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72 Wissenschaft, HochschulenNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Die Wirtschaftsuniversität Wien ist schuldig, den Beschwerdeführern zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit jeweils EUR 2.142,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer sind Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter (in Ausbildung) iSd.
§6 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. 1974/463, idF BGBl. I 2001/87 und 2002/87, (im Folgenden: UniAbgG) an der Wirtschaftsuniversität Wien.
1.2. Mit Schreiben jeweils vom 9. Oktober 2003 beantragten die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer die Aufnahme in das Wählerinnen- und Wählerverzeichnis für die vom Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien gemäß §121 Abs11 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I 120, (im Folgenden: UG 2002) iVm. §6 der Wahlordnung für den Senat, kundgemacht im Mitteilungsblatt der Wirtschaftsuniversität Wien vom 3. September 2003, Nr. 210, (im Folgenden: Wahlordnung) für 29. Oktober 2003 ausgeschriebene Wahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder des Senates.
1.3. Die Wahlkommission an der Wirtschaftsuniversität Wien wies diese Anträge mit Bescheiden jeweils vom 13. Oktober 2003 gemäß §5 Abs5 der Wahlordnung ab.
Begründend wird dazu im Wesentlichen gleichlautend ausgeführt, die Wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (in Ausbildung) iSd. §6 UniAbgG zählten zu Folge der Bestimmungen des §122 Abs2 Z6 und 9 UG 2002 organisationsrechtlich nicht zur - zum Senat wahlberechtigten - Personengruppe der wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Forschungs-, Kunst- und Lehrbetrieb iSd. §100 leg. cit., sondern seien der - nicht wahlberechtigten - Personengruppe der Forschungsstipendiatinnen und Forschungsstipendiaten iSd. §95 leg. cit. gleichgestellt.
2. In den gegen diese Bescheide erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG) infolge Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich näher bezeichneter Bestimmungen in §122 Abs2 UG 2002, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des jeweiligen Bescheides begehrt.
3. Die Wahlkommission an der Wirtschaftsuniversität Wien legte als belangte Behörde die Akten der Verwaltungsverfahren vor; eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.
II. 1. Aus Anlass dieser Beschwerden beschloss der Verfassungsgerichtshof am 26. Februar 2004 gemäß Art140 Abs1 B-VG die Verfassungsmäßigkeit der Worte ", soweit sie nicht arbeitsrechtlich zur Gruppe der Wissenschaftlichen und Künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (in Ausbildung) gemäß §6 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. Nr. 463/1974, gehören," in §122 Abs2 Z6 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I 120, sowie des §122 Abs2 Z9 leg. cit. von Amts wegen zu prüfen.
2. Mit Erkenntnis vom 11. Juni 2004, G32-34/04, hob der Verfassungsgerichtshof die in Prüfung gezogenen Gesetzesbestimmungen als verfassungswidrig auf.
Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide verfassungswidrige bundesgesetzliche Bestimmungen angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerinnen und des Beschwerdeführers nachteilig war. Die Beschwerdeführerinnen und der Beschwerdeführer wurden somit wegen Anwendung von verfassungswidrigen Gesetzesbestimmungen in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10.404/1985).
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. Die Verpflichtung der Wirtschaftsuniversität Wien zum Ersatz der Prozesskosten ergibt sich aus den §§4 und 5 UG 2002 iVm. der Verfassungsbestimmung des §2 Abs2 UOG 1993. Der zugesprochene Betrag enthält jeweils Umsatzsteuer in Höhe von EUR 327,-- sowie den Ersatz der entrichteten Eingabengebühr (§17a VfGG) in Höhe von EUR 180,--.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B1601.2003Dokumentnummer
JFT_09959379_03B01601_00