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L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
NÖ KommunalstrukturverbesserungsG 1971; keine Bedenken gegen §3 Abs6 Z5 betreffend die Vereinigung der Gemeinden St. Martin und der Kleingemeinde Harmanschlag zur Gemeinde St. Martin im Hinblick auf das Gleichheitsgebot; sachlich vertretbare Prognoseentscheidung des Gesetzgebers im Zeitpunkt der Erlassung des GesetzesRechtssatz
Zurückweisung der Beschwerde mangels Legitimation.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Gemeindevereinigung nicht Mitglied des Gemeinderates, sondern schien lediglich als zweiter Ersatzmann auf der Liste der wahlwerbenden Partei SPÖ auf. Er hat durch die Auflösung des Gemeinderates der Gemeinde Harmanschlag also keine Funktion in der Gemeinde Harmanschlag verloren; in seine Rechtssphäre wurde durch den angefochtenen Bescheid also - anders als bei den Beschwerdeführern, die damals eine Gemeindefunktion bekleideten - nicht eingegriffen.
Die übrigen Beschwerdeführer waren zum Zeitpunkt der Gemeindevereinigung Gemeinderäte der Gemeinde Harmanschlag. Ihnen war der angefochtene Bescheid niemals gültig zugestellt worden.
Die von ihnen erhobene Beschwerde ist zulässig (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, zB VfGH 17.06.87 G22/87, S. 4 bis 6, und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).
Ganz besondere Umstände, die im Jahre 1971 trotz der geringen Einwohnerzahl für das Bestehenbleiben von Harmanschlag sprachen, hat das Verfahren nicht erbracht.
Ebensowenig hat sich ergeben, daß irgendwelche Umstände, mit denen der Gesetzgeber des Jahres 1971 rechnen mußte, dagegen sprachen, Harmanschlag gerade mit St. Martin zu vereinigen (Ausführungen zu Entfernung, Höhenunterschied, öffentliche Verkehrsverbindungen, Schulsituation).
Wenn der Gesetzgeber 1971 die Gemeinde Harmanschlag auflösen wollte, hatte er kaum eine andere Wahl, als sie mit St. Martin zusammenzulegen, das von Harmanschlag ungefähr gleich weit entfernt wie Großpertholz liegt.
Wenngleich Harmanschlag im Jahre 1971 eine an sich lebensfähige Gemeinde war, konnte der Niederösterreichische Landesgesetzgeber im Jahre 1971 begründet annehmen, daß die Vereinigung der Kleingemeinde Harmanschlag mit der Gemeinde St. Martin (die neue, vereinigte Gemeinde zählte dann nicht ganz 1.500 Einwohner) ein (noch) leistungsfähigeres Kommunalwesen als bisher gewährleisten werde.
Wenn die Harmanschlager Bevölkerung in der Folge in ihren in die Politik des Gemeinderates der neuen Gemeinde St. Martin gesetzten Erwartungen subjektiv enttäuscht worden sein sollte und selbst wenn sich diese Politik objektiv zum Nachteil des Ortsteiles Harmanschlag auswirken sollte (wie dies die Beschwerde behauptet), so könnte das allenfalls Anlaß für gemeindeaufsichtsbehördliche Maßnahmen sein; es könnte dies allenfalls auch dem Landesgesetzgeber oder dem Verordnungsgeber (§9 der Nö GemeindeO 1973, LGBl. 1000-5) Anlaß bieten, die Kommunalstruktur neuerlich zu ändern; nicht aber würde dies bedeuten, daß die Prognoseentscheidung des Jahres 1971 als unsachlich zu bezeichnen wäre.
Im übrigen kommt es nur darauf an, daß der Gesetzgeber 1971 erwarten konnte, es würden sich aufgrund der Gemeindezusammenlegung für die Kommunalstruktur als Komplex betrachtet (also nicht bloß auf die Belange von Harmanschlag bezogen) Vorteile ergeben (vgl. zB VfSlg. 10637/1985; VfGH 10.03.88 B617/87).
Keine Bedenken gegen die Vereinigung einer finanziell stärkeren mit einer finanziell schwächeren Gemeinde.
Keine Unsachlichkeit der Prognoseentscheidung des Jahres 1971 bezüglich der in §3 Abs6 Z5 Nö KStrVG 1971 verfügten Zusammenlegung zweier Gemeinden; keine Bedenken gegen die Vereinigung einer finanziell stärkeren mit einer finanziell schwächeren Gemeinde.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Gemeinderecht ZusammenlegungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B911.1988Dokumentnummer
JFR_10118994_88B00911_01