RS Vfgh 1989/9/26 B441/86

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Veröffentlicht am 26.09.1989
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
MRK Art8 Abs1 / Privatleben
StVO 1960 §5 Abs2

Leitsatz

Blutabnahme zum Zweck der Blutalkoholbestimmung mit Einverständnis des Betroffenen; bloße Aufforderung und tatsächliche Vornahme der Prüfung der Atemluft ohne Ausübung oder Androhung von Zwang - keine Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Rechtssatz

Der Beschwerdeführer ist zwar mit dem Hinweis im Recht, daß eine gesetzliche Grundlage für eine behördliche Blutabnahme bei Bewußtlosen zum Zweck der Blutalkoholbestimmung der österreichischen Rechtsordnung fremd ist (- durch ein solches Vorgehen würde eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Achtung des Privatlebens nach Art8 Abs1 MRK bewirkt; VfGH 06.12.1988 B1092/87 -), doch war bei ihm eine vergleichbare Situation überhaupt nicht gegeben.

Eine Blutabnahme, die mit Einverständnis des Betroffenen durchgeführt wird, bildet keine Ausübung behördlicher Zwangsgewalt. Es kommt hiebei darauf an, daß die psychische Leistungsfähigkeit, die Auffassung, das assoziative Leistungsvermögen und die Urteilskraft des Betroffenen nicht so eingeengt waren, als daß er außerstande gewesen wäre, die an ihn gerichtete Frage des Amtsarztes, ob er mit einer Blutabnahme einverstanden sei, zu begreifen und eine entsprechende Entscheidung zu treffen.

Was die beim Beschwerdeführer vorgenommene Untersuchung der Atemluft anlangt, verweist der Verfassungsgerichtshof zunächst auf seine ständige Rechtsprechung (s. zB VfSlg. 8671/1979 mit Bezugnahme auf VfSlg. 8231/1977 und die dort enthaltenen weiteren Judikaturhinweise), wonach die bloße Aufforderung, sich der in §5 Abs2 StVO vorgesehenen Untersuchung der Atemluft zu unterziehen, und demnach auch die tatsächlich vorgenommene Prüfung der Atemluft nicht als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt angesehen werden kann, sofern nicht physischer Zwang ausgeübt oder angedroht wurde. Es steht nun fest, daß (insbesondere) eine in diese Richtung zielende Androhung oder Ausübung von Zwang im vorliegenden Fall keineswegs stattgefunden hat.

Entscheidungstexte

  • B 441/86
    Entscheidungstext VfGH Beschluss 26.09.1989 B 441/86

Schlagworte

Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Blutabnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:B441.1986

Dokumentnummer

JFR_10109074_86B00441_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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