990). Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass der Gesetzgeber nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen darf. Dass dabei auch Härtefälle entstehen, macht ein Gesetz noch nicht gleichheitswidrig (VfSlg 14.268/1995). Weiters kann aus der Rechtsprechung abgeleitet werden, dass neben budgetären Erwägungen und Interessen der Verwaltungsökonomie auch die leichtere Handhabbarkeit einer Regelung (VfSlg 12.670/1991) oder das 'öffentliche Interesse an der Verhinderung von Manipulationen' (VfSlg 14.048/1995) Regelungen sachlich rechtfertigen können (Öhlinger, Verfassungsrecht, 4. Auflage, Rz 763, 768 ff mwN).
Wie die Antragstellerin zutreffend ausführt, bezweckt das Punzierungsgesetz, die Lauterkeit des Edelmetallhandels zu fördern. Dieses Anliegen liegt zweifellos im öffentlichen Interesse. Die weitergehendere Rechtfertigung für die Prüfung und Punzierung von Edelmetallgegenständen liegt aber im öffentlichen Interesse am Schutz der Konsumenten.
Das Punzierungsgesetz ist eine Regelung, die den Konsumenten schützen soll. Die Art des Edelmetalls und auch der Feingehalt des Edelmetalls beeinflussen den Preis eines Gegenstandes bzw. wird oft beim Verkauf mit dem Edelmetall bzw. dessen Feingehaltsgrad geworben. Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, ist jedoch der Feingehalt eines Edelmetallgegenstandes vom Konsumenten selbst in der Regel nicht überprüfbar bzw. wird diese Art von Mängeln oft auch später nicht sichtbar. Aus diesem Grund ist die Überprüfung des Feingehaltes früher durch die staatlichen Punzierungsbehörden, nunmehr durch den Händler selbst unter Kontrolle durch die Punzierungskontrollorgane vorgesehen. Die Punzierung selbst dient der Bestätigung der erfolgten Feingehaltsprüfung und bezeichnet den dafür Verantwortlichen.
In der Regel sind jedoch für den Preis eines Edelmetallgegenstandes neben der Art des Edelmetalls bzw. dessen Feingehalt auch noch andere Faktoren z.T. von erheblicher Bedeutung. Bei Schmuck ist dies beispielsweise das Design, die besonders kunstfertige Verarbeitung, der Name des Herstellers oder die Tatsache, dass es sich um Unikate oder eine begrenzte Anzahl von gleichartigen Erzeugnissen handelt.
Eine Ausnahme von der Prüfungs- und Punzierungsverpflichtung ist daher nur gerechtfertigt, wenn der Edelmetallgehalt eines Gegenstandes aufgrund seiner sonstigen Bedeutung im Vergleich zu anderen Edelmetallgegenständen, sowohl für die Preisgestaltung, als auch für das Interesse des Käufers keine oder eine sehr vernachlässigbare Rolle spielt, oder wenn durch die Prüfung und Punzierung ein unverhältnismäßiger Schaden entstünde.
Nach Ansicht der Bundesregierung ist diese Ausnahme sachlich jedoch nicht generell für alle Gegenstände mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert gerechtfertigt, da eine solche Bedeutung in geringerem Ausmaß bereits sehr bald bei einem Gegenstand älterer Erzeugung gegeben sein bzw. angenommen werden kann, und sich in solchen Fällen sein geschichtlicher etc. Wert im Verhältnis zur Bedeutung des Edelmetalls bzw. seines Wertes für den Kunden nicht oder nicht maßgeblich von dem für moderne Edelmetallgegenstände dargestellten Verhältnis der oben dargestellten Preisfaktoren unterscheidet.
Das Alter eines Gegenstandes bringt oft eine Wertverschiebung und zwar sowohl eine Wertsteigerung als auch eine Wertminderung mit sich. In der Regel lässt sich erst nach einem bestimmten Zeitablauf der tatsächliche geschichtliche oder kulturgeschichtliche Wert eines Gegenstandes richtig beurteilen bzw. tritt beispielsweise oft nach Jahrzehnten eine erhebliche Änderung bei der Einschätzung des künstlerischen Wertes eines Werkes ein. Auch trägt die durch Zeitablauf entstehende Rarität eines Gegenstandes ebenfalls zu seiner Wertsteigerung bei.
