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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art140 Abs1 / PräjudizialitätLeitsatz
Art140 Abs1 B-VG; Präjudizialität jener Vorschriften, nach deren Aufhebung eine Rechtslage besteht, auf die die geäußerten Bedenken nicht (mehr) zutreffen; Beschränkung der Prüfung (der Aufhebung) auf den geringsten Umfang Art6 MRK; §1 JN; OÖ JagdG; zur Entscheidung über - dem Kernbereich der "civil rights" angehörende - Ansprüche auf den Ersatz von Jagd- und Wildschäden sind nach Aufhebung des §70 Abs2 und Abs3 ÖO JagdG aus den in VfSlg. 11591/1987 und 11646/1988 genannten Gründen, die ordentlichen Gerichte zuständigRechtssatz
§70 Abs2 und 3 des Gesetzes vom 03.04.64, LGBl. für Oberösterreich Nr. 32/1964, über die Regelung des Jagdwesens (Oö. JagdG) (zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. Nr. 13/1988) wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Verstoß gegen Art6 Abs1 MRK; Hinweis auf E v 16.12.87, G129/87 ua. (Nö. JagdG) und E v 10.03.88, G211,212/87 (Bgld. JagdG).
In von amtswegen eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, daß einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird als Voraussetzung für den Anlaßfall ist, daß aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg. 7376/1974, 7726/1975).
Die Grenzen der Aufhebung müssen auch in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren so gezogen werden, daß einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und daß andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfaßt werden (VfSlg. 6674/1972, 8155/1977).
Die Rechtsordnung ist (im Wege der Aufhebung bestimmter Gesetzesstellen) derart zu bereinigen, daß zur letztinstanzlichen Entscheidung über den Ersatz von Wildschäden nicht eine solche Behörde berufen ist, die den Voraussetzungen des Art6 MRK nicht genügt. Hiebei hat sich die Prüfung - und gegebenenfalls die Aufhebung - auf den zur Erreichung dieses Zieles geringsten Umfang zu beschränken.
Es würde nun hinreichen, §70 Abs2 und 3 Oö. JagdG aufzuheben, um das erwähnte Ziel herbeizuführen.
Die Beseitigung allein des §70 Abs2 und 3 Oö. JagdG aus der Rechtsordnung würde also bewirken, daß das Gesetz keine Verwaltungsbehörde mit der Entscheidung über den Ersatz von Jagd- und Wildschäden beruft.
Nach Aufhebung des §70 Abs2 und 3 Oö. JagdG ist es - wird die Entstehungsgeschichte der sodann bestehenden Rechtslage in Betracht gezogen - nicht möglich, aus §70 Abs1 leg. cit. abzuleiten, andere Ansprüche als solche aus besonderen Vereinbarungen (§65 Abs1) seien nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Jagdrecht, Jagdschaden, Wildschaden, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / VerwerfungsumfangEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G69.1988Dokumentnummer
JFR_10119072_88G00069_01