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66 SozialversicherungNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter durch Zurückweisung eines Antrags von Ärzten auf Zustellung eines Bescheides betreffend das Bestehen eines Einzelvertrages zwischen der Krankenkasse und einem anderen Arzt; keine gesetzwidrige Zusammensetzung der Landesberufungskommission infolge Vorsitzführung durch einen mittlerweile in den dauernden Ruhestand versetzten RichterSpruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit einem - sowohl an die Ärztekammer für Wien als auch an die Wiener Gebietskrankenkasse gerichteten - Schreiben vom 24. April 2001 hatte Univ.-Prof. Dr. A mitgeteilt, "[s]eine Kassenverträge im Interesse einer Gruppenpraxis zum ehestmöglichen Termin kündigen zu wollen". Weiters hieß es in diesem Schreiben, die Gruppenpraxis solle von Dr. A - dem Sohn des Unterzeichneten - und Dr. O betrieben werden.
Mit einem weiteren - an dieselben Stellen gerichteten - Schreiben vom 31. Oktober 2001 erklärte Univ.-Prof. Dr. A, die Kündigung seines Vertrages "zurückzuziehen", weil die vorgesehene Gruppenpraxis nicht zustande gekommen sei.
Nachdem die Wiener Gebietskrankenkasse erklärt hatte, diese "Zurückziehung" der Kündigung als unwirksam zu betrachten, stellte Univ.-Prof. Dr. A bei der paritätischen Schiedskommission für Wien den Antrag, diese möge bescheidmäßig feststellen, dass sein Vertragsverhältnis mit der Wiener Gebietskrankenkasse "über den 30. Juni 2001 hinaus ungekündigt und vollinhaltlich aufrecht besteht".
Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid der Landesberufungskommission für Wien vom 7. November 2002, LBK-W1/02, wurde diesem Antrag stattgegeben.
2. Mit einem - an die paritätische Schiedskommission für Wien gerichteten - Schriftsatz vom 19. September 2002 beantragten die Beschwerdeführer - Fachärzte für Radiologie mit Sitz in Niederösterreich -, die Feststellungen,
-
dass das Kassenvertragsverhältnis zwischen der Wiener Gebietskrankenkasse und Univ.-Prof. Dr. A hinsichtlich der in Rede stehenden Kassenplanstelle in Wien 22 beendet ist, und
-
dass die Beschwerdeführer in einem aufrechten Kassenvertragsverhältnis zur Wiener Gebietskrankenkasse hinsichtlich einer Kassenplanstelle für Radiologie in Wien 22 stehen und berechtigt sind, diese Tätigkeit - wo immer - in Wien 22 auszuüben.
Begründend wurde dazu ausgeführt, die in Rede stehende Kassenplanstelle sei den Beschwerdeführern - mit Schreiben der Ärztekammer für Wien vom 9. November 2001 - "rechtswirksam zugesprochen" worden. Die Beschwerdeführer stünden daher in einem Vertragsverhältnis zur Wiener Gebietskrankenkassen; "in eventu" hätten sie "jedenfalls" Anspruch darauf, dass mit ihnen ein entsprechender Kassenvertrag geschlossen werde. Der bisherige Ordinationsinhaber, Univ.-Prof. Dr. A, sei jedoch der Auffassung, weiterhin Inhaber der in Rede stehenden Kassenplanstelle zu sein, und habe zur Durchsetzung seines Rechtsstandpunktes die paritätische Schiedskommission angerufen. Die Beschwerdeführer hätten daher ein rechtliches Interesse an der Nichtdurchsetzung dieses Standpunktes.
Das zuletzt erwähnte - beiden Beschwerdeführern gesondert zugegangene - Schreiben der Ärztekammer für Wien lautet auszugsweise:
"Sehr geehrte(r) ...
Die Sektion Fachärzte der Ärztekammer für Wien erlaubt sich Ihnen höflich mitzuteilen, dass Ihnen gemeinsam mit ... im Einvernehmen mit der Wiener Gebietskrankenkasse die Gruppenpraxis-Kassenplanstelle
Medizinische Radiologiediagnostik
1220 Wien, ...
zugesprochen wurde, nachdem die Verhandlungen mit dem erstgereihten Bewerberpaar gescheitert sind.
