Index
32 SteuerrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
GewerbesteuerG 1953 §2 Z6; BAO §§34 bis 47; Einräumung abgabenrechtlicher Begünstigungen als Folge der - rechtlich durchsetzbaren - Anerkennung als Religionsgesellschaft verfassungsrechtlich unbedenklichRechtssatz
Gegen die Unterscheidung zwischen anerkannten und nichtanerkannten Religionsgesellschaften bestehen an sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. VfSlg. 6919/1972, S. 1169, und 9185/1981, S. 659); sie ist vielmehr verfassungsrechtlich durch Art15 StGG vorgegeben.
Art15 StGG garantiert zwar allen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bestimmte Rechte. Über die Frage aber, wie die Anhänger eines Bekenntnisses die gesetzliche Anerkennung erwirken können, enthält das StGG keine Bestimmungen.
Die (im Verfassungsrang stehenden) Art63 und Art66 des Staatsvertrages von St. Germain vom 10.09.1919, StGBl. 303/1920, brachten gegenüber der vorher auf diesem Gebiet bestehenden Rechtslage nur insofern Neues, "als sie das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, das nach Art15 StGG nur den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften gestattet war, auf alle religiösen Vereinigungen und überhaupt auf alle Einwohner des Staates ausdehnen, falls nicht Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder die guten Sitten dem entgegenstehen" (vgl. VfSlg. 802/1927, 6919/1972). Gleiches gilt für Art9 MRK.
Gegen die abgabenrechtliche Begünstigung von Religionsgesellschaften bringen auch die beschwerdeführenden Vereine nichts vor. Dem Gesetzgeber kann nicht entgegentreten werden, wenn er - schon um einen Mißbrauch hintanzuhalten - für die Einräumung abgabenrechtlicher Begünstigungen die bloße Behauptung einer steuerpflichtigen Vereinigung, sie sei eine Religionsgesellschaft, nicht ausreichend sein läßt, sondern hiefür eine entsprechende Prüfung vorsieht; diese aber kann sinnvoll nicht im jeweiligen Einzelfall den Finanzbehörden überlassen werden; dann aber ist es geradezu selbstverständlich, die abgabenrechtlichen Begünstigungen als Folge der Anerkennung als Religionsgesellschaft vorzusehen.
Die Anerkennung ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen rechtlich durchsetzbar.
Das AnerkennungsG geht vom Grundsatz aus, daß die Anerkennung nicht im Weg eines Spezialgesetzes erfolgt, sondern daß im jeweiligen Fall von der Verwaltung zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des AnerkennungsG für eine Anerkennung vorliegen oder nicht. Sind die Voraussetzungen gegeben, so besteht ein Rechtsanspruch auf Anerkennung.
Wird die Anerkennung - sogleich - durch Verordnung ausgesprochen, erübrigt sich die Erlassung eines Bescheides gegenüber dem Antragsteller. Gelangt die Behörde jedoch zum Ergebnis, daß es an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung mangelt, so hat sie über den Antrag bescheidmäßig (negativ) abzusprechen. Der Antragsteller kann also - entgegen der vom Verwaltungsgerichtshof in den Erk. VwSlg. 2965 A/1953 und 10833 A/1982 vertretenen Meinung - im Weg der Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof seinen Rechtsanspruch auf Anerkennung der Religionsgesellschaft durchsetzen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür gegeben sind.
Eine andere Auslegung verstieße einerseits gegen den Grundsatz, daß Gesetz im Zweifel verfassungskonform auszulegen sind; würde die Rechtsordnung diese Rechtsschutzmöglichkeit nicht einräumen, dürften - wie oben ausgeführt - an die Unterscheidung zwischen anerkannten und nichtanerkannten Religionsgesellschaften keine Rechtsfolgen geknüpft werden. Eine gegenteilige Interpretation würde auch das aus Art18 B-VG fließende Prinzip verletzen, daß ein vom Gesetz eingeräumter Anspruch (wie hier auf Anerkennung als Religionsgesellschaft bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen) auch rechtlich durchsetzbar sein muß.
Der Antragsteller kann im Weg der Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof seinen Rechtsanspruch auf Anerkennung der Religionsgesellschaft durchsetzen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür gegeben sind.
Ein vom Gesetz eingeräumter Anspruch (wie hier auf Anerkennung als Religionsgesellschaft bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen) muß auch rechtlich durchsetzbar sein.
Keine Bedenken gegen die abgabenrechtliche Begünstigung von Religionsgesellschaften in den §§34 und 38 BAO iVm §2 Z6 GewStG 1953.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Religionsgesellschaften, Abgabenwesen, LegalitätsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:B13.1988Dokumentnummer
JFR_10118788_88B00013_01