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10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art8 / VerletzungLeitsatz
Kein hinreichender Verdacht gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels; Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme und Anhaltung; Verletzung im Hausrecht durch Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Befehl; Zurückweisung der Beschwerde, soweit sie gegen rein verbale Entgleisungen der die Amtshandlung durchführenden Kriminalbeamten gerichtet istRechtssatz
Kein hinreichender Verdacht gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens nach §12 SuchtgiftG.
Die der Festnahme zugrundegelegte Annahme, die Beschwerdeführerin stehe im Verdacht des Suchtgifthandels, war nicht gerechtfertigt. Denn ein derartiger Verdacht wurde - überschießend und unschlüssig - im Grunde bloß aus (hier nicht weiter zu wertenden) Umständen abgeleitet, die lediglich den Ehemann der Beschwerdeführerin berühren (seine Pupillen sollen - laut Gegenschrift - "stark verengt" gewesen sein), die Beschwerdeführerin selbst aber in keiner wie immer gearteten Weise (konkret) belasten.
Verletzung der Beschwerdeführerin im Recht auf persönliche Freiheit durch ihre Festnahme und Anhaltung.
Verletzung des Hausrechts durch Hausdurchsuchung ohne richterlichen Befehl.
Unerläßlich ist die Einholung eines richterlichen Befehls zB im allgemeinen immer dann, wenn mit dem Untersuchungsrichter des zuständigen Gerichts während der Dienst- und Journaldienststunden unverzüglich eine fernmündliche Verbindung hergestellt werden kann. Diese Möglichkeit war hier - schon im Hinblick auf die Einrichtung eines Tag- und Nachtjournaldienstes beim zuständigen Landesgericht für Strafsachen Wien - unzweifelhaft gegeben. Erst nach allfälligem Fehlschlagen eines Versuches, mit dem Untersuchungsrichter (nicht etwa nur mit dem Staatsanwalt) das Einvernehmen zu pflegen, hätte der Konzeptsbeamte des Sicherheitsbüros selbständig zu prüfen gehabt, ob die gesetzlichen Bedingungen für eine Hausdurchsuchung vorlagen (vgl. dazu auch VfSlg. 9934/1984).
Vornahme einer Hausdurchsuchung durch Sicherheitsorgane aus eigener Macht ohne Vorliegen eines Grundes gemäß §141 Abs2 StPO; anonyme Mitteilung stellt den Grund des §141 Abs2 litc StPO nicht her (unter Hinweis auf Vorjudikatur).
Der Verfassungsgerichtshof sprach bereits wiederholt aus und hält an dieser Judikatur fest (vgl. VfSlg. 8654/1979, 10.234/1984, 10.547/1985 und 10.974/1986), daß rein verbale Entgleisungen (eines behördlichen Organs) als solche und für sich allein nicht als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden können. Daran ändert auch nichts, daß es laut Beschwerdeschrift zu derartigen Übergriffen aus Anlaß einer Amtshandlung gekommen sein soll. Es mag zwar unter besonderen Verhältnissen zutreffen, daß behördliches Verhalten (erst) wegen der damit verbundenen - etwa der Verwirklichung bestimmter Ziele dienenden - beleidigenden Angriffe zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt wird (s. dazu: VfSlg. 10.547/1985). Ein solcher Fall ist aber auf Grund der Aktenlage in tatsächlicher Beziehung zumindest nicht mit Sicherheit feststellbar.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Hausdurchsuchung, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, richterlicher Befehl, Tatverdacht hinreichenderEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1989:B1285.1988Dokumentnummer
JFR_10108872_88B01285_01