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21 Handels- und WertpapierrechtNorm
B-VG Art18 Abs1Leitsatz
BörseG, RGBl. 67/1875; Börsen sind öffentlich-rechtlich eingerichtete Institutionen; Aufhebung der Z2 und 5 des §2 wegen nicht ausreichender gesetzlicher Determinierung des Verordnungsinhalts im Hinblick auf Art18 B-VG BörseO(Statut für die Wr. Börse, I. Teil), kundgemacht im Verordnungsblatt der Wr. Börsekammer Teil I Nr. 550/1984; Verordnung - Aufhebung zur Gänze gem. Art139 Abs3 B-VG wegen der rein formalgesetzlichen Delegation des §2 BörseGRechtssatz
Es ist dem Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung nicht verwehrt, die Aufgaben der Börse auch privatautonom errichteten Institutionen zu überlassen und sich auf die wirtschaftsaufsichtsrechtliche Überwachung der Gestion solcher Einrichtungen zu beschränken oder ihnen allenfalls durch Gesetz auch bestimmte einzelne Hoheitsbefugnisse zu übertragen.
Börsen sind durch Gesetz und Verordnung öffentlich-rechtlich eingerichtet.
An dieser Qualifikation ändert auch nichts, daß die Börsen neben Hoheitsaufgaben auch Geschäfte mit den Mitteln des Privatrechts besorgen können.
Die Ziffern 2 und 5 des §2 des Gesetzes vom 01.04.1875 betreffend die Organisierung der Börsen, RGBl. Nr. 67/1875, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Die in Prüfung gezogenen Bestimmungen des BörseG genügen den Anforderungen des Art18 B-VG nicht und sind deshalb verfassungswidrig.
§2 des BörseG bestimmt in Z2 lediglich, daß das Statut die Bedingungen für die Mitgliedschaft festzulegen hat, ohne an dieser oder auch an einer anderen Stelle des Gesetz irgendwelche Bestimmungen über den Inhalt dieser Bedingungen zu enthalten. Auf eine solche vage gesetzliche Grundlage, die geradezu das Musterbeispiel einer formalgesetzlichen Delegation zu sein scheint, Bestimmungen über die geschäftliche Vertrauenswürdigkeit, über Zulassungsfristen oder über eine für die Zulassung erforderliche Bedarfsprüfung zu stützen, steht mit Art18 B-VG nicht im Einklang. Gleiches gilt auch für §2 Z5, demzufolge das Statut "die Börseleitung und ihre Organe, die Art ihrer Bestellung und den Umfang ihrer Rechte und Pflichten" bestimmen muß.
Aufhebung des §2 Z2 und Z5 BörseG (Erlassung einer BörseO, Bestellung von Börseorganen, Festlegung von deren Rechten und Pflichten) wegen mangelnder Bestimmtheit.
Die BörseO (Statut für die Wr. Börse, I. Teil), beschlossen von der Vollversammlung der Wr. Börsekammer am 30.10.84, kundgemacht im Verordnungsblatt der Wr. Börsekammer Teil I Nr. 550/1984, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
In all jenen Fällen, in denen die festgestellte Gesetzwidrigkeit der präjudiziellen Verordnungsstelle offenkundig auch alle übrigen Bestimmungen der Verordnung erfaßt, ist die ganze Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Eine solche Situation liegt - angesichts der rein formalgesetzlichen Ermächtigung des §2 BörseG - hier vor, weshalb der Verfassungsgerichtshof die BörseO insgesamt als gesetzwidrig aufzuheben hatte.
Aufhebung des Teils I des Statuts der Wr. Börse = BörseO vom 30.10.84 nach Aufhebung der gesetzlichen Grundlage dieser Verordnung (§2 BörseG).
§2 des BörseG stellt eine Ermächtigung zur Festlegung des Börsestatuts durch Verordnung dar und dieses Statut weist Verordnungsqualität auf.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Hoheitsverwaltung, Privatautonomie, Kreditwesen, Bankwesen, Privatrecht - öffentliches Recht, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Verwerfungsumfang, VerordnungbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1988:G169.1988Dokumentnummer
JFR_10118787_88G00169_01