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25 Strafprozeß, StrafvollzugNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrages auf Aufhebung des §43 StVG wegen fehlender Legitimation; Verwaltungsrechtsweg vorgesehen; Zurückweisung der Beschwerde gegen die Bestrafung wegen Nichtteilnahme am Freigang wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges; keine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zur Erlassung einstweiliger VerfügungenRechtssatz
Der Beschwerdeführer stellt die Antrgäe auf "Außerkraftsetzung des §43 StVG und Überprüfung von dessen Rechtmäßigkeit und Sinn", sowie - in einer zusätzlichen Eingabe - weiters auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung unter Aussetzung der Rechtsfolgen, daß er "nicht mehr gezwungen werden darf, den Hofgang mitzumachen" und, daß über ihn bei Nichtteilnahme eine Strafe nicht verhängt werden dürfe.
Deutung als Beschwerde und Individualantrag
Zurückweisung einer als Individualantrag gedeuteten Eingabe auf Aufhebung des §43 StVG mangels Legitimation; Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes, da gleichzeitig Beschwerde eingebracht.
Der Einschreiter hat nun tatsächlich die Möglichkeit, in anderer Weise als im Wege eines Individualantrages die vermeintliche Verfassungswidrigkeit des §43 StVG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Die genannte Bestimmung ordnet an, daß sich Strafgefangene, die nicht im Freien arbeiten, täglich, andere Strafgefangene an arbeitsfreien Tagen, wenn es die Witterung gestattet, wenn es ihr Gesundheitszustand nicht verbietet, eine Stunde im Freien zu bewegen haben. Die Weigerung, am Freigang teilzunehmen, verstößt gegen die allgemeinen Pflichten der Strafgefangenen, die den Anordnungen der im Strafvollzug tätigen Personen Folge zu leisten haben, und kann als Ordnungswidrigkeit gemäß §109 StVG zu einer Bestrafung führen. Für sein Anliegen, die Verfassungsmäßigkeit des §43 StVG zu bekämpfen, braucht der Einschreiter jedoch eine solche Ordnungswidrigkeit nicht zu begehen, da Strafgefangene gemäß §120 leg.cit. gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihre Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten Beschwerde führen können; die darüber ergehenden Entscheidungen können von ihm administrativ bekämpft und die letztinstanzliche Entscheidung kann beim Verfassungsgerichtshof angefochten werden. Auf diesem Wege steht dem Einschreiter tatsächlich die Möglichkeit offen - auch ohne eine Ordnungswidrigkeit begehen zu müssen - seine Normbedenken geltend zu machen. Daß der Einschreiter bis zur Entscheidung eines solchen Rechtsstreites am Freigang teilzunehmen hat und daß ihm deshalb die Verweisung auf diesen Beschwerdeweg nicht zumutbar wäre, macht er gar nicht geltend.
Im Hinblick darauf, daß der Einschreiter in der vorliegenden Eingabe vorbringt, daß er wegen der Weigerung am Freigang teilzunehmen bereits bestraft wurde, zieht der Verfassungsgerichtshof auch in Betracht, daß der Einschreiter gegen diese Bestrafung Beschwerde führt. Auch insoferne ist die Eingabe jedoch unzulässig, da er diesfalls den ihm nach §§120 ff StVG möglichen administrativen Instanzenzug nicht ausgeschöpft hat (vgl. VfSlg. 10199/1984 und VfGH 29.11.1988 B1487/88).
Auch die Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Aussetzung der Rechtsfolgen sind nicht zulässig, da keine Bestimmung dem Verfassungsgerichtshof das Recht einräumt, solche Anordnungen zu treffen (vgl. VfSlg. 8107/1977, VfGH 10.10.1981 B288,307/81 und 12.06.1989 V118/88).
Entscheidungstexte
Schlagworte
Auslegung eines Antrages, VfGH / Zuständigkeit, Strafvollzug, VfGH / Individualantrag, VfGH / InstanzenzugserschöpfungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B995.1989Dokumentnummer
JFR_10108997_89B00995_01