Die Bestimmung in §1 Abs3 Z1 zielt nach Auffassung der Bundesregierung, obwohl der Begriff im Gesetz nicht ausdrücklich genannt wird, vor allem auf die Ausnahme von 'Antiquitäten', also von Gegenständen, deren bleibender geschichtlicher, kulturgeschichtlicher Wert sich durch einen längeren Zeitablauf bestätigt hat, und deren Preis in viel größerem Ausmaß durch ihr Alter, ihre Rarität bzw. ihre kulturhistorischen etc. Bedeutung bestimmt wird.
Die Ausnahmebestimmung des §6 Abs1 Z3 zielt auf die so genannten 'Altwaren', also Gegenstände, die allein aufgrund ihres Alters und ihrer damit verbundenen Rarität schützenswert sind. Bei letztgenannten Gegenständen hat der Edelmetallgehalt eine höhere Bedeutung, so dass diese Gegenstände zwar geprüft aber nicht punziert werden müssen.
Die Einführung eines Stichtages, ab wann ein Gegenstand aufgrund seines Alters eine besondere Behandlung rechtfertigt, ist grundsätzlich wie jede Einführung von Stichtagen, Schwellenwerten, Alters- bzw. Betragsgrenzen oder ähnlichem unbefriedigend, da es dabei stets zu Härtefällen kommen kann. Dies alleine macht aber eine Regelung noch nicht verfassungswidrig.
Nun lässt es sich kaum allgemein feststellen, ab welchem Alter ein Gegenstand allein aufgrund seines Alters eine so besondere Bedeutung erlangt, dass eine Sonderbehandlung gerechtfertigt ist, die Grenzen sind grundsätzlich schwimmend und eine für alle Edelmetallgegenstände gültige Altersgrenze wird sich kaum finden lassen. Der Vorschlag für eine EU-Richtlinie für Edelmetallgegenstände sah beispielsweise in Anlehnung an die Kombinierte Nomenklatur für Antiquitäten eine Altersgrenze von 100 Jahren vor, allerdings gibt es wahrscheinlich auch Argumente bereits ab einem Alter von 50 Jahren einen besonderen Wert anzunehmen. Auf Grund dieser schwimmenden Grenzen ist nach Ansicht der Bundesregierung die Einführung eines Stichtages genauso gerechtfertigt, wie beispielsweise die Einführung einer generellen Altersgrenze. In diesem Blickwinkel ist auch das Datum 1.1.1938 zu sehen. Es bezeichnet kein konkretes historisches Datum und hat auch für das österreichische Punzierungsrecht keine besondere Bedeutung, (diesbezüglich werden somit inländische und ausländische Gegenstände gleich behandelt) sondern soll eben lediglich einen Zeitpunkt bestimmen, ab dem nach Auffassung des Gesetzgebers aus heutiger Sicht ein Edelmetallgegenstand aufgrund seines Alters schützenswert ist.
Zusammenfassend kann daher im Hinblick auf den Gleichheitssatz gefolgert werden, dass die grundsätzliche Verpflichtung zur Punzierung von Edelmetallgegenständen mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert, soweit sie nach 1937 erstellt wurden, nicht unsachlich ist, da der Gesetzgeber aus praktischen Gründen bei der notwendigen Abstraktion des Gesetzes nicht auf alle Einzelfälle eingehen konnte.
Auch ist es im Interesse einer leicht handhabbaren Regelung, die gerade auch durch die 'materielle Privatisierung' der Edelmetallprüfung angezeigt ist, gerechtfertigt, bei Gegenständen, die nach 1937 erzeugt wurden, eine Punzierung anzuordnen, weil eben - im Interesse der Konsumenten - typischerweise davon ausgegangen werden darf, dass der Edelmetallgehalt noch nicht jenen untergeordneten Anteil an der Wertbestimmung erreicht hat.
3. Zu den Bedenken in Hinblick auf die Erwerbsfreiheit und die Eigentumsfreiheit
Nach der 'Grundrechtsformel' des Verfassungsgerichtshofes sind 'Beschränkungen der Erwerbsausübungsfreiheit nur zulässig, wenn sie durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen sind.' (zB VfSlg 13.704/1994). Bei den durch den Individualantrag bekämpften Regelungen, handelt es sich nicht um Schranken, die den Erwerbsantritt betreffen, sondern nur um eine Beschränkung der Erwerbsausübung. Hier kommt aber dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu, 'weil und insoweit durch solche die Ausübung einer Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsgesetzlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern.' (VfSlg 12.094/1989).
