RS Vfgh 1989/6/13 A14/88

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Veröffentlicht am 13.06.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art17
B-VG Art137 / ord Rechtsweg
Öffentliche Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 16.10.1987 Pkt 1.2.
ViehwirtschaftsG 1983 §5 Abs3
ViehwirtschaftsG 1983 §6 Abs3

Leitsatz

Klage gegen den Bund und ein Land auf Zahlung von Fördermitteln für den Export von Fleisch; Privatwirtschaftsverwaltung; Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte

Rechtssatz

Ein vermögensrechtlicher Anspruch gegenüber dem Bund oder einem Land ist jedenfalls dann in einer die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG ausschließenden Weise im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, wenn sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte zur Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch aus §1 JN herleiten läßt (VfSlg. 3076/1956). Für die Zuordnung eines Rechtsanspruchs zu den "bürgerlichen Rechtssachen" und die daraus folgende Zuständigkeit der Zivilgerichte gemäß §1 JN ist maßgeblich, ob die Rechtsordnung die betreffenden Rechtsverhältnisse einem privatrechtlichen oder einem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen hat und welcher rechtlichen Handlungsformen sich eine Gebietskörperschaft, die eine vermögensrechtliche Leistung abgelehnt hat und deswegen nun in Anspruch genommen wird, bedient (vgl. VfSlg. Anhang 4 und 7/1956, 3262/1957).

Aus Punkt 1.2. der 91. Öffentlichen Bekanntmachung der Vieh- und Fleischkommission vom 16.10.1987, dem zufolge die behördliche Bewilligung des Fleischexports in Übereinstimmung mit §6 Abs3 ViehwirtschaftsG 1983 vom "geringsten Stützungsbedarf" bzw. von der "Bekanntgabe des Stützungserfordernisses" abhängt, wird zwar deutlich, daß der Gesetzgeber aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere wegen des Umstandes, daß die Weltmarktpreise für Vieh und Fleisch im Regelfall wesentlich unter den österreichischen Inlandspreisen liegen, damit rechnen mußte, daß ein Export von Vieh und Fleisch nur dann möglich ist, wenn von Seiten der öffentlichen Hand Ausfuhrförderungsmittel gewährt werden. Die Subventionstätigkeit des Staates wird dadurch gleichwohl noch nicht ins öffentliche Recht verwiesen. Die Rechtsgrundlage für die staatliche Subventionierung Privater bildet vielmehr das Privatrecht, soweit nicht der Gesetzgeber ausdrücklich Verwaltungsbehörden mit der Entscheidung über Subventionsansprüche in einem hoheitlichen Verwaltungsverfahren betraut hat (VfSlg. 3262/1957; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht 1986, 42 f.). Die Gewährung von Verwertungszuschüssen für den Export von Schlachtrindern und Rindfleisch bildet sohin eine Leistung des Bundes bzw. des Landes als Träger von Privatrechten. Daran kann weder der Umstand etwas ändern, daß die für Verwertungszuschüsse zur Verfügung stehenden Beträge dem Bundesfinanzgesetz bzw. dem Landesvoranschlag zu entnehmen sind, noch die Erlassung von Richtlinien seitens des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, mit denen in Ergänzung des Beschlusses des Ministerrates vom 07.06.1977 über "Allgemeine Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln" Voraussetzungen für die im Rahmen des Privatrechtes zu gewährenden Verwertungszuschüsse mit interner Wirkung festgesetzt werden.

Angesichts der prinzipiellen Zugehörigkeit der in der Klage geltend gemachten vermögensrechtlichen Ansprüche zum Privatrecht und mangels Verwendung einer auf einen entsprechenden Bescheidwillen hindeutenden Bescheidform (vgl. VfSlg. 5355/1966) ist auch das Fernschreiben vom 11.11.1987, Z37.390/690-III/B/7/87, mit dem das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft den klagenden Parteien mitteilte, welche konkreten Gesamtförderungsbeträge für die den klagenden Parteien bewilligten Fleischexporte festgesetzt wurden, als Rechtsakt im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes zu qualifizieren. Die rechtliche Bedeutung dieses Fernschreibens ist sohin von den Zivilgerichten zu würdigen.

Die Gewährung von Verwertungszuschüssen für den Export von Schlachtrindern und Rindfleisch bildet eine Leistung des Bundes bzw. des Landes als Träger von Privatrechten.

Da die Ansprüche der klagenden Parteien (auf Gewährung von Verwertungszuschüssen für den Export von Schlachtrindern und Rindfleisch), gleichgültig ob sie aus der allgemeinen Rechtsordnung oder aus dem (abschlägigen) Fernschreiben des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 11.11.1987 hergeleitet werden, im ordentlichen Rechtsweg auszutragen sind, ist der Verfassungsgerichtshof gemäß Art137 B-VG nicht zuständig, über die Klage zu entscheiden. Diese war sohin zurückzuweisen.

Entscheidungstexte

  • A 14/88
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 13.06.1989 A 14/88

Schlagworte

Wirtschaftslenkung / Viehwirtschaft, Privatwirtschaftsverwaltung, Bescheidbegriff, Mitteilung Belehrung, VfGH / Klagen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:A14.1988

Dokumentnummer

JFR_10109387_88A00014_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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