Wir dürfen Sie ersuchen, ... mit dem derzeitigen Ordinationsinhaber
Univ.-Prof. Dr. G A
zwecks Übergabemodalitäten Verhandlungen aufzunehmen und [sich mit ihm] ins Einvernehmen zu setzen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
..."
Mit dem im Devolutionsweg (§§344 Abs3, 345 Abs2 Z2 ASVG) ergangenen Bescheid vom 22. Dezember 2003 wies die Landesberufungskommission den Antrag auf Feststellung, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Wiener Gebietskrankenkasse und Univ.-Prof. Dr. A beendet ist, zurück; die weiteren Feststellungsbegehren wurden abgewiesen.
Die Zurückweisung des ersten Feststellungsbegehrens wird im Wesentlichen damit begründet, dass zwischen den Beschwerdeführern und Univ.-Prof. Dr. A kein Vertragsverhältnis bestehe, sodass die Zuständigkeit der paritätischen Schiedskommission bzw. der Landesberufungskommission von Vornherein nicht gegeben sei.
Zur Abweisung der weiteren Feststellungsbegehren heißt es wörtlich:
"Kassenverträge können nicht in beliebiger Anzahl abgeschlossen werden. Vielmehr ist gemäß §342 ASVG im jeweils bestehenden Gesamtvertrag zwischen der Krankenkasse und der Ärztekammer die Anzahl und die Verteilung der Vertragsarztstellen in Form von Planstellen zahlenmäßig limitiert und geregelt (Mosler, Probleme der 'Vergabe' von Kassenverträgen an Ärzte/Ärztinnen, DRdA 1996, 430). Einzelverträge, die nicht im Rahmen des jeweils geltenden Gesamtvertrages abgeschlossen werden, bedürften der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer[,] um wirksam zu sein (§343 Abs1 ASVG). Eine im Gesamtvertrag enthaltene Planstelle kann daher nur einmal vergeben werden (SSV-NF 8/B 11). Eine mehrmalige Vergabe bzw. eine Vergabe einer nicht im Gesamtvertrag enthaltenen Planstelle wäre ein gesamtvertragswidriger Einzelvertrag und daher gemäß §341 Abs3 ASVG rechtsunwirksam (Funk, Rechtsstaatliche Anforderungen an die Vergabe von Kassenverträgen, VR 3/1[9]95, 51f).
Selbst wenn die [Wiener Gebietskrankenkasse] den Antragstellern die gegenständliche Planstelle zugesprochen hätte, so fehlte auch noch der formelle schriftliche Vertragsabschluss, der erst die Rechtsgültigkeit des Einzelvertrages bewirkt (§338 Abs1 ASVG). Der Vorgang spielte sich nur im Vorfeld eines Kassenvertrages, dem Auswahl- und Vergabeverfahren[,] ab, der einem förmlichen Vertragsabschluss vorangeht[,] und kann daher noch nicht als Vertragsabschluss angesehen werden. Soweit die Antragsteller ihre Bewerbungsurkunde und das Schreiben der Ärztekammer von 9. November 2001 in der Gesamtheit als schriftlichen Vertrag ansehen, so übersehen sie, dass es sich bei diesem Schreiben nur um ein solches der Ärztekammer handelt, die jedoch nicht vertragsabschließende Partei eines Einzelvertrages ist. Auch die Berufung auf ein Einvernehmen mit der [Wiener Gebietskrankenkasse] beim 'Zuspruch' der Planstelle ersetzte nicht einen Vertragsabschluss durch die [Wiener Gebietskrankenkasse]. Jede Vergabe einer Planstelle kann nur im Rahmen des Stellenplanes erfolgen, sohin unter der in der Abschlussnorm, dem Gesamtvertrag, vorgegebenen Bedingung, dass diese Planstelle auch frei ist. Dass die Ärztekammer und auch die [Wiener Gebietskrankenkasse] infolge der Kündigung des Kassenvertrages durch Dr. A irrtümlich von einer freien Kassenstelle ausgingen, ändert nichts daran, dass mangels Rechtswirksamkeit der Kündigung der Kassenvertrag mit Dr. A in Wahrheit fortbestand und diese Planstelle daher nicht rechtswirksam vergeben werden konnte. Ein Zuspruch konnte daher nur unter der Gesetzesbedingung, dass die Planstelle frei war[,] geschehen. Dies war nicht der Fall. Eine Grundlage, festzustellen, dass die Antragsteller in einem aufrechten Kassenvertragsverhältnis stehen oder sie die kassenvertragsärztliche Tätigkeit wo auch immer im 22. Bezirk ausüben können, besteht daher nicht. ..."
