RS Vfgh 1989/6/12 B1525/88

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Veröffentlicht am 12.06.1989
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art4 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür keine
B-VG Art83 Abs2 / Rechtmäßigkeit materiell-rechtliche
MRK Art10
RundfunkG §20
RundfunkG §27 Abs1 Z1 lita

Leitsatz

Feststellung, daß der ORF durch die Einräumung des Ausschließlichkeitsrechtes für das 3-SAT-Programm an zwei Kabel-TV-Gesellschaften das Rundfunkgesetz nicht verletzt habe; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Verletzung des Rechtes auf Rundfunkfreiheit nach Art10 MRK; keine gleichheitswidrige oder denkunmögliche Gesetzesanwendung

Rechtssatz

Keine Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter.

Nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verletzt ein Bescheid das Recht nach Art83 Abs2 B-VG jedenfalls dann, wenn die bescheiderlassende Verwaltungsbehörde ihre Zuständigkeit in gesetzwidriger Weise ablehnt, so etwa eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert (VfGH 25.2.1988 B1022/87 uvam). Dies war offensichtlich nicht der Fall: Denn die (kraft §25 Abs1 iVm §27 RFG zur Entscheidung über (Administrativ-)Beschwerden nach §27 Abs1 Z1 lita und b RFG berufene) Kommission zur Wahrung des Rundfunkgesetzes entschied hier meritorisch, indem sie ausdrücklich feststellte, daß das RFG - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht verletzt worden sei. Die Frage der (materiellen) Richtigkeit oder Unrichtigkeit dieses Verwaltungsaktes aber kann, wie ergänzend bemerkt sei, unter dem Aspekt des Art83 Abs2 B-VG keineswegs aufgerollt und untersucht werden (vgl. VfSlg. 5616/1967 uvam.).

Der Standpunkt der belangten Behörde - so namentlich die Ansicht, es handle sich bei dem 3-SAT-Programm um keine Fernsehrundfunksendung des ORF iS des §20 Abs1 Satz 1 RFG - ist unter den obwaltenden Verhältnissen weder in tatsachenmäßiger noch in rechtlicher Hinsicht mit - Willkür indizierender - Denkunmöglichkeit belastet.

Keine Verletzung der Rundfunkfreiheit iS des Art10 MRK.

Der im Verfassungsrang stehende Art10 EMRK gewährleistet nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe zB VfSlg. 9909/1983; VfGH 10.12.1987 B446/87) als Bestandteil des Anspruchs auf freie Meinungsäußerung ua. ein Recht auf Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen. Der Schutzbereich dieser verfassungsgesetzlichen Gewährleistung erstreckt sich auch auf die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen mit Hilfe von Fernseh-Rundfunkanlagen (sogenannte Rundfunkfreiheit).

Diese grundrechtlichen Freiheitsverbürgungen sind jedoch in zweifacher Weise eingeschränkt: Zum einen ermächtigt Art10 Abs1 letzter Satz EMRK den Staat, Rundfunk- und Fernsehbetriebe einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen, zum anderen kann gemäß Art10 Abs2 EMRK die Ausübung der Rundfunkfreiheit bestimmten gesetzlichen Beschränkungen unterworfen werden.

Das Recht auf Rundfunkfreiheit gemäß Art10 EMRK steht darum unter Gesetzesvorbehalt. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde - so auch der Kommission zur Wahrung des RundfunkG - kann es nur dann verletzen, wenn er ohne jede ges Grundlage erging oder auf einer verfassungswidrigen Norm beruht oder wenn bei seiner Erlassung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet wurde (vgl. zB VfSlg. 9909/1983).

Art4 Abs2 B-VG räumt kein verfassungsgesetzlich verbürgtes Recht ein (VfSlg. 8771/1980).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Rundfunk, Rundfunkfreiheit, Gesetzesvorbehalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1525.1988

Dokumentnummer

JFR_10109388_88B01525_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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