Eigentumsbeschränkungen sind nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zulässig, wenn sie im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismäßig sind (zB VfSlg 13.659/1993).
Wie bereits oben ausgeführt, sind die angefochtenen Regelungen nicht als unsachlich anzusehen. Insoweit sollten sie auch der Prüfung am Maßstab der Eigentumsgarantie und der Erwerbsfreiheit standhalten.
Es sei daher nur kurz wiederholt, dass das Punzierungsgesetz in erster Linie dem Schutz der Konsumenten dient. Die Bestimmungen hinsichtlich der Feingehaltsprüfung und Punzierung erweisen sich sowohl als geeignet, dieses Anliegen zu verfolgen, als auch in Hinblick auf den Konsumentenschutz als erforderlich. Nur durch diese Verpflichtungen kann der Konsument, der typischerweise nicht in der Lage ist, solche Prüfungen vorzunehmen, effektiv geschützt werden.
Die angefochtenen Bestimmungen erweisen sich aber auch als adäquat (verhältnismäßig ieS). Soweit nämlich Edelmetallgegenstände mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert nicht vom Anwendungsbereich ausgenommen sind, weil sie nach dem 1.1.1938 erzeugt worden sind, enthält das Punzierungsgesetz im ausreichenden Maß andere Vorschriften, die verhindern, dass ein Edelmetallgegenstand durch die Punzierung unverhältnismäßigen Schaden erleidet.
Dies ist zum einen durch die Zulässigkeit der Strichprobe gemäß §9 Abs1 Z2 gegeben, zum anderen jedoch vor allem durch die Bestimmung des §6 Abs1 Z1, wonach die Punzierung bei allen Edelmetallgegenständen entfallen kann, die 'wegen ihrer Kleinheit oder sonstigen Beschaffenheit keine Bezeichnung vertragen'. Dadurch wird jedenfalls eine körperliche Beschädigung des Edelmetallgegenstandes durch die Punzierung so weit als möglich verhindert."
3. In einer Replik führt die antragstellende Partei ua. aus, dass es der Gesetzgeber verabsäumt habe, ein Verfahren einzuführen, in dem rechtsverbindlich festgestellt werden könne, ob ein Gegenstand vor dem 1. Jänner 1938 hergestellt wurde und daher nicht zu punzieren sei. Die einzige formaljuristische Möglichkeit wäre es wohl, beim Bundesminister für Finanzen als oberste und einzige mit dem Vollzug betraute Behörde direkt einen Antrag auf Feststellung einzubringen. Es wird neuerlich betont, dass das Datum 1. Jänner 1938 völlig willkürlich gewählt worden sei und die antragstellende Partei sehr wohl mit Orden handle, die offensichtlich nach dem 1. Jänner 1938 hergestellt worden seien.
4. Der Verfassungsgerichtshof vernahm im Vorverfahren über Ersuchen der antragstellenden Partei Herrn Vizeleutnant W S, den Leiter des Referates für Orden und Auszeichnungen des Heeresgeschichtlichen Museums, als Zeugen, wobei den Parteien Gelegenheit gegeben wurde, Fragen an den Zeugen zu richten. Dem Ersuchen der antragstellenden Partei auf Bestellung eines Sachverständigen wurde hingegen keine Folge gegeben, da die für dieses Verfahren maßgebenden Umstände hinreichend geklärt sind.
III. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit der Anträge erwogen:
Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, dass die antragstellende Partei behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in ihren Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für die antragstellende Partei tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der antragstellenden Partei nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre der antragstellenden Partei unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen der antragstellenden Partei nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn der antragstellenden Partei kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, 13.765/1994).
Bei Klärung der Frage, ob das Gesetz in die Rechtssphäre der antragstellenden Partei auf die geschilderte Weise eingreift, hat der Verfassungsgerichtshof lediglich zu untersuchen, ob die von der antragstellenden Partei ins Treffen geführten Rechtswirkungen vorliegen (vgl. zB. VfSlg. 8060/1977, 8587/1979, 11.402/1987).