3. Gegen diesen - keinem weiteren Rechtszug unterliegenden (§345 Abs3 iVm §346 Abs7 ASVG) - Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, worin die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, worin sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Beschwerdeabweisung beantragt. Univ.-Prof. Dr. A sowie die Wiener Gebietskrankenkasse haben als Beteiligte schriftliche Äußerungen zum Gegenstand erstattet.
Die Beschwerdeführer haben dazu eine Replik erstattet.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt das durch Art83 Abs2 B-VG verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter unter anderem dann, wenn der Bescheid von einer unrichtig zusammengesetzten Kollegialbehörde erlassen worden ist (dazu zuletzt etwa VfGH 25. Juni 2003, B1810/02 mwN).
1.1. Die Beschwerde kritisiert unter dem Gesichtspunkt des soeben genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes zunächst, dass die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid unter dem Vorsitz eines mittlerweile in den dauernden Ruhestand versetzten Richters des OGH erlassen habe. Die Behörde sei damit nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzt gewesen.
1.1.1. §345 Abs1 ASVG idF der 48. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 642/1989, hatte über die Zusammensetzung der Landesberufungskommission Folgendes bestimmt:
"Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter des Dienststandes als Vorsitzendem und aus vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muß ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer werden von der zuständigen Ärztekammer und dem Hauptverband entsendet."
Mit der 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, wurde §345 Abs1 ASVG zur Gänze neu erlassen und lautet nunmehr - seit 1. September 2002 - wie folgt:
"Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter als Vorsitzendem und vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muss ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer sind vom Bundesminister für Justiz auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes zu bestellen. Versicherungsvertreter(innen) und Arbeitnehmer(innen) jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer(innen) jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem der streitgegenständliche Einzelvertrag beruht, dürfen im jeweiligen Verfahren nicht Beisitzer sein."
§16 Abs1 der - auf Grund des §347 Abs4 ASVG erlassenen - Verordnung des damals zuständigen Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Geschäftsordnungen der in den §§344, 345, 345a und 346 ASVG vorgesehenen Schiedskommissionen (Schiedskommissionsverordnung - SchKV), BGBl. Nr. 128/1991, lautet:
"Die Landesberufungskommission besteht aus dem gemäß §345 Abs1 ASVG vom Bundesminister für Justiz als Vorsitzenden (Stellvertreter) bestellten Richter des Dienststandes und aus vier Beisitzern. Je zwei Beisitzer sind von der in Betracht kommenden gesetzlichen Interessenvertretung und vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu entsenden. Die Amtsdauer beträgt fünf Jahre."
1.1.2. Die belangte Behörde hat in ihrer Gegenschrift vorgebracht, dass ihr - für die Funktionsperiode vom 1. Jänner 2000 bis 31. Dezember 2004 bestellter - Vorsitzender seit 1. Jänner 1993 beim OGH in arbeits- und sozialrechtlichen Rechtsmittelsenaten tätig gewesen und mit 1. Jänner 2002 als Richter in den dauernden Ruhestand versetzt worden sei. Da der Vorsitzende der belangten Behörde somit zumindest im Zeitpunkt seiner Bestellung Richter des Dienststandes war, hat die Zusammensetzung der belangten Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunktes vgl. VfGH 25. Juni 2003, B1810/02 mwN) dem soeben wiedergegebenen §345 Abs1 ASVG entsprochen.
