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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art130 Abs1 litaLeitsatz
Art138 Abs1 lita B-VG; §48 iVm. §42 Abs2 VerfGG; Unzulässigkeit eines Parteiantrages auf Entscheidung eines bejahenden Kompetenzkonfliktes wegen fehlender vorheriger Antragstellung an die in Betracht kommende oberste Verwaltungsbehörde; Legitimationsmangel VerfGG §43 Abs3; Gegenstandslosigkeit der Anzeige der beteiligten Partei - kein bejahender Kompetenzkonflikt mangels Identität des Streitgegenstandes; rechtmäßige Inanspruchnahme der Zuständigkeit durch den VwGH bzw. ein ordentliches Gericht, die die ihnen vorliegende Rechtssache nach jeweils anderen Rechtsnormen zu beurteilen haben VerfGG §27 iVm. §52 zweiter Satz idF des ArtI Z8 des BG BGBl. 18/1958; Kostenersatzanspruch eines am Verfahren Beteiligten gegen die (iS des §48 VerfGG) antragstellende Partei auch im Fall der Zurückweisung des AntragesRechtssatz
Zurückweisung eines Antrages auf Entscheidung eines bejahenden Kompetenzkonfliktes zwischen Bezirksgericht und Agrarbehörde mangels Legitimation.
Nach §48 iVm §42 Abs2 VfGG ist die vorherige Antragstellung an die in Betracht kommende oberste Verwaltungsbehörde zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Parteiantrages auf Entscheidung des Kompetenzkonfliktes. Daß sich die Antragsteller mit einem entsprechenden Begehren an diese Behörde gewandt haben, bringen sie weder selbst vor noch ergeben sich dafür Anhaltspunkte aus den Verwaltungsakten.
Abweisung des Antrages auf Bewilligung der Verfahrenshilfe.
Über die als Anzeige eines Kompetenzkonfliktes iSd §43 Abs3 VfGG zu wertende "Äußerung" der Antragsteller ist nicht formell zu entscheiden, weil §43 VfGG der beteiligten Partei kein Antragsrecht einräumt und auch kein Fall des §48 VfGG gegeben ist. Der Verfassungsgerichtshof hat vielmehr von Amts wegen das Verfahren zur Entscheidung des bejahenden Kompetenzkonfliktes einzuleiten, sobald er von seinem Entstehen Kenntnis erlangt. Im vorliegenden Fall ist die Anzeige gegenstandslos, weil ein bejahender Kompetenzkonflikt zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und einem anderen Gericht nicht vorliegt (vgl. dazu VfSlg. 2956/1956).
Ein bejahender Kompetenzkonflikt zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und einem anderen Gericht kann gemäß §43 Abs1 VfGG nur dann entstehen, wenn beide beteiligten Gerichte die Entscheidung derselben Sache für sich in Anspruch genommen haben (zB VfSlg. 1720/1948). Für die Identität der Sache ist aber nicht der meritorische Inhalt der zu gewärtigenden oder ergangenen Entscheidung maßgebend, sondern nur die formalrechtliche Frage der Zuständigkeit: Ein bejahender Kompetenzkonflikt kann infolgedessen nur gegeben sein, wenn eine der beiden angerufenen Stellen zu Unrecht ihre Zuständigkeit (in derselben Sache) in Anspruch nimmt (VfSlg. 9415/1982 mwH).
Allein schon der Umstand, daß jedes der angerufenen Gerichte (das sind das Bezirksgericht und der Verwaltungsgerichtshof) die ihm vorliegende Rechtssache (Anspruch auf Unterlassung der Benützung einer bestimmten Grundfläche zu Holzlieferungs- und Holzlagerungszwecken bzw. Bringungsrechte nach dem Ktn. GSLG 1969) jeweils nach anderen Rechtsnormen zu beurteilen hat, schließt hier die (behauptete) Identität des Streitgegenstandes aus. Daraus folgt, daß ein bejahender Kompetenzkonflikt nicht vorliegt (VfSlg. 1720/1948).
Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Spittal/Drau nach dem Klagebegehren über einen vom Eigentümer behaupteten, aus den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (§523 ABGB; siehe dazu etwa Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts8, II, 91) erfließenden Anspruch auf Unterlassung der Benützung einer bestimmten Grundfläche zu Holzlieferungs- und Holzlagerungszwecken zu entscheiden, der behauptetermaßen deshalb besteht, weil sich diese Benützung nicht auf einen privatrechtlichen Titel - eine entsprechende Dienstbarkeit - zu stützen vermag. Entgegen dem Vorbringen der Antragsteller in ihrem vorbereitenden Schriftsatz vom 18.04.88 ist Inhalt des Klagebegehrens keineswegs die im §12 des (Kärntner) Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969 vorgesehene, in die Zuständigkeit der Agrarbehörde fallende Aufhebung einer derartigen Dienstbarkeit. Somit hat das Bezirksgericht Spittal/Drau über eine Frage zu entscheiden, die jedenfalls in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt.
Der mit einer Beschwerde nach Art130 Abs1 lita B-VG angerufene Verwaltungsgerichtshof hat die Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Landesagrarsenates zu prüfen, wobei dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteianträge zugrundeliegen, die (jedenfalls primär) auf die Feststellung des Bestehens eines öffentlich-rechtlichen begründeten (vgl. dazu etwa Walter-Mayer, Grundriß des besonderen Verwaltungsrechts2, 277) Bringungsrechtes iSd §1 des (Kärntner) Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1969 gerichtet sind. Die Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid des Landesagrarsenates fällt jedenfalls in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes.
Kostenzuspruch an die beteiligte Partei.
Der Verfassungsgerichtshof hält es für geboten, den an sich nicht eindeutigen Wortlaut des §52 zweiter Satz VfGG in dem Sinn auszulegen, daß der Gesetzgeber damit die Möglichkeit eröffnete, in Verfahren zur Entscheidung eines iSd §48 VfGG durch die Partei anhängig gemachten Kompetenzkonfliktes der antragstellenden Partei den Ersatz der anderen Beteiligten erwachsenen Kosten nicht nur bei Zurückziehung, sondern - wie dies im gegebenen Fall zutrifft - auch bei Erfolglosigkeit ihres Antrages infolge Zurückweisung aufzuerlegen. Der Kostenersatzanspruch eines am Verfahren Beteiligten kann nämlich nicht davon abhängen, ob der Antrag, dessen (von seinem Willen unabhängige) Einbringung für ihn Kosten nach sich zog, aus dem einen oder dem anderen Grund erfolglos geblieben ist.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Kompetenzkonflikt, Auslegung eines Antrages, Agrarbehörden, Zuständigkeit Agrarbehörden, Zivilrecht, Servitutenregulierung, Verwaltungsgerichtshof, Zuständigkeit, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:KI4.1987Dokumentnummer
JFR_10118794_87K00I04_01