RS Vfgh 1989/6/22 B1248/88, B1249/88, B1250/88, B1267/88, B1268/88, B1269/88, B1275/88, B1276/88

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Veröffentlicht am 22.06.1989
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt / Willkür
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation / Gesellschaft.er.
ViehwirtschaftsG 1983 §5
AVG 1950 §58 Abs2
AVG 1950 §60

Leitsatz

Grundsätzliche Verkennung der für die Erteilung von Einfuhrbewilligungen maßgebenden Rechtslage; Vorliegen eines entsprechenden Bedarfs nicht Voraussetzung für die Bewilligung konkreter Einfuhranträge; Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens; Bescheidbegründung ohne Begründungswert; Willkür

Rechtssatz

Die angefochtenen Bescheide sind an die "Firma H & Co", sohin an die Kommanditgesellschaft gerichtet, deren Anträge dadurch abgewiesen wurden. Die Kommanditgesellschaft H & Co ist daher zur Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimiert. Deren Beschwerden sind insgesamt zulässig, da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen.

Die Beschwerden der H Gesellschaft mbH sowie des H H und der G H sind hingegen mangels Legitimation zurückzuweisen, weil keiner dieser Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide unmittelbar betroffen wurde (vgl. VfGH vom 05.10.1988, B989, 1181, 1455/87).

Die Unterkommission hat die Rechtslage gemäß §5 ViehwirtschaftsG 1983 grundsätzlich verkannt, wenn sie in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Abweisung des Antrags der beschwerdeführenden Gesellschaft darauf stützt, daß "derzeit kein volkswirtschaftlicher Bedarf nach dem von ihnen beantragten Einfuhren festgestellt werden kann" und wenn sie darüber hinaus in der Gegenschrift die Behauptung aufstellt, daß die Beschwerdeführer "keinen einzigen Antrag auf Grund dieser öffentlichen Bekanntmachung (nämlich der 16. Öffentlichen Bekanntmachung vom 01.03.1988 der Vieh- und Fleischkommission über das allgemeine Einfuhrverfahren für den Import von Salami, Marke 'Sibiu') gestellt" hätte.

Ein entsprechender Bedarf bildet keineswegs eine Voraussetzung für die Bewilligung konkreter Einfuhranträge.

Es ist auch bedeutungslos, ob ein Antrag auf Einfuhrbewilligung "auf Grund" einer öffentlichen Bekanntmachung über ein allgemeines Einfuhrverfahren gestellt wurde oder nicht. Die Behörde hat vielmehr einlangende Anträge nach Maßgabe ihrer öffentlichen Bekanntmachungen zu beurteilen, sofern nicht eine Einfuhrbewilligung für Mustersendungen und für Einfuhren geringer Mengen oder geringen Wertes gemäß §5 Abs6 ViehwirtschaftsG 1983 in Betracht kommt.

Kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren.

Die belangte Behörde verstieß gegen ihre aus den §§58 Abs2 und 60 AVG 1950 erfließende verfahrensrechtliche Verpflichtung "die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen". Sie unterließ es nämlich schlechthin, der Antragstellerin gegenüber auch nur anzudeuten, in welchem Umstand das der begehrten Einfuhrbewilligung entgegenstehende materielle Hindernis überhaupt liegen könnte. Die bloße Bezugnahme auf die von der Unterkommission laut Begründung der angefochtenen Bescheide vertretene Auffassung, "daß angesichts der gegenwärtigen inländischen Produktions- und Versorgungsverhältnisse derzeit kein volkswirtschaftlicher Bedarf nach den ... beantragten Einfuhren festgestellt werden kann", erlaubt keinen Rückschluß auf die für die negative Entscheidung maßgeblichen Beweggründe der Behörde, zumal gleichzeitig gemäß §5 Abs2 und 3 des ViehwirtschaftsG 1983, - weil es sohin nach Meinung der Kommission ganz offenbar "die Bedarfslage erfordert(e)" - , ein allgemeines Einfuhrverfahren für den von der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragten Import für die Zeit vom 01.03. bis 30.04.1988 beschlossen wurde. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in VfSlg. 9293/1981, 10057/1984 und zuletzt in einem ähnlich gelagerten Fall zu §6 des ViehwirtschaftsG 1983 in seinem Erkenntnis vom 05.10.1988, B989, 1181, 1455/87, dargetan hat, liegt eine in die Verfassungssphäre reichende Mangelhaftigkeit des Bescheides auch dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen kein Begründungswert zukommt. Ein derartiger Fall ist auch hier gegeben.

Die angefochtenen Bescheide waren sohin wegen Verletzung des Gleichheitsrechtes aufzuheben, da die Behörde willkürlich dadurch handelte, daß sie nicht nur die durch §5 Abs2, 3, 4 und 6 ViehwirtschaftsG 1983 geschaffene Rechtslage im grundsätzlichen verkannt, sondern auch ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren unterlassen und nicht zuletzt die angefochtenen Bescheide völlig unzureichend und mangelhaft begründet hat.

(Ähnlich B1324/88 vom 22.06.1989)

Entscheidungstexte

Schlagworte

Wirtschaftslenkung, Viehwirtschaft, Bescheidbegründung, Bedarfsprüfung, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1248.1988

Dokumentnummer

JFR_10109378_88B01248_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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