Die antragstellende Partei hat sich als Auktionshaus auf die Versteigerung von Münzen und Orden spezialisiert, die sowohl vor dem 1. Jänner 1938 als auch nach diesem Datum erzeugt wurden, weshalb die antragstellende Partei zweifellos von dieser Regelung unmittelbar betroffen ist.
Ein anderer zumutbarer Weg als jener des Individualantrages, um die behauptete Verfassungswidrigkeit an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, besteht nicht. Insbesondere besteht die von der antragstellenden Partei in der Replik erwähnte Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, hier nicht. Das Gesetz sieht einen solchen Bescheid nicht ausdrücklich vor. Wie der Verfassungsgerichtshof mehrfach aussprach, kann eine Partei eines Verwaltungsverfahrens auch dann die Feststellung strittiger Rechte begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt, im Besonderen wenn der Feststellungsbescheid geeignet ist, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klar zu stellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu vermeiden. Besteht hingegen der einzige Zweck des Feststellungsbescheides darin, damit ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, so ist ein solcher Feststellungsbescheid seit Einführung des Individualantrages kein für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendiges Mittel (VfSlg 11.402/1987, 12.950/1991, 16.003/2000).
Im vorliegenden Fall hatte jedoch die Antragstellerin keine rechtliche Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erlangen, den sie nach Erschöpfung des Instanzenzugs beim Verfassungsgerichtshof hätte bekämpfen können. Nach §15 des Punzierungsgesetzes 1954, BGBl. Nr. 68/1954, konnten Befreiungen von der Punzierung erteilt werden, darunter auch für Gegenstände älterer Erzeugung, denen ein wissenschaftlicher, künstlerischer, geschichtlicher oder kulturgeschichtlicher Wert zukommt (§15 Abs1 litd). Die im Punzierungsgesetz vorgesehenen behördlichen Aufgaben waren von den Punzierungsbehörden wahrzunehmen. Dies waren die Punzierungsämter sowie das Hauptpunzierungs- und Probieramt (§5 Abs2).
Mit Erlassung des Punzierungsgesetzes 2000 wurden jedoch diese Behörden aufgelöst (§28 Abs2). In den Erläuterungen (RV 393 BlgNR XXI. GP, 16) heißt es hiezu:
"Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll in Umsetzung der derzeit bundesweit laufenden Aufgabenreform der staatlichen Verwaltung, die bisher von den Punzierungsbehörden wahrgenommene Aufgabe der Kontrolle und Punzierung von Edelmetallgegenständen an die Erzeuger und Händler von Edelmetallgegenständen übertragen werden und die staatlichen Funktionen im Wesentlichen auf die Vornahme von Marktkontrollen zur Wahrung des Konsumentenschutzes beschränkt werden."
Die Erlassung von (gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen) Feststellungsbescheiden setzt ua. die Befugnis einer Verwaltungsbehörde voraus, dass sie auch zur Gestaltung (Begründung, Änderung oder Aufhebung) des bescheidmäßig festzustellenden Rechtes oder Rechtsverhältnisses zuständig ist (VfSlg. 12.768/1991 und die dort zitierte Vorjudikatur). Jene Aufgaben, die bis zur Erlassung des Punzierungsgesetzes 2000 den Punzierungsbehörden oblagen, wie die Entscheidung über die Punzierung und die Beurteilung, ob Edelmetallgegenstände zu punzieren sind, sind weggefallen und Erzeugern und Händlern übertragen worden, sodass iSd genannten Rechtsprechung keine Behörde vorhanden ist, die einen Feststellungsbescheid erlassen könnte. Dem Bundesminister für Finanzen und den ihm unterstellten Punzierungskontrollorganen trifft bloß die Aufsichtspflicht (§21 Abs1). Die Bezirksverwaltungsbehörden sind Verwaltungsstrafbehörden (§27 Abs2). Die Inkaufnahme einer Bestrafung, um durch Bekämpfung des Strafbescheides letztlich den Verfassungsgerichtshof anrufen und bei ihm die behauptete Gesetzwidrigkeit geltend machen zu können, ist kein zumutbarer Weg (VfSlg. 15.509/1999 uva.).