Die zuletzt genannte Bestimmung setzt sich bei diesem Verständnis auch nicht in Widerspruch zu Art20 Abs2 bzw. Art133 Z4 B-VG: Wie der Verfassungsgerichtshof nämlich bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 11.933/1988 ausgesprochen hat, genügt es, wenn das - wie hier - eine sogenannte Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag einrichtende Gesetz vorsieht, dass mindestens ein Mitglied zum Zeitpunkt seiner Bestellung aktiver Richter ist. Der Gesetzgeber ist demnach nicht verpflichtet, den Amtsverlust oder die Enthebung dieses Mitgliedes anzuordnen, wenn dieses Mitglied - als Richter - in den Ruhestand versetzt wird.
1.1.3. Der Verfassungsgerichtshof ist schließlich der Auffassung, dass durch §345 Abs1 ASVG idF der 60. Novelle der Bestimmung des - noch §345 Abs1 ASVG idF der 48. Novelle zum ASVG entsprechenden - §16 Abs1 SchKV materiell derogiert worden ist. Der belangten Behörde ist darin zuzustimmen, dass die Worte "des Dienststandes" in §16 Abs1 SchKV die vormals in Geltung gestandenen gesetzlichen Bestimmungen über die Zusammensetzung der Landesberufungskommission nicht etwa (wie die Beschwerde meint) präzisieren, sondern lediglich wiedergeben.
1.2. Die Beschwerde zieht weiters in Zweifel, dass dem angefochtenen Bescheid eine kollegiale Willensbildung zugrunde liegt:
Die belangte Behörde sei zuletzt am 17. Dezember 2003 zusammengetreten, der Bescheid hingegen mit dem Datum 22. Dezember 2003 versehen. Daher sei anzunehmen, dass der Vorsitzende - unzuständigerweise - allein in dieser Angelegenheit entschieden habe.
Dieses Vorbringen ist unberechtigt: Wie sich aus den Verwaltungsakten, insbesondere aus dem Beratungsprotokoll, ergibt, ist die angefochtene Erledigung bereits in der nichtöffentlichen Sitzung der belangten Behörde vom 17. Dezember 2003 beschlossen worden. Allein die schriftliche Ausfertigung des Bescheides ist vom Vorsitzenden der belangten Behörde mit 22. Dezember 2003 datiert worden. Der angefochtene Bescheid ist somit durch einen Kollegialbeschluss gedeckt.
2. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter weiters dann, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (zB VfSlg. 9696/1983), etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 10.374/1985, 11.405/1987).
Die Beschwerdeführer sehen sich in diesem Recht deshalb verletzt, weil ihr Antrag auf Feststellung, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Wiener Gebietskrankenkasse und Univ.-Prof. Dr. A beendet sei, von der belangten Behörde wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden ist.
Gemäß §344 Abs1 erster Satz ASVG entscheidet die paritätische Schiedskommission (ebenso wie die ihr im Instanzenzug übergeordnete Landesberufungskommission) über Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen. Antragsberechtigt sind "die Parteien des Einzelvertrages" (§344 Abs1 letzter Satz ASVG).
Diese Bestimmung ist zwar - wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat (siehe zuletzt VfGH 25. November 2003, V87/03 mwN) - weit auszulegen, sie erfasst jedoch nur solche "Streitigkeiten", die zwischen den Parteien eines Einzelvertrages entstanden sind und mit diesem in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang stehen. Wie sich insbesondere aus §341 Abs3 ASVG ergibt, ist ein Einzelvertrag zwischen einem Träger der sozialen Krankenversicherung und einem Arzt abzuschließen. Die paritätische Schiedskommission kann daher nur entweder von einem Krankenversicherungsträger gegen einen Vertragsarzt oder von einem Vertragsarzt gegen einen Krankenversicherungsträger angerufen werden; die Entscheidung über Streitigkeiten unter Vertragsärzten (oder unter Versicherungsträgern; siehe dazu §416 ASVG) fällt dagegen nicht in die Zuständigkeit der genannten Behörde.
