RS Vfgh 1989/3/6 B1490/88

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 06.03.1989
beobachten
merken

Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür
RundfunkG §5 Abs1
RundfunkG §15

Leitsatz

Abweisung eines Antrages der Bundeskonferenz der Kammern der Freien Berufe Österreichs auf Zuweisung von Sendezeit für Belangsendungen; Willkür infolge gehäuften Verkennens der Rechtsgrundlagen

Rechtssatz

Abweisung eines Antrages auf Zuweisung von Sendezeit für Belangsendungen iS des §5 Abs1 RundfunkG.

Die Meinung, das Kuratorium solle in Handhabung des §5 Abs1 Satz 1 RundfunkG kein "Signal" für eine Vermehrung von Belangsendungen geben, derartige Sendungen sollten vielmehr überhaupt verringert oder ganz eingestellt werden, setzt sich in offenkundiger Weise über die einfachgesetzliche Rechtslage hinweg, denn §5 Abs1 Satz 1 RundfunkG bietet keine wie immer beschaffene Grundlage für rundfunk- und unternehmenspolitische Entscheidungen der hier getroffenen Art§5 Abs1 Satz 1 RundfunkG verpflichtet den Österreichischen Rundfunk (arg. "hat") vielmehr, einen Teil seiner Sendezeit an Interessenverbände zu vergeben, und räumt ihm begrenzte Entscheidungsfreiheit nur bei Festlegung der Sendezeitdauer ein.

Der für "Belangsendungen" bestimmte Sendezeitteil muß - zwingend - auf die Bewerber entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben aufgeteilt werden (arg. "ist" - §5 Abs1 Satz 2 RundfunkG; vgl. dazu VfSlg. 10948/1986). Das Gesetz regelt also in diesem Punkt das Verhalten des Österreichischen Rundfunks bindend, ein Freiraum für alternatives Vorgehen nach eigener Wertentscheidung wird ihm - insoweit - nicht eingeräumt.

Der - willkürlich herangezogene - Umstand einer behaupteten ausgewogenen gegenwärtigen Zusammensetzung der Belangsendungsträger kann nach §5 Abs1 RundfunkG die Nichtbeteiligung der bisher vollkommen unberücksichtigt gelassenen Interessenverbände der Freien Berufe keinesfalls rechtfertigen. (In gleicher Weise ist der Hinweis der Kommission auf die - hier rechtlich irrelevante - Frage der Kollektivvertragsfähigkeit (der Belangsendungswerber) zu werten.) Ferner erfaßt §15 RFG nicht etwa, wie es der Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes vorzuschweben scheint, Vertreter der Berufstätigen unter Vernachlässigung der Angehörigen der Freien Berufe, sondern gedenkt der Kammern der Freien Berufe ausdrücklich neben (und nach) der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, dem Arbeiterkammertag und dem Gewerkschaftsbund.

Vollkommen verfehlt und ohne jedwede Rechtsgrundlage erweist sich auch die Ansicht, daß nach §5 Abs1 RundfunkG nur Verbände zuzulassen seien, die "erheblichen Einfluß auf die allgemeine Gestaltung des politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens in Österreich" erlangt haben. Nach dem klaren und unmißverständlichen Wortlaut des Gesetzes kann von einem solchen ganz besondere Voraussetzungen normierenden Zulassungskriterium überhaupt nicht die Rede sein. Daß der Rundfunkgesetzgeber den Freien Berufen einen keineswegs gänzlich außer acht zu lassenden Stellenwert beimißt, folgt allein aus den schon zitierten Bestimmungen des §15 RundfunkG, die von der Kommission zur Wahrung des RundfunkG wohl mißverstanden wurden: Daß hier auch Kirchen genannt sind, schließt nicht eine gebührende Berücksichtigung der Angehörigen der Freien Berufe innerhalb der hier allein maßgebenden Gruppe der Berufstätigen aus. In diesem Zusammenhang fehlen letztlich auch ausreichende, für eine vergleichende Betrachtung aller Anspruchswerber notwendige Feststellungen namentlich über die Ziele und Aufgaben der Bundeskonferenz der Kammern der Freien Berufe, wie sie etwa - unter Umständen - in der Vertretung gewichtiger übergreifend-gemeinsamer Anliegen und Interessen der Angehörigen all dieser Berufszweige gesehen werden könnten.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die belangte Behörde die Bestimmung des §5 Abs1 RFG teils unbeachtet ließ, teils ohne taugliche Entscheidungsgrundlagen in mehrfacher Beziehung unrichtig auslegte. Das hat zur Folge, daß ihr infolge dieses gehäuften Verkennens der Rechtsgrundlagen ihrer Entscheidung (objektive) Willkür und somit ein Verstoß gegen Art7 Abs1 B-VG iVm Art2 StGG zur Last fällt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rundfunk, Willkür objektive, Berufe freie, Belangsendezeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1490.1988

Dokumentnummer

JFR_10109694_88B01490_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten