Index
L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Gesetz vom 30. September 1983, mit dem das GetränkesteuerG für Wien 1971 authentisch interpretiert wird, LGBl. für Wien 43/1983; rückwirkende, inhaltliche Änderung des interpretierten §3 Wr. GetränkesteuerG 1971 idF LGBl. 12/1973; gleichheitswidrig wegen unterschiedlicher Rechtsfolgen - soweit nicht rechtskräftige Bescheide vorliegen - für Abgabepflichtige, die eine an der Rechtsprechung des VwGH orientierte, gesetzmäßige Selbstbemessung vorgenommen haben und solchen, deren Abgabe gem. §149 Abs2 WAO bescheidmäßig festgesetzt wurdeRechtssatz
Jede authentische Interpretation in Form eines Gesetzes bewirkt insofern eine Änderung der Rechtslage, als das neue Gesetz mit Rückwirkung an die Stelle des alten Gesetzes tritt. Insofern entspricht es in seiner Bedeutung einem rückwirkenden Gesetz.
Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, der mit E v 17.01.69 Z1054/68 zu §3 des GetränkesteuerG, LGBl. für Wien Nr. 11/1948, - diese Regelung wurde mit dem GetränkesteuerG für Wien 1971 wiederverlautbart und mit Gesetz LGBl. für Wien Nr. 12/1973 in hier nicht maßgeblichen Belangen abgeändert - ausgesagt hat, daß nach dem Wortlaut dieser Bestimmung die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung steuerpflichtiger Getränke der Kleinhandelspreis ist und dies das Entgelt darstellt, das dem Verbraucher für das Getränk in Rechnung gestellt wird.
Die in Prüfung gezogene Regelung (authentische Interpretation des Wr. GetränkesteuerG 1971, mit der die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer auch auf die mitverkauften Gefäße und Trinkhalme erweitert wurde) hat somit eine Änderung der Gesetzeslage des Inhaltes bewirkt, daß die vom Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis gewählte Auslegung auf dem Boden der in Prüfung gezogenen Regelung nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte.
Das Gesetz vom 30.09.83, mit dem das GetränkesteuerG für Wien 1971 authentisch interpretiert wird, LGBl. für Wien Nr. 43/1983, wird wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot als verfassungswidrig aufgehoben.
§3 des GetränkesteuerG für Wien 1971, Anlage der Kundmachung der Wr. Landesregierung vom 12.01.71, über die Wiederverlautbarung des GetränkesteuerG für Wien, LGBl. für Wien Nr. 2/1971, tritt idF des LGBl. für Wien Nr. 12/1973 wieder in Kraft.
Soweit rechtskräftige Bescheide nicht vorliegen, bewirkt die in Prüfung gezogene Regelung (authentische Interpretation des Wr. GetränkesteuerG 1971, mit der die Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer auch auf die mitverkauften Gefäße und Trinkhalme erweitert wurde), daß eine bisher dem Gesetz entsprechende Selbstbemessung gesetzwidrig wurde, mit allen Rechtsfolgen, die sich hieran knüpfen. So haben Rechtsunterworfene, die sich bei der Selbstbemessung an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes orientierten, auf dem Boden der rückwirkend geänderten Rechtslage nicht nur Getränkesteuer nachzuzahlen, sondern auch einen Säumniszuschlag zu entrichten. Die bekämpfte Regelung schließt auch aus, daß hievon Betroffene beim Verwaltungsgerichtshof gegen nunmehr - nach einer Betriebsprüfung - bescheidmäßig vorgenommene Nachbelastungen Abhilfe finden können. Diese Wirkung tritt jedoch nicht für Abgabepflichtige ein, die sich gesetzwidrig verhalten hatten, weil sie keine oder unvollständige Steuererklärungen abgegeben oder die Selbstbemessung unrichtig vorgenommen hatten, wenn dies zu einer bescheidmäßigen Belastung führte (§149 Abs2 WAO). Diese Bescheide konnten beim Verwaltungsgerichtshof nach Art130 B-VG bekämpft werden. Entsprachen sie nicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, so wurden sie aufgehoben, und die Behörde war bei der Erlassung des Ersatzbescheides sodann an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.
Aufhebung des Gesetzes LGBl. 1983/43, mit dem das GetränkesteuerG für Wien 1971 authentisch interpretiert wird, da durch die hiedurch bewirkte rückwirkende Änderung der Bemessungsgrundlage Rechtsunterworfene, die sich gesetzeskonform verhielten, schlechter gestellt wurden, als solche, die sich gesetzwidrig verhielten.
Schlagworte
Auslegung, Geltungsbereich eines Gesetzes, Getränkesteuer WienEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G121.1988Dokumentnummer
JFR_10118990_88G00121_01