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L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / Verordnung / VerletzungLeitsatz
Aufhebung der Tarifpost 80 der Anlage 1 zu §1 Abs1 der Tir. Landes-VerwaltungsabgabenV 1985; Vorschreibung einer höheren Abgabe - bei gleichem Privatinteresse - für jene Amtshandlung, die mit deutlich niedrigerem Behördenaufwand verbunden ist, sachlich nicht gerechtfertigtRechtssatz
Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, daß eine dem Gleichheitssatz entsprechende, sohin verfassungskonforme Auslegung des §1 Abs1 Tir VerwaltungsabgabenG, LGBl. 24/1968 idF LGBl. 14/1975, erfordert, daß das durch Verordnung festgesetzte Ausmaß der Verwaltungsabgaben in ihrem Verhältnis zueinander sachlich gerechtfertigt ist. Sachliche Gründe für die unterschiedliche Bemessung der Verwaltungsabgaben bilden dabei zweifelsohne das an der Amtshandlung bestehende Privatinteresse, nicht minder aber auch, - da es sich um Abgaben für Amtshandlungen von Verwaltungsbehörden handelt -, der mit der Amtshandlung verbundene Behördenaufwand.
Der bereits in VfSlg. 8806/1980 unter dem Aspekt des Gleichheitssatzes "für notwendig und zulässig" befundene Vergleich von Abgabensätzen wegen "wirtschaftlicher Gleichartigkeit und rechtlicher Affinität" zeigt für die Negativ-Bestätigung gemäß §2 Abs2 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 und für die (Negativ-)Entscheidung gemäß §2 Abs1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 folgendes Bild:
Während die Negativ-Bestätigung nach §2 Abs2 Tir GVG 1983 eine Routineentscheidung des Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde bei zweifelsfreier Sach- und Rechtslage darstellt, die, wie die Materialien zeigen (Beilage 4 zu den Stenographischen Berichten des Tiroler Landtages, IX. Gesetzgebungsperiode, 23. Tagung, 2. Sitzung vom 06.07.1983, S 4), der Verfahrensbeschleunigung dient, erfolgt die - nach Meinung der Tiroler Landesregierung - "nur noch in Ausnahmefällen" vorkommende (Negativ-)Entscheidung der kollegialen Grundverkehrsbehörde gemäß §2 Abs1 des Tir GVG 1983 nach Durchführung eines Verwaltungsverfahrens zur Ausräumung bestehender Zweifel an der Nutzung eines Grundstücks. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß die Entscheidung nach §2 Abs1 Tir GVG 1983 mit erheblich größerem Verwaltungsaufwand verbunden ist als die Ausstellung der Negativ-Bestätigung gemäß §2 Abs2 Tir GVG 1983.
Es widerspricht dem Gleichheitssatz, wenn bei gleichem Privatinteresse an bestimmten Amtshandlungen der Verordnungsgeber für jene Amtshandlung eine höhere Abgabe verlangt, die mit einem deutlich niedrigeren Behördenaufwand verbunden ist. Angesichts dieser Verfassungslage ist die Geringfügigkeit des Unterschiedsbetrages zwischen der Tarifpost 80 und der Tarifpost 2 ohne Belang. Die Tarifpost 80 der Anlage zu §1 Abs1 der Landes-VerwaltungsabgabenV 1985 war sohin wegen ihres, dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz widersprechenden Inhalts als gesetzwidrig gemäß Art139 Abs1 B-VG aufzuheben.
Die Tarifpost 80 der Anlage zu §1 Abs1 der Landes-VerwaltungsabgabenV 1985, LGBl. für Tirol Nr. 25, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Anlaßfälle: E v 09.03.1989, B784/87, E v 09.03.1989, B831/88
Entscheidungstexte
Schlagworte
Verwaltungsabgaben, Grundverkehrsrecht / Verwaltungsabgaben, Gleichheitsrecht / VerordnungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:V150.1988Dokumentnummer
JFR_10109691_88V00150_01