RS Vfgh 1989/3/1 KR2/87

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Veröffentlicht am 01.03.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/08 Volksanwaltschaft, Rechnungshof

Norm

B-VG Art121 Abs1
B-VG Art126 a
B-VG Art126 b Abs2
VfGG §36 a Abs2

Leitsatz

"Meinungsverschiedenheit" zwischen Rechnungshof und Bundesregierung gegeben; Prüfungszuständigkeit bei Unternehmungen weiterer Stufen im Fall der Beteiligung mit mindestens 50 vH einer Unternehmung, die ihrerseits der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt

Rechtssatz

Zulässigkeit eines Antrages zur Entscheidung einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Rechnungshof und der Bundesregierung betreffend die Zuständigkeit des Rechnungshofes zur Überprüfung der Gebarung der Österreichischen Investitionskredit AG in den Jahren 1978 bis 1986.

Davon ausgehend, daß die Investkredit - nach der gegebenen Sachlage - eine Prüfung ausdrücklich verweigerte, ist festzuhalten, daß der (zweite) Prüfungsversuch des Rechnungshofs vom 22. September 1987, und zwar mit voller Kenntnis der Bundesregierung, iS des §36 a Abs2 (letzter Halbsatz) VerfGG 1953 "behindert" wurde.

Der in Art121 Abs1 B-VG geprägte und sich in Art126 b Abs2 B-VG wiederfindende "Rechtsträger"-Begriff umfaßt vom Wortlaut und Sinngehalt der Norm (des Art121 Abs1 B-VG) her alle Träger von Rechten und Pflichten (siehe VfSlg. 10371/1985 sowie die Literaturhinweise).

Mit Art126 b Abs2 Satz 3 B-VG sollten gewisse Tochterunternehmungen oder solche weiterer Stufe in die Rechnungshofkontrolle einbezogen werden, dh. Unternehmungen, die eine bestimmte Beziehung zu einem derartiger Kontrolle unterliegenden Unternehmen haben (vgl. Walter, Die Kompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung von Tochterunternehmungen, in: Korinek (Hrsg.), Beiträge zum Wirtschaftsrecht, Festschrift für Karl Wenger, Wien 1983, S 316). Keinesfalls lassen sich unter Unternehmungen "jeder weiteren Stufe" iS der Art126 b Abs2 Satz 3 B-VG Gebilde verstehen, die bereits nach anderen Vorschriften unter die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes fallen. Der Verfassungsgerichtshof tritt hier Walter, aaO, S 317, bei, der jene Voraussetzungen, deren es bedarf, um ein Unternehmen (weiterer Stufe) kontrollieren zu dürfen, schon in der mindestens 50 vH betragenden Beteiligung einer Unternehmung erblickt, die ihrerseits der Rechnungshofprüfung unterworfen ist. Dabei werden die Beteiligungen der öffentlichen Hand nicht durchgerechnet; vielmehr genügt es, wenn von Stufe zu Stufe die (von der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes erfaßte) Gesellschaft allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern an der nachgeordneten Unternehmung mit zumindest 50 vH des Grund-, Stamm- oder Eigenkapitals beteiligt ist.

Die Unternehmenskette, auf die sich die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes erstreckt, ist daher bei Subbeteiligungen unbegrenzt (mit weiteren Literaturhinweisen).

Die Neufassung des Art126 b Abs2 B-VG diente vornehmlich dem Ziel, die Ausschaltung der Rechnungshofkontrolle mit Hilfe entsprechender Beteiligungskonstruktionen möglichst hintanzuhalten.

Demgemäß spricht gegen das von der Bundesregierung gesehene Durchrechnungssystem nicht zuletzt auch die Teleologie der geltenden Regelung, nämlich jene Unternehmen in die Rechnungshofkontrolle einzubinden, bei denen die öffentliche Hand - angesichts ihrer Kapitalbeteiligung - eine rechtlich grundgelegte Möglichkeit zur Einflußnahme überhaupt hat.

Art126 b Abs2 Satz 1 B-VG, an den der 3. Satz des Abs2 dieses Verfassungsartikels (mit-)anknüpft, gedenkt nicht bloß jener Unternehmungen, an denen der Bund allein mit mindestens 50 vH beteiligt ist; er erstreckt sich vielmehr expressis verbis auch auf eine Fallkonstellation, in welcher der Bund diese Beteiligungsvoraussetzung (mindestens 50 vH) gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern erfüllt.

Daraus folgt aber, daß der Rechnungshof die Befugnis zur Prüfung der Investkredit - ein Unternehmen, an dem von der Kompetenz des Rechnungshofes umfaßte Rechtsträger mit mehr als 50 vH beteiligt sind - aus den von ihm dargelegten Überlegungen zu Recht in Anspruch nahm.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Rechnungshofzuständigkeit, Rechnungshof / Bund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:KR2.1987

Dokumentnummer

JFR_10109699_87KR0002_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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