Hingegen ist der Verfassungsgerichtshof der Ansicht, dass zur Beseitigung der von der antragstellenden Partei behaupteten Verfassungswidrigkeit die Aufhebung der im Punkt 2 des Spruches genannten Wortfolge in §1 Abs3 Z1 ausreicht. Die Aufhebung der Wortfolge ", die vor 1938 erzeugt wurden" in §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz 2000 würde jedoch bewirken, dass alle Edelmetallgegenstände, gleichgültig, wann sie erzeugt wurden, von der Punzierungspflicht ausgenommen wären. Damit würde aber dem Gesetz ein Inhalt unterstellt, der dem Gesetzgeber kaum zusinnbar wäre und es würden weite Teile des Gesetzes inhaltsleer. Die Aufhebung bloß der entsprechenden Wortfolge in §1 Abs3 Z1 hingegen führt dazu, dass nur Gegenstände mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert von der Punzierungspflicht ausgenommen wären, auch wenn sie nach dem Jahre 1937 erzeugt wurden. Gerade auf eine solche Ausnahme von der Punzierungspflicht zielen aber die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft ab, während die Sachlichkeit der Punzierungspflicht für sonstige Edelmetallgegenstände von der antragstellenden Gesellschaft nicht in Abrede gestellt wird. Der Antrag auf Aufhebung der Wortfolge ", die vor 1938 erzeugt wurden" in §6 Abs1 Z3 Punzierungsgesetz 2000 war daher zurückzuweisen.
2. In der Sache:
Für Edelmetallgegenstände, die vor dem 1. Jänner 1938 erzeugt wurden, unterscheidet das Punzierungsgesetz 2000 zwischen Edelmetallgegenständen mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert und anderen Edelmetallgegenständen. Auf erstere ist das Bundesgesetz nicht anzuwenden (§1 Abs3 Z1 Punzierungsgesetz), bei der zweiten Gruppe muss zwar der Feingehalt geprüft aber keine Punzierung vorgenommen werden (§6 Abs1 Z3 leg. cit.).
Für Edelmetallgegenstände, die nach dem Jahr 1937 erzeugt wurden, gibt es diese Differenzierung nicht. Es müssen also auch Edelmetallgegenstände mit wissenschaftlichem, künstlerischem, geschichtlichem oder kulturgeschichtlichem Wert nach dem Verbringen ins Bundesgebiet oder der Übernahme zum Verkauf geprüft und punziert werden, sofern sie nicht hievon gemäß §6 leg.cit. ausgenommen sind. Die Ausnahmen betreffen besonders kleine Gegenstände, solche mit ganz geringem Gewicht, für den Export bestimmte Erzeugnisse und Gegenstände, die eine Verantwortlichkeitspunze eines in einem EWR-Staat ansässigen Erzeugers aufweisen.
2.1 Die antragstellende Partei bringt im Wesentlichen vor, dass der durch das Punzierungsgesetz 2000 eingeführte Stichtag 1. Jänner 1938 willkürlich festgesetzt worden sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass es grundsätzlich in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine Wertung zu treffen, wie alt Edelmetallgegenstände sein müssen, um von einer Punzierung absehen zu können, und dies mittels Stichtag festzulegen. Wenn der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von Gesetzen von Stichtagen abhängig macht, bleibt es ihm im Prinzip überlassen, den Stichtag festzulegen, ohne dass es für die Wahl des Stichtages einer Rechtfertigung bedarf. In diesem Sinn weist jede Stichtagsregelung ein gewisses Maß an Beliebigkeit auf, weil sie in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt. Es müsste besondere Gründe geben, warum gerade ein bestimmter Stichtag unsachlich ist.
Die antragstellende Partei hat solche besondere Gründe, warum die vom Gesetzgeber gewählte Stichtagsregelung nicht sachgerecht sein sollte, sondern nur ein anderer Stichtag sachgerecht wäre, nicht näher dargelegt. Bei jedem Edelmetallgegenstand tritt im Laufe der Zeit der Edelmetallwert hinter seinen historischen Wert zurück. Der Zeitpunkt, zu dem dies eintritt, ist für einen einzelnen Gegenstand nicht, und schon gar nicht für eine Gruppe von Edelmetallgegenständen exakt datumsmäßig festzustellen. Dem Gesetzgeber, der einen Stichtag für die Punzierungspflicht festlegt, muss daher für die Wahl des Stichtages ein entsprechender zeitlicher Spielraum eingeräumt sein. Dass dieser Spielraum überschritten wurde, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Ob die Regelung zweckmäßig ist und das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl. VfSlg. 12.416/1990, 10.455/1985).
