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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Tir. Getränke- und SpeiseeissteuerG; keine Bedenken gegen die Beweislastregel des §3 Abs2; Verletzung des Gleichheitsrechtes durch grobes Fehlverhalten der bel. Beh. bei Ermittlung der GetränkeabgabepflichtRechtssatz
Die Getränkesteuer ist eine Verbrauchsteuer; als solche unterliegt sie der verfassungsrechtlichen Schranke des §8 Abs4 F-VG, aus dem sich für die Getränkesteuer das Verbot ergibt, sie von Getränken zu erheben, die außerhalb der jeweiligen Gemeinde verbraucht werden.
Der Verfassungsgerichtshof hielt es nicht für verfassungswidrig, daß der Gesetzgeber von der - durch einen Beweis des Steuerschuldners widerlegbaren - Vermutung ausgeht, daß die entgeltliche Abgabe von Getränken in der Regel zum Zweck des Konsums innerhalb der Grenzen der betreffenden Gemeinde erfolgen wird (vgl. VfSlg. 2796/1955). Denn nach Lehre und Rechtsprechung wird durch eine solche Beweislastregel weder die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung und der Unbeschränktheit der Beweismittel noch auch die unter den gesetzlichen Voraussetzungen bestehende Pflicht der Behörde zur Ermittlung der Höhe der Abgabe durch Schätzung (§147 TLAO) aufgehoben (vgl. VwGH v 15.03.85, 85/17/0033 und v 10.05.85, 84/17/0211 (mH auf weitere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen und Literaturstellen); VfSlg. 9816/1983). Angesichts dieser Rechtsprechung ist der beschwerdeführende Gesellschaft auch nicht zuzustimmen, wenn sie der Auffassung anhängt, daß die gesetzliche Regelung der Einhebung von Verbrauchsteuern insgesamt und die Beweislastregel des §3 Abs2 des Tir. Gesetzes im besonderen zu unbestimmt seien und das Verwaltungshandeln nicht ausreichend zu determinieren vermögen.
Gesetzliche Regelung der Einhebung von Verbrauchsteuern und Beweislastregel des §3 Abs2 Tir. Getränke- und SpeiseeissteuerG 1973 ausreichend determiniert.
Denkunmögliche und willkürliche Annahme bei Bemessung der Getränkesteuer gemäß §3 Abs2 Tir. Getränke- und SpeiseeissteuerG 1973, daß alle verkauften Spirituosen im Gemeindegebiet verbraucht wurden.
Sollte die belangte Behörde der Regel des §3 Abs2 leg.cit. aber nicht diesen (verfassungswidrigen) Inhalt beigemessen haben, sondern von der Auffassung ausgegangen sein, daß sie den §§91 und 92 Abs1 TLAO entsprechend die materielle Wahrheit zu ermitteln hat, so wäre ihr vorzuwerfen, daß sie bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts willkürlich vorgegangen ist.
Die Behörde ist ohne nähere Prüfung davon ausgegangen, daß sämtliche der in einem Innsbrucker Stadtgeschäft verkauften Spirituosen, uzw. vorwiegend Tiroler Kräuterschnäpse und 80 %iger Rum im Gemeindegebiet von Innsbruck verbraucht wurden. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung anzunehmen, daß derartige Produkte, die typischerweise (auch) von Touristen in der Absicht erstanden werden, sie nach Hause mitzunehmen, gerade im speziellen Fall zur Gänze im Gemeindegebiet von Innsbruck konsumiert worden sein sollen. Der Verfassungsgerichtshof hat es in einem ähnlich gelagerten Fall (VfSlg. 9816/1983) als verfassungswidrig angesehen, wenn die Behörde bei der Ermittlung der Getränkeabgabepflicht die für diese Abgabepflicht bedeutsamen Umstände völlig außer Betracht läßt.
Schlagworte
Getränkesteuer Tirol, Verwaltungsverfahren, Beweise, Beweislast, Ermittlungsverfahren, BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B184.1988Dokumentnummer
JFR_10118995_88B00184_01