Die belangte Behörde hat daher ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über das eingangs wiedergegebene - den Kassenvertrag eines anderen Arztes betreffende - Feststellungsbegehren zu Recht verneint.
3. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift irrig einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes
(zB VfSlg. 8808/1980 mwN; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987).
Keiner dieser Mängel liegt hier vor:
Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrages auf Feststellung, dass die Beschwerdeführer in einem Vertragsverhältnis zur Wiener Gebietskrankenkasse stehen, ua. damit, dass die in Rede stehende Kassenplanstelle nach wie vor Univ.-Prof. Dr. A zugewiesen sei und es der Behörde - insbesondere aus dem Grunde des §343 Abs1 ASVG - verwehrt sei, die im Gesamtvertrag festgelegte Zahl der Vertragsärzte zu vermehren.
Dieser Begründung hält die Beschwerde im Wesentlichen das Gebot entgegen, dass Personen, die von einem Verwaltungsakt in ihren Rechten berührt seien, in einem weiteren, an diesen Verwaltungsakt anknüpfenden Verfahren jene Einwendungen zustünden, die sie im vorausgegangenen Verfahren mangels Beteiligung nicht erheben konnten. Die belangte Behörde habe nun - mit Bescheid vom 7. November 2002, LBK-W1/02 - festgestellt, dass die von Univ.-Prof. Dr. A erklärte Kündigung seines Kassenvertrages nicht rechtswirksam sei. Da den Beschwerdeführern die Teilnahme an diesem Verfahren (zu Unrecht) verweigert worden sei, sei die Behörde zumindest bei Entscheidung über den vorliegenden Feststellungsantrag der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, "den Beschwerdeführern das Vorbringen von Einwänden gegen die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung des Kassenvertrags durch Univ.-Prof. Dr. A zu ermöglichen und diese Einwände auch im Bescheid zu berücksichtigen". Durch das "Abschneiden des diesbezüglichen Vorbringens" der Beschwerdeführer habe die belangte Behörde dem Gesetz zu Unrecht einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt.
Dieser Auffassung ist nicht beizutreten:
Wie sich aus dem hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2004, B1660/03, ergibt, hat die belangte Behörde die Parteistellung der Beschwerdeführer in dem zu LBK-W1/02 geführten Verfahren - gemessen an den Kriterien des §8 AVG - zu Recht verneint: Die in diesem Verwaltungsverfahren entschiedene Frage, ob Univ.-Prof. Dr. A in Folge der Unwirksamkeit der Kündigung seines Einzelvertrages noch in einem Vertragsverhältnis zur Wiener Gebietskrankenkasse steht, ließ nämlich die rechtlichen Interessen der Beschwerdeführer (mit denen die Wiener Gebietskrankenkasse noch keinen Einzelvertrag betreffend die bisher Univ.-Prof. Dr. A zugeteilte Kassenplanstelle geschlossen hatte) unberührt. Damit trifft aber schon die Prämisse der Beschwerdeführer nicht zu, sie seien durch die zu LBK-W1/02 ergangene Entscheidung der belangten Behörde in "Rechten" berührt worden.
4. Die behaupteten Rechtsverletzungen liegen daher nicht vor. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt hätte.
Die Beschwerdeführer sind somit durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Ob die Behörde das Gesetz in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie vorliegend - gegen den Bescheid einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag richtet, der gemäß Art133 Z4 B-VG nicht mit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bekämpft werden kann (zB VfSlg. 3975/1961, 6760/1972, 7121/1973, 7654/1975, 9541/1982 mwN).
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
5. Dem Beteiligten Univ.-Prof. Dr. A waren Kosten für den ihm nicht abverlangten Schriftsatz nicht zuzusprechen (VfSlg. 13.355/1993, 13.847/1994, 14.976/1997; zuletzt etwa VfSlg. 16.499/2002).
6. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
Schlagworte
Derogation materielle, Kollegialbehörde, Behördenzusammensetzung, Sozialversicherung, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Sozialversicherung, Behördenzuständigkeit, Rechte subjektive öffentlicheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:B225.2004Dokumentnummer
JFT_09959372_04B00225_00