2.2 Auch die Bedenken der antragstellenden Gesellschaft hinsichtlich der Verletzung der Erwerbsfreiheit treffen nicht zu:
Gesetzliche Regelungen, die die Berufsausübung beschränken, müssen durch ein öffentliches Interesse bestimmt sein. Ausübungsregeln müssen bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe verhältnismäßig sein. Es steht jedoch dem Gesetzgeber bei Regelung der Berufsausübung ein größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum offen als bei Regelungen, die den Zugang zu einem Beruf (den Erwerbsantritt) beschränken, weil und insoweit durch solche die Ausübung der Erwerbstätigkeit regelnden Vorschriften der Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Rechtssphäre weniger gravierend ist, als durch Vorschriften, die den Zugang zum Beruf überhaupt behindern (vgl. VfSlg. 11.558/1987, 11.853/1988, 12.379/1990, 12.481/1990, 13.704/1994 uva.).
Der Verfassungsgerichtshof teilt die Ansicht der Bundesregierung, dass Zweck der Punzierungspflicht der Schutz der Erwerber von Edelmetallgegenständen vor unlauterem Handel mit Edelmetallgegenständen ist. Die Bundesregierung meint, dass die Art des Edelmetalls und auch der Feingehalt des Edelmetalls den Preis eines Gegenstandes beeinflussen. Daher sieht der Verfassungsgerichtshof im Allgemeinen in der Pflicht zur Punzierung einen zulässigen Eingriff in die Erwerbsfreiheit.
Die antragstellende Partei sieht auch die Erwerbsfreiheit primär unter dem Gesichtspunkt der Wahl des Stichtages verletzt. Es gäbe nun keine Möglichkeit, Ausnahmeregelungen zu erwirken, weil ein entsprechendes Verfahren wie nach dem §15 Abs1 Z1 litd Punzierungsgesetz 1954 nicht mehr vorgesehen sei. Gerade der Wegfall der Punzierungsbehörden durch das Punzierungsgesetz 2000 und die Übertragung der Verantwortung auf Erzeuger und Händler erfordere aber eine weniger flexible Stichtagsregelung an Stelle der Beurteilung von Einzelfällen durch die Behörde.
Dem Gesetzgeber kann bei Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffes aus verfassungsrechtlicher Sicht kein Vorwurf gemacht werden, wenn er den von der Antragstellerin vorgetragenen Erwägungen, die (nochmalige) Punzierung könnte den Wert eines Edelmetallgegenstandes beeinträchtigen oder sogar zu Irreführungen bei Käufern führen, weniger Gewicht beimisst als dem öffentlichen Interesse am Schutz der Erwerber. Bei diesen handelt es sich im Allgemeinen doch um Personen mit einigem Fachwissen, wie etwa Sammlern, wobei möglichen Missverständnissen auch durch Information vorgebeugt werden kann.
2.3 Als Verletzung des Eigentumsschutzes erachtet die Beschwerdeführerin den Umstand, dass der Edelmetallgegenstand durch die Punzierung beschädigt oder entwertet werden könne.
Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (VfSlg. 9189/1981), soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt (vgl. VfSlg. 9.911/1983, 11.402/1987, 12.227/1989) und nicht unverhältnismäßig ist (VfSlg. 13.587/1993, 13.964/1994 ua.).
Bei Abwägung des öffentlichen Interesses an der Punzierungspflicht einerseits und einer möglichen Entwertung, der durch Aufklärung der Erwerber entgegen gewirkt werden kann, sieht der Verfassungsgerichtshof in der angefochtenen Bestimmung auch keinen unverhältnismäßigen und daher verfassungsrechtlich verpönten Eingriff in den Eigentumsschutz.
Was die mögliche Beschädigung durch die Punzierung betrifft, so ist auf die Möglichkeit der Laserpunzierung (§5 Abs2) sowie auf §6 Abs1 Z1 Punzierungsgesetz 2000 hinzuweisen.
2.4 Zusammenfassend ergibt sich, dass §1 Abs3 Z1 Punzierungsgesetz 2000 keine Grundrechtsbestimmung verletzt.
IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Feststellungsbescheid, Erwerbsausübungsfreiheit, Punzierungswesen, VfGH / Individualantrag, VfGH / PrüfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G4.2003Dokumentnummer
JFT_09959379_03G00004_00