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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art89 Abs2Leitsatz
Art140 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §45 Abs1 UrheberrechtsG; Beschreitung des zivilgerichtlichen Rechtsweges grundsätzlich zumutbar - Subsidiarität des Individualantrages; Verpflichtung des Gerichtes zur Antragstellung nach Art89 Abs2 B-VG; keine Gefährdung der Effektivität des Grundrechtsschutzes durch Mediatisierung der Initiative zur Prüfung genereller NormenRechtssatz
Wollte man wegen des Prozeßrisikos und der damit verbundenen Kostenfolgen grundsätzlich davon ausgehen, daß die Beschreitung des Zivilrechtsweges unzumutbar sei, verlöre die in Art140 Abs1 B-VG enthaltene Einschränkung "sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung ... für diese Person wirksam geworden ist" ihren hauptsächlichen Anwendungsbereich (siehe auch VfSlg. 9394/1982, 10.445/1985, 10.785/1986; VfGH 29.09.86 G146/86).
Daß ein - für die Antragstellerinnen - positiver Ausgang des anzustrengenden Zivilprozesses die Aufhebung der angefochtenen Gesetzesstelle als verfassungswidrig - und zwar im Zug eines vom Rechtsmittelgericht beim Verfassungsgerichtshof zu initiierenden Normenkontrollverfahren - jedenfalls zur Voraussetzung hätte, ist keine Besonderheit dieser Rechtssache, sondern konsequente Folge der gegebenen Verfassungsrechtslage, die eben (Individual-)Anträge gleichsam nur als letzten Ausweg zuläßt (VfSlg. 8187/1977, 9170/1981, 9285/1981, 9394/1982, 10.251/1984). Es kommt dabei nicht auf die Erfolgschancen des den Antragstellerinnen zu Gebote stehenden (Verfahrens-)"Umwegs", sondern bloß darauf an, daß sich im Zuge eines derartigen Prozesses Gelegenheit bietet, verfassungsrechtliche Bedenken gegen relevante Normen über die ordentlichen Gerichte an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 9170/1981, 9285/1981, 10.592/1985). Daß die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgesetzgebers (nämlich die Initiative zur Prüfung genereller Normen (vom Standpunkt des Betroffenen aus gesehen) zu mediatisieren, wenn die Rechtsverfolgung vor Gerichten stattfindet) die Effektivität des Grundrechtsschutzes gefährde, wie die Antragstellerinnen meinen, trifft nicht zu. Die ordentlichen Gerichte (zweiter Instanz) sind nämlich schon dann, wenn sie gegen präjudizielle gesetzliche Vorschriften (bloß) Bedenken hegen, zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof verpflichtet (vgl. Art89 Abs2 B-VG; VfSlg. 8979/1980, 9170/1981). Daß ein Prüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof allerdings unterbleibt, wenn die Rechtsmittelinstanzen die verfassungsrechtliche Kritik einer Prozeßpartei an präjudiziellen einfachgesetzlichen Vorschriften nicht teilen, ist im gegebenen Zusammenhang nach der gefestigten verfassungsgerichtlichen Judikatur ohne entscheidende Bedeutung (vgl. etwa: VfSlg. 8552/1979, 9394/1982, 9926/1984).
Es ist grundsätzlich und, weil hier erkennbar mit keiner außerordentlichen Härte verbunden, auch im Fall der Antragstellerinnen zumutbar, in einem zivilrechtlichen Rechtsstreit - so wegen eines Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs (§§81, 82 UrhG) - Bedenken gegen präjudizielle gesetzliche Vorschriften vorzutragen und vor dem Gericht der zweiten Rechtsstufe die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrags beim Verfassungsgerichtshof anzuregen.
Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung der §§45 Abs1, 51 und 54 Z3 UrhG.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G135.1988Dokumentnummer
JFR_10118872_88G00135_01