RS Vfgh 1989/3/1 V25/88

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Veröffentlicht am 01.03.1989
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Verfahren gesetzwidrig
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23.10.1984
BVG Umweltschutz §1
Vlbg Landesverfassung Art7
Vlbg RaumplanungsG §2 Abs2 litb
Vlbg RaumplanungsG §16 Abs5
Vlbg RaumplanungsG §19 Abs6
Vlbg RaumplanungsG §21 Abs1

Leitsatz

Aufhebung von Teilen der Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23.10.1984 betreffend die Änderung einer Widmung von "Freifläche-Freihaltegebiet" in "Baufläche-Wohngebiet" wegen der mangelhaften Entscheidungsgrundlagen; fehlende Gutachten zu Umwelt- und Landschaftsschutzaspekten

Rechtssatz

Der Antrag richtet sich (gemäß §57 Abs1 Satz 1 VfGG 1953) gegen bestimmte Stellen, und zwar hinreichend konkret bezeichnete Partien eines Flächenwidmungsplanes, demnach gegen abtrennbare Teile einer Verordnung iS des Art139 B-VG (vgl. VfSlg. 8280/1978, 10.910/1986 uam.; s. auch VfGH 30.9.1987 V17/87, 1.12.1988 V18/88).

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen zutreffen, ist der Antrag zulässig.

Die von der Vorarlberger Landesregierung mit Bescheid vom 18.04.1985, ZVIIa 310.13, genehmigte Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 23.10.1984 wird, soweit sie für die - bis dahin als "Freifläche-Freihaltegebiet" gewidmet gewesenen - Grundstücke Gpn. 570/3, 570/4 und 594/3, KG Bregenz, die Widmung "Baufläche-Wohngebiet" festlegt, als gesetzwidrig aufgehoben.

Das Gesetz verleiht Flächenwidmungsplänen im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich (erhöhte) Bestandskraft, indem es Änderungen nur unter bestimmt umschriebenen Voraussetzungen vorsieht und gestattet: Die gesetzlichen Änderungsbedingungen teilen sich in solche, die den Verordnungsgeber zur Abänderung zwingen (arg. "ist" - §21 Abs1 Satz 2 Vbg RaumplanungsG), und andere, die eine derartige Maßnahme nicht notwendig erfordern, sondern seinem pflichtgemäßen freien Ermessen überlassen (arg. "darf" - §21 Abs1 Satz 1 Vbg RaumplanungsG). Die in §21 Abs1 Vbg RaumplanungsG festgeschriebenen "wichtigen Gründe", deren Vorliegen den Normsetzer zur Planänderung zwar nicht verpflichten, wohl aber berechtigen, können etwa in einer Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse erblickt werden, die graduell nicht als geradezu "wesentlich", also besonders schwerwiegend, einzustufen sind. (Handelte es sich um eine "wesentliche" Änderung dieser Art, lägen nämlich die gesondert geregelten Voraussetzungen einer obligatorischen Planänderung (iS des §21 Abs1 Satz 2 Vbg RaumplanungsG) vor.)

Die Frage, ob hier eine Planänderung rechtfertigende "wichtige Gründe" gegeben sind, konnte und durfte der Normsetzer aber auf dem Boden der ihm zur Verfügung stehenden mangelhaften und unzulänglichen Entscheidungsgrundlagen nicht abschließend beantworten (vgl. VfSlg. 8280/1978, 8330/1978, 9361/1982, 9823/1983; VfGH 05.03.1988 B890/86).

Gutachten zu Umwelt- und Landschaftsschutzaspekten fehlen hier. Ihre Einholung war aber im konkreten Fall (vgl. auch §16 Abs5, §2 Abs2 litb iVm. §19 Abs6 litb Vbg RaumplanungsG)

unerläßlich und geboten, wenn bedacht wird, daß das Land nach dem - mit "Ziele und Grundsätze des staatlichen Handelns" überschriebenen - Art7 der Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. 30/1984, Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, insbesondere (auch) zum Schutz der Natur und der Landschaft, fördert (s. §1 Abs1 des BVG vom 27.11.1984, BGBl. 491/1984, über das Bekenntnis der Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zum umfassenden Umweltschutz - s. VfSlg. 10.791/1986, VfGH 11.03.1987 G169/86, V70/85) und daß die Norm des §2 Abs2 litb Vbg RaumplanungsG den Schutz der Umwelt, namentlich durch möglichste Schonung des Naturhaushaltes und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen als eigenes Raumplanungsziel statuiert (vgl. auch §19 Abs6 litb Vbg RaumplanungsG: Die Landesregierung hat die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes zu versagen, wenn "überörtliche Interessen, insbesondere solche des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes, verletzt" würden).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Planungsakte / Verfahren, (Flächenwidmungsplan), Umweltschutz, Verordnung / Erlassung, VfGH / Prüfungsgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V25.1988

Dokumentnummer

JFR_10109699_88V00025_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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