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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / InstanzenzugserschöpfungLeitsatz
Art144 Abs1 B-VG; schriftliche Ankündigung der Auflassung und faktische Sperre eines BTX-Anschlusses durch die Post- und Telegraphenverwaltung - Maßnahmen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung; Unzulässigkeit der BeschwerdeRechtssatz
Die Anfechtung von Verwaltungsakten vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG setzt voraus, daß diese im Rahmen der Hoheitsverwaltung, sohin aufgrund der einem Verwaltungsorgan gesetzlich eingeräumten behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt erlassen wurden.
Mag auch beim öffentlichen BTX-Dienst der Post eine Benützung von Fernmeldeanlagen, insbesondere des Fernsprechnetzes und dessen Teilnehmereinrichtungen, stattfinden, so kann BTX doch keinesfalls mit dem Betrieb einer Fernmeldeanlage gleichgesetzt werden. Kernelement des BTX bildet vielmehr die Speicherung von Informationen in Datenspeichern, die über die BTX-Zentralen abgerufen werden können (1.2 der "Bestimmungen"). Da der mit Hilfe von Fernmeldeeinrichtungen bewirkten Übertragung von Nachrichten iSd §1 FernmeldeG 1949, BGBl. 170, zuletzt idF BGBl. 477/1987, nur eine Hilfsfunktion im Rahmen des BTX-Betriebes zukommt, ist für die rechtliche Einordnung dieser von der Post erbrachten Leistungen und Dienste darauf abzustellen, auf welche Rechtsgrundlage sie sich bei der elektronischen Speicherung und Abgabe textorientierter Informationen stützen kann.
Mangels einer besonderen Rechtsgrundlage, welche die betreffenden Rechtsbeziehungen ins öffentliche Recht verweisen würde, ist das Rechtsverhältnis zwischen der Post- und Telegraphenverwaltung einerseits und den BTX-Teilnehmern andererseits ein privatrechtliches. Die mehrfach zitierte "Bestimmungen über die Teilnahme am öffentlichen Bildschirmtext der Post" bilden eine "lex contractus", der sich der Anmelder gemäß der entsprechenden Klausel am Anmeldungsformular freiwillig unterwirft. Die "Bestimmungen" sind mithin als "allgemeine Geschäftsbedingungen" eines privatrechtlichen Teilnahmeverhältnisses zu verstehen.
Die vom Beschwerdeführer in Beschwerde gezogenen Schreiben und faktischen Maßnahmen der Post- und Telegraphenverwaltung wurden im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gesetzt. Das gilt sowohl für die mehrfache faktische Sperre des BTX-Anschlusses des Beschwerdeführers als auch für die, diese Sperren ankündigenden Schreiben der Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland und des Bundesministeriums für öffentliche Wirtschaft und Verkehr.
Die Beschwerde ist sohin, da sie sich gegen Maßnahmen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung richtet, als unzulässig zurückzuweisen.
Auch dem Schreiben der Post- und Telegraphendirektion vom 15.07.88, Z 103188-14/88, liegt das privatrechtliche Teilnahmeverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und der Post- und Telegraphenverwaltung zugrunde, mag sich die Post- und Telegraphendirektion in diesem Schreiben zusätzlich zu den "Bestimmungen" auch - fälschlicherweise - auf §20 des FernmeldeG berufen. Selbst wenn dieses Schreiben jedoch von seinem Absender in Verkennung der Rechtslage in behördlicher Funktion erlassen worden wäre, bildet es keinen anfechtbaren Verwaltungsakt, weil der nach §20 FernmeldeG zulässige Ausschluß von Nachrichten von der Beförderung und Übermittlung durch die dem öffentlichen Verkehr dienenden Fernmeldeanlagen erst aufgrund eines besonderen Feststellungsverfahrens nach §21 Abs2 FernmeldeG in einen anfechtbaren Bescheid mündet und im übrigen dagegen der Instanzenzug nicht erschöpft wäre.
Ein Zuspruch von Kostenersatz kam nicht in Betracht, da es nach der Lage des Falles nicht geboten war, im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die Finanzprokuratur mit der Vertretung des Bundes zu betrauen (vgl. zB VfSlg. 9603/1983, 10338/1985).
(Hier: Post- und Telegraphendirektion als belangte Behörde in Sachen Sperre eines BTX-Anschlusses)
Entscheidungstexte
Schlagworte
Hoheitsverwaltung, Post- und Fernmelderecht, Privatwirtschaftsverwaltung, lex contractus, Bescheidbegriff, Privatwirtschaftsakt, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B1550.1988Dokumentnummer
JFR_10118794_88B01550_01