RS Vfgh 1989/12/2 V16/89, V17/89

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Veröffentlicht am 02.12.1989
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2 / Verordnung Inhalt gesetzwidrig
B-VG Art139 Abs3
OÖ RaumOG 1972 §16 Abs2
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Georgen i.A, vom 16. September 1982

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit eines Flächenwidmungsplanes wegen Nichtabstimmung der Widmungen Betriebsbaugebiet und Wohngebiet iS der Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigung; Abgrenzung der Aufhebung nach Maßgabe der planlichen Darstellung

Rechtssatz

Der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Georgen i.A. vom 16.09.1982, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 06. bis 21.05.1985, wird, soweit er das als "W" (Wohngebiet) gewidmete, von der Bahnhofstraße, der Khevenhüllergasse, der Johann Beer-Straße und der Bahnlinie Attersee-Vöcklabruck umgrenzte Gebiet betrifft, als gesetzwidrig aufgehoben.

Es trifft zwar einerseits zu, daß bei Bedachtnahme auf die bestehenden Nutzungen dem in §16 Abs2 letzter Satz des OÖ RaumOG statuierten Gebot, die verschiedenen Baulandwidmungen so aufeinander abzustimmen, daß eine gegenseitige Beeinträchtigung möglichst vermieden wird, in vielen Fällen nicht voll Rechnung getragen werden kann. Auch wird diesem Erfordernis etwa bei einem unmittelbaren Aufeinanderstoßen von gemischtem Baugebiet und Betriebsbaugebiet oder von gemischten Baugebiet und Wohngebiet allenfalls etwas weniger Gewicht zukommen wie bei einem Zusammentreffen von (reinem) Wohngebiet und Betriebsbaugebiet. Andererseits ist die Bedachtnahme auf die tatsächlichen Gegebenheiten nur ein - wenngleich wichtiges - Kriterium, welches der Verordnungsgeber im Rahmen seines Planungsermessens bei Beachtung der Ziele der Raumordnung zu berücksichtigen hat. Es wird sicherlich auch Fälle geben, in denen dem Plansetzer nur die Möglichkeit bleibt, den bestehenden Zustand festzuschreiben, selbst wenn dadurch den übrigen Raumordnungsgrundsätzen nicht Rechnung getragen werden kann.

Der Planungsgeber hätte im Hinblick auf das Gebot (di. der Bedachtnahme auf bestehende Nutzungen) des §16 Abs2 letzter Satz OÖ RaumOG dafür Sorge tragen können und kraft Gesetz auch müssen, daß auch weiterhin keine Beeinträchtigung eintritt. Der Gemeinderat hätte aber durch ein undifferenziertes Festlegen von Betriebsbaugebiet und Wohngebiet unmittelbar nebeneinander - noch dazu in Anbetracht der von einem Sägewerk ausgehenden Emissionen - eine derartige Beeinträchtigung nicht geradezu auslösen dürfen.

Wenn der Gemeinderat den Bestand des Sägewerks sichern wollte (siehe den in §2 Abs6 Z1 OÖ RaumOG angeführten Schutz von Betrieben vor Nutzungen, die eine standortgerechte Verwendung behindern oder unmöglich machen), hätte er die Möglichkeit (gehabt), den Grünlandstreifen mittels Widmungsänderung auf die in den Anlaßbeschwerdeverfahren maßgeblichen Baugrundstücke auszudehnen, hiedurch eine neuerliche Bebauung dieser Grundstücke hintanzuhalten und auf diese Weise in Befolgung der Grundsätze des OÖ RaumOG die Wohnbebauung in der unmittelbaren Umgebung des Betriebsbaugebietes zurückzudrängen. Hiebei ist es - entgegen der Auffassung des Gemeinderates - nicht von ausschlaggebender Bedeutung, ob der betreffende Liegenschaftseigentümer die Ausweisung eines solchen Grünstreifens wünscht oder damit nicht einverstanden ist.

Es trifft also insgesamt nicht zu, daß - wie die Landesregierung und der Gemeinderat meinen - die gegebene Situation es dem Gemeinderat unmöglich gemacht hätte, die übrigen im OÖ RaumOG festgelegten Planungsziele und Grundsätze - insbesondere jenen des §16 Abs2 letzter Satz dieses Gesetzes - zu beachten.

Der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde St. Georgen i.A. weist zwar Parzellengrenzen aus, enthält aber die Nummern der einzelnen Grundstücke nicht. Es ist also nicht möglich, allein auf der Basis der Darstellung im Flächenwidmungsplan einzelne Parzellen herauszugreifen und die Aufhebung auf die hier maßgeblichen Grundstücke zu beschränken (vgl. VfGH 16.12.1987 V23/87). Der Verfassungsgerichtshof kann daher nur die im Spruch genannten öffentlichen Verkehrsflächen und die Bahnlinie einerseits sowie innerhalb dieses Bereiches die im Plan als Wohngebiet bezeichnete Fläche andererseits zur Abgrenzung der Aufhebung heranziehen.

(Anlaßfälle: E v 05.12.89, B1205,1206/88 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides)

Entscheidungstexte

  • V 16,17/89
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 02.12.1989 V 16,17/89

Schlagworte

Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Planungsziele, VfGH / Verwerfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1989:V16.1989

Dokumentnummer

JFR_10108798_89V00016_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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