Index
10 VerfassungsrechtNorm
StGG Art8 MRK Art3 VStG §35 litc EGVG ArtIX Abs1 Z1 EGVG ArtVIII zweiter TatbestandLeitsatz
Keine Verletzung im Recht auf persönliche Freiheit durch Festnahme und kurzfristige Anhaltung; "erniedrigende Behandlung" durch Leibesvisitation in sachlich nicht gerechtfertigter FormRechtssatz
Vertretbare Annahme der Verwaltungsübertretungen nach ArtVIII zweiter Tatbestand und ArtIX Abs1 Z1 EGVG (lautstarkes Einschreien der Beschwerdeführerin auf Polizeibeamte in einem Wachzimmer trotz mehrmaliger Abmahnung).
Keine übermäßige Dauer der Anhaltung (55 Minuten; die Enthaftung erfolgte, als die Beschwerdeführerin sich beruhigt hatte).
Der Befehl, sich zu entkleiden und auch die getragene Damenbinde vorzuweisen, stellt jedenfalls dann eine "erniedrigende Behandlung" dar, wenