RS Vfgh 1988/10/5 B989/87, B1181/87, B1455/87

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Veröffentlicht am 05.10.1988
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Verordnung der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 03.02.87 über die Bestellung einer Unterkommission und die Übertragung der Beschlußfassung in bestimmten Angelegenheiten an dieses Organ, kundgemacht im Verlautbarungsblatt der Vieh- und Fleischkommission des Jahrganges 1987. 9. Stück §1 lita und litb
ViehwirtschaftsG 1983 §6
ViehwirtschaftsG 1983 §19 Abs1
AVG §58 Abs2
AVG §60

Leitsatz

ViehwirtschaftsG 1983; keine Bedenken gegen die Übertragung von Zuständigkeiten gemäß §19 Abs1 iVm. §1 lita und b der Verordnung der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 03.02.87 an die Unterkommission; kein Entzug des gesetzlichen Richters; Versagung einer Ausfuhrbewilligung nach §6 Abs2 infolge Abstellens auf einen Exportbedarf in völliger Verkennung der Rechtslage; Bescheidbegründung ohne Begründungswert; Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens; Verletzung des Gleichheitsrechtes

Rechtssatz

Die angefochtenen Bescheide sind an die Firma H & Co, sohin an die KG gerichtet. Deren Anträge wurden durch die Bescheide abgewiesen. Die KG H & Co ist daher zur Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimiert.

Die Legitimation eines Gesellschafters einer KG zur Beschwerdeführung gegen einen an die Gesellschaft gerichteten Bescheid ist hingegen nur dann gegeben, wenn durch diesen Bescheid die Rechtsstellung des Gesellschafters unmittelbar beeinflußt werden kann (vgl. VfSlg. 6830/1972, 8149/1977, 9932/1984).

Weder die Rechtssphäre der persönlich haftenden Gesellschafterin H GesmbH, noch der Kommanditisten H H und G H ist durch die angefochtenen Bescheide unmittelbar betroffen, zumal diese von der Behörde keinem der Gesellschafter gegenüber erlassen wurden. Die Beschwerden der H GesmbH sowie des H H und der G H waren daher mangels Legitimation zurückzuweisen.

In §1 lita der Verordnung der Vieh- und Fleischkommission beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 03.02.87 wird der Unterkommission die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen im Rahmen von Verfahren gemäß §6 Abs2 ViehwirtschaftsG 1983, in §1 litb der genannten Verordnung wird ihr die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen gemäß §6 Abs1 ViehwirtschaftsG 1983 "von kleinen Mengen und kleinen Werten" übertragen.

Der Verfassungsgerichtshof hegt keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der genannten Zuständigkeitsübertragungen. Da Ausfuhrbewilligungen gemäß §6 Abs2 ViehwirtschaftsG 1983 im Rahmen eines von der Kommission vorher festgesetzten Kontingentes innerhalb bestimmter, meist kurzer Zeitabstände, zu erteilen sind, erfordert es bereits das Interesse an einer raschen Geschäftsabwicklung, daß der Unterkommission die betreffende Zuständigkeit eingeräumt wird. Die Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für - im Verhältnis zur Gesamtexportmenge - "kleine Mengen und kleine Werte" ist keine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung. Auch insofern steht einer Zuständigkeitsübertragung von der Kommission an die ohnedies aus deren Mitte gebildete Unterkommission gemäß §19 Abs1 ViehwirtschaftsG 1983, die die Erlassung von Bescheiden miteinschließt, nichts entgegen.

Der Verfassungsgerichtshof ist ferner mit der belangten Behörde der Auffassung, daß die zur Ausfuhr beantragte Menge von 59 Stück Schlachtrindern in Anbetracht der gesamten Exportmenge als "kleine Menge" und "kleiner Wert" zu betrachten ist.

Da sohin die Zuständigkeit der Unterkommission sowohl gemäß der lita als auch der litb des §1 der angeführten Verordnung im Beschwerdefall zu bejahen ist, wurde die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Keine Bedenken gegen die Zuständigkeitsübertragung bezüglich bestimmter Ausfuhrbewilligungen gemäß §6 ViehwirtschaftsG 1983 von der Vieh- und Fleischkommission auf eine Unterkommission durch eine Verordnung der Vieh- und Fleischkommission iSd §19 Abs1 ViehwirtschaftsG; rechtmäßige Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch die Unterkommission zur Erteilung von Ausfuhrbewilligungen für kleinere Mengen von Schlachtrindern.

Durch das Abstellen der Behörde auf einen "Exportbedarf" wird die gesetzlich vorgesehene Bewilligungspflicht entgegen dem Gesetz an eine positive Voraussetzung gebunden, die auch vom Sachverhalt nur schwer zu klären ist, während doch §6 Abs1 ViehwirtschaftsG 1983 die Bewilligungspflicht lediglich davon abhängig macht, daß durch die Ausfuhr nicht bestimmte viehwirtschaftliche Ziele beeinträchtigt werden, somit die Voraussetzungen negativ dadurch umschreibt, daß die Ausfuhrbewilligung jedenfalls zu erteilen ist, wenn dadurch nicht in den Schutz der inländischen Viehwirtschaft, in die Preisstabilisierung und in die Versorgungsgewährleistung eingegriffen wird.

Dieser völligen Verkennung der bestehenden Rechtslage durch die belangte Behörde entspricht es, daß diese ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren im Hinblick auf die gesetzlichen Voraussetzungen einer Ausfuhrbewilligung überhaupt unterlassen hat.

Abgesehen von der Frage der bisherigen Exportleistung fehlt es an jedweder Sachverhaltsfeststellung zu den gesetzlichen Tatbeständen im Hinblick auf die beschwerdeführenden Gesellschaft, die praktisch begründungslos bei der Aufteilung des Kontingents übergangen wurde.

Desgleichen hat die Behörde kein Ermittlungsverfahren durchgeführt, um festzustellen, ob bei Erledigung des Ausfuhrantrages der beschwerdeführenden Gesellschaft nach §6 Abs1 ViehwirtschaftsG 1983 außerhalb des durch öffentliche Bekanntmachung festgelegten Kontingents die Ziele des §2 Abs1 ViehwirtschaftsG 1983 beeinträchtigt werden.

Die belangte Behörde verstieß gegen ihre aus den §§58 Abs2 und 60 AVG 1950 erfließende verfahrensrechtliche Verpflichtung "die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen". Sie unterließ es nämlich schlechthin, der Antragstellerin gegenüber auch nur anzudeuten, in welchem Umstand das der begehrten Ausfuhrbewilligung entgegenstehende materielle Hindernis überhaupt liegen könnte.

Die angefochtenen Bescheide waren wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes aufzuheben, da die Behörde willkürlich dadurch handelte, daß sie nicht nur die durch §6 Abs1 und Abs2 ViehwirtschaftsG 1983 geschaffene Rechtslage im grundsätzlichen verkannt, sondern auch ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und nicht zuletzt die angefochtenen Bescheide völlig unzureichend und mangelhaft begründet hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Wirtschaftslenkung, Viehwirtschaft, Behördenzuständigkeit, Bescheidbegründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1988:B989.1987

Dokumentnummer

JFR_10118995_87B00989_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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