RS Vfgh 1989/9/29 V201/88

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Veröffentlicht am 29.09.1989
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzwidrig
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Verordnung des Planungsausschusses der Landeshauptstadt Salzburg vom 23.01.1985. Beschlußakt 48 B 165, mit der der Bebauungsplan "3c" vom 22.10.1951 hinsichtlich der Gp 160/17. 160/18 und 160/21. KG Morzg, abgeändert wird
Sbg BebauungsgrundlagenG 1968 §3 Abs2
Sbg BebauungsgrundlagenG 1968 §3 Abs4
Sbg BebauungsgrundlagenG 1968 §7
Sbg BebauungsgrundlagenG 1968 §11
Sbg RaumOG 1977 §12 Abs1 Z2

Leitsatz

Antrag des VwGH auf Aufhebung eines Bebauungsplanes - im präjudiziellen Umfang - zulässig; Beschwerdelegitimation ungeachtet des Verlustes des Eigentums am Baugrundstück gegeben; gesetzwidrige Verhinderung der Errichtung von Bauten auf einem als Bauland gewidmetem Grundstück durch Festlegung der Höchsthöhe mit 0,00 m

Rechtssatz

Die Verordnung des Planungsausschusses der Landeshauptstadt Salzburg vom 23.01.1985, Beschlußakt 48 B165, mit der der Bebauungsplan "3c" vom 22.10.1951 hinsichtlich der Gp 160/17, 160/18 und 160/21, KG Morzg, abgeändert wird, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 4/1985, wird, soweit darin für das im Einreichplan ONr. 9 als "Gp 160/17" bezeichnete Grundstück die Höchsthöhe 0,00 m festgelegt wird, als gesetzwidrig aufgehoben.

Verordnungscharakter der Änderung eines Bebauungsplanes (VfSlg. 10.885/1986; siehe dazu im allgemeinen etwa VfSlg. 11.059/1986 mwH; hinsichtlich der Verordnungsqualität der Änderung eines Bebauungsplanes siehe etwa VfSlg. 8119/1977 mwH).

Da durch den beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid die Baubewilligung wegen Widerspruches des Bauvorhabens zum (geänderten) Bebauungsplan versagt wurde, ist jedenfalls die Annahme nicht denkunmöglich, daß der Verwaltungsgerichtshof die angefochtene Verordnung bei der Entscheidung über die Beschwerde anzuwenden haben wird. Dies ungeachtet des Umstandes, daß - wie aus der Äußerung des Planungsausschusses der Landeshauptstadt Salzburg und dem beigefügten Grundbuchsauszug hervorgeht - die Beschwerdeführer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach der Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof jene Grundfläche, auf die sich ihr Bauansuchen bezogen hatte, veräußert haben.

Da nämlich das Verwaltungsverfahren mit den Beschwerdeführern als Parteien abgewickelt wurde und sie auch Adressaten des beim Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheides sind, da ferner die Beschwerdeführer auch nach dem Verlust des Eigentums am Baugrundstück mit Zustimmung des (nunmehrigen) Grundeigentümers weiterhin als Bauwerber auftreten könnten (vgl. dazu §7 Abs1 erster Halbsatz und §9 Abs1 lite Sbg. BauPolG), sind sie ungeachtet des Verlustes des Eigentums am Baugrundstück zur Bekämpfung des ihnen gegenüber erlassenen Bescheides vor dem Verwaltungsgerichtshof legitimiert (vgl. dazu etwa VwGH 16.11.1970, 993/69; ferner etwa VwSlg. 8771 A/1975 und VwGH 25.10.1988, 88/05/0101).

Der Verfassungsgerichtshof hat bei Prüfung der in Rede stehenden Verordnung (Änderung eines Bebauungsplanes) von jener (Rechts- und) Sachlage auszugehen, die im Zeitpunkt der Erlassung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides gegeben war. Demnach müssen die seit diesem Zeitpunkt eingetretenen Änderungen im Bestand der von dieser Verordnung erfaßten Grundstücke außer Betracht bleiben. Der Verwaltungsgerichtshof wird bei der Entscheidung über die Beschwerde die bekämpfte Verordnung denkmöglicherweise nur insoweit anzuwenden haben, als sie sich auf das darin als "Gp 160/17" bezeichnete Grundstück bezieht, und zwar wiederum nur insoweit, als sie die "verbleibende Fläche des Bauplatzes" - das ist die Gesamtfläche dieses Grundstückes abzüglich der Fläche des darauf befindlichen Baubestandes ("die im Einreichplan ONr. 9 rot umrandete Fläche") - betrifft und hiefür die Höchsthöhe der Bauten mit 0,00 m festlegt. Die bekämpfte Verordnung ist mithin nur hinsichtlich dieser Grundfläche für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes präjudiziell.

Der Antrag mußte daher, soweit er sich auf den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht präjudiziellen Teil der bekämpften Verordnung bezieht, soweit also die Verordnung die im Einreichplan ONr. 9 rot umrandete Fläche und die in diesem Einreichplan als Gp 160/18 und 160/21 bezeichneten Grundstücke betrifft, zurückgewiesen werden.

Der Verfassungsgerichtshof hat bei Prüfung der in Rede stehenden Verordnung (Änderung eines Bebauungsplanes) von jener (Rechts- und) Sachlage auszugehen, die im Zeitpunkt der Erlassung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides gegeben war.

