RS Vfgh 1989/6/23 B1755/88

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Veröffentlicht am 23.06.1989
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Index

L9 Sozial- und Gesundheitsrecht
L9440 Krankenanstalt, Spital

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
F-VG 1948 §2
KAG §33
Tir KAG 1958 §56
Tir KAG 1958 §57

Leitsatz

Gegenverrechnung von Abgabenertragsanteilen und Beitragspflichten einer Gemeinde zum Betriebsabgang der Landeskrankenhäuser; narrativer Charakter der Feststellung dieser Vorgangsweise; Unzulässigkeit der Beschwerde; Deutung der Bescheidbeschwerde in eine Beschwerdeführung gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt von gesetzeswegen nicht vorgesehen; Bildung von Beitragsbezirken und Krankenanstaltensprengel zum Zweck der Beitragsleistung dem Grundsatzgesetz entsprechend; Beitragspflichten nach §56 und §57 Tir. KAG 1958 unbedenklich im Sinn des §2 F-VG 1948; keine Verletzung des Eigentumsrechtes und des Gleichheitsrechtes

Rechtssatz

Zurückweisung der Beschwerde einer Gemeinde gegen die Einbehaltung von ihr zustehenden Abgabenertragsanteilen durch das Land zur Begleichung von Beitragsleistungen zum Betriebsabgang gemäß §§56, 57 Tir. KAG.

Mit dem in Rede stehenden Antrag bekämpft die Beschwerde offenkundig die (schon) im Bescheid erster Instanz enthaltene abschließende Feststellung, daß der Beitrag der Stadtgemeinde Kufstein zum Betriebsabgang der Landeskrankenhäuser durch die bei der Zuweisung von Abgabenertragsanteilen einbehaltenen Beträge beglichen wurde; diese Feststellung hat - was die Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt - hinsichtlich der Vorgangsweise, nämlich Gegenverrechnung von Abgabenertragsanteilen und Beitragspflichten zum Betriebsabgang der Landeskrankenhäuser, nur narrativen Charakter.

Mit dem in Rede stehenden Beschwerdeantrag läßt die Beschwerdeführerin in eine Bescheidbeschwerde eine Beschwerdeführung gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt einfließen; derartiges sieht das Gesetz jedoch nicht vor.

Keine Bedenken gegen §§56, 57 Tir. KAG im Hinblick auf §33 KAG.

§33 Abs1 KAG trägt dem Landesgesetzgeber die Bildung von Beitragsbezirken nur für solche öffentlichen Krankenanstalten auf, die für die Bevölkerung eines Gebietes "zunächst bestimmt sind", für die aber auch ein "darüber hinausreichendes Einzugsgebiet" - das als Krankenanstaltensprengel einzurichten ist - besteht. Grammatikalisch kann Abs3 leg.cit. zwanglos auch dahin verstanden werden, daß auch dann, wenn eine solche Konstellation hinsichtlich einzelner Krankenhäuser nicht besteht - zB weil sich unter den Krankenhäusern eines Landes sowohl allgemeine öffentliche Krankenanstalten als auch Sonderheilanstalten finden -, der Landesgesetzgeber dennoch das gesamte Landesgebiet zum "Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel" bestimmen kann. Die grammatikalische Auslegung schließt aber auch eine "Mischregelung" nicht aus, weil es sich bei Abs3 leg.cit. um eine Ermächtigung an den Landesgesetzgeber handelt ("die Landesgesetzgebung kann ..."). Ein solches Verständnis des §33 KAG mündet auch keineswegs in eine aus welchen Gründen immer verbotene Auslegung, zumal Sachlichkeitserwägungen durchaus dafür sprechen, daß der Landesgesetzgeber bei der Schaffung der Beitragsbezirke und Krankenanstaltensprengel darauf Bedacht nimmt, ob die Inanspruchnahme einer Krankenanstalt aus bestimmten Gebieten mehr oder weniger häufig erfolgt. Denn dies hat für das Entstehen von Erhaltungs- und Betriebskosten und damit für die Beitragspflicht zu Betriebsabgängen öffentlicher Krankenanstalten erhebliche Bedeutung. Es ist daher auch durchaus sachbezogen, daß der Landesgesetzgeber für Sonderheilanstalten das gesamte Landesgebiet zum Beitragsbezirk und Krankenanstaltensprengel bestimmt, wogegen bei allgemeinen öffentlichen Krankenanstalten eine differenzierende Regelung iS des §33 Abs1 KAG naheliegt. Der Tir.

Landesgesetzgeber hat sich bei der Erlassung der §§56 und 57 TKAG offensichtlich von solchen Erwägungen leiten lassen.

§2 F-VG 1948 verpflichtet Gebietskörperschaften zur Tragung der Aufwendungen für die von ihnen besorgten Aufgaben nur insoweit, als das Gesetz keine andere Regelung trifft. Bei den §§56 und 57 Tir. KAG handelt es sich aber um eine solche gesetzliche Regelung, weshalb die auf dieser Regelung beruhenden Beitragspflichten aus der Sicht des §2 F-VG 1948 unbedenklich sind (vgl. hiezu VfGH 16.06.1989 A5/88). Daran ändert es auch nichts, daß die Gemeinde, soweit sie durch das Bezirkskrankenhäuser-Gemeindeverbände-Gesetz, LGBl. 32/1984, zu Gemeindeverbänden zusammengeschlossen wurden, denen als Rechtsträgern von Krankenanstalten die Erhaltung und der Betrieb bestimmter Krankenanstalten übertragen wurden, zusätzliche finanzielle Belastungen (Verbandsbeiträge gemäß §11 leg.cit.) zu tragen haben.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Krankenanstalten, VfGH / Legitimation, Auslegung eines Antrages, Finanzverfassung, Grundsatz- und Ausführungsgesetzgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B1755.1988

Dokumentnummer

JFR_10109377_88B01755_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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