Das hier in Rede stehende Grundstück ist durch den Flächenwidmungsplan der Landeshauptstadt Salzburg in der hier maßgeblichen Fassung der 17. Änderung für den Stadtteil Salzburg-Süd unbestrittenermaßen als Teil des "erweiterten Wohngebietes" ausgewiesen und gehört damit iS des §12 Abs1 Z2 Sbg. RaumOG 1977 zum Bauland. Erweiterte Wohngebiete sind Flächen, die (ua.) für Wohnbauten bestimmt sind (§12 Abs1 Z2 lita Sbg. RaumOG 1977). Der Flächenwidmungsplan steht mithin der geplanten Bauführung - Errichtung eines Doppelwohnhauses (mit Garage) - nicht entgegen. Gleichwohl wurde durch den in Prüfung gezogenen Teil der Verordnung über die Änderung des Bebauungsplanes "3c" die (weitere) Bebauung des in Rede stehenden Grundstückes, das nur in seinem nördlichen Teil einen Altbestand aufweist, dessen südlicher - unbebauter - Teil jedoch nach Gestalt und Flächenausdehnung eine selbständige Bebauung zuläßt (vgl. dazu §14 Abs1 litc Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968), - abgesehen vom Altbestand - zur Gänze, und zwar dadurch ausgeschlossen, daß für dieses Grundstück unter Berufung auf §11 Abs1 lita und b Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968 die Höchsthöhe der Bauten mit 0,00 m festgelegt wurde.

Damit wurde die gesetzlich vorgeschriebene Festlegung der Höchsthöhe der Bauten für einen Zweck eingesetzt, für den diese Maßnahme nach dem Gesetz nicht in Betracht kommt.

Die (Mindest- und die) Höchsthöhe der Bauten (§3 Abs4 litf Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968) ist eine jener Bebauungsgrundlagen, die der Bebauungsplan jedenfalls festzulegen hat (§3 Abs4 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968). Sie ist gleich allen übrigen im §3 Abs4 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968 angeführten Bebauungsgrundlagen nach der ausdrücklichen Anordnung dieser Vorschrift unter Bedachtnahme auf §1 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968, also derart festzulegen, daß eine zweckmäßige Bebauung im Bauland gewährleistet ist. Durch die Festlegung (ua.) der Höchsthöhe der Bauten kann mithin gesetzmäßigerweise nur die Höhe der Bauten (unter Bedachtnahme auf die im §11 Abs1 Sbg.

BebauungsgrundlagenG 1968 angeführten Kriterien: nach anderen Rechtsvorschriften bestehende Höhenbegrenzungen, besondere örtliche Erfordernisse (insbesondere gesundheitliche Belange), Erhaltung oder Gestaltung eines charakteristischen Ortsbildes) begrenzt, nicht aber auch eine Bebauung ausgeschlossen, also die Errichtung von Bauten verhindert werden.

Dieses Verständnis wird auch durch die wiederholt geäußerte Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nahegelegt, daß es nicht Aufgabe der Bauordnungen ist, das Bauen zu verhindern oder zu erschweren, sondern in die durch öffentliche Rücksichten gebotenen Bahnen zu lenken und eine sinnvolle und zweckmäßige Nutzung des Gemeindegebietes zu gewährleisten (siehe etwa VfSlg. 4240/1962, 5794/1968).

Eine Festlegung der Höchsthöhe der Bauten in der Art, daß dadurch die Bebauung eines nach Gestalt und Flächenausdehnung eine selbständige Bebauung zulassenden (vgl. dazu §14 Abs1 litc Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968) Grundstückes (nicht bloß in bestimmter Weise beschränkt, sondern) zur Gänze ausgeschlossen wird, steht mit dem im §3 Abs2 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968 normierten Gebot in Widerspruch, bei der Aufstellung des Bebauungsplanes die im Flächenwidmungsplan festgesetzten Nutzungsarten zu beachten: Auf dem Weg über die Festlegung der Höchsthöhe der Bauten im Bebauungsplan würde eine nach dem Flächenwidmungsplan - infolge der Festlegung der Nutzungsart "Bauland - erweitertes Wohngebiet" - zulässige Bebauung verhindert. Ob und unter welchen Voraussetzungen allenfalls die Zulassung unterirdischer Bauten durch Festlegung einer Höchsthöhe der Bauten von 0,00 m rechtlich möglich ist, kann dahingestellt bleiben, weil es im vorliegenden Fall erkennbar nicht darum ging, die Errichtung (lediglich) solcher (auch oberirdisch in Erscheinung tretender) Bauten zuzulassen.

Das Gesetz stellt nicht auch das Rechtsinstrument der Festsetzung der Höchsthöhe der Bauten in den Dienst der Regulierung der Bebauungsdichte iS des §7 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968. Die Vorschriften über die Höchsthöhe der Bauten können mithin für diesen Zweck selbst in solchen besonderen Fällen nicht herangezogen werden, in denen die übrigen Vorschriften des Sbg.

BebauungsgrundlagenG 1968 keine Handhabe für Maßnahmen zur Erreichung dieses Zweckes bieten sollten.

Es ist an sich keineswegs ausgeschlossen, daß unter Umständen selbst eine dem Gesetz entsprechende Festlegung von Bebauungsgrundlagen durch den Bebauungsplan im Ergebnis die Unzulässigkeit einer Bauführung auch auf einem im Bauland gelegenen Grundstück zu bewirken vermag (vgl. etwa VfSlg. 10.711/1985). Ein solches Ergebnis kann jedoch auf gesetzmäßige Weise nicht durch eine - unter Berufung auf §11 Abs1 Sbg. BebauungsgrundlagenG 1968 vorgenommene - Festlegung der Höchsthöhe der Bauten mit 0,00 m erzielt werden.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Prüfungsgegenstand, VfGH / Präjudizialität, Bebauungsplan, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V201.1988

Dokumentnummer

JFR_10109071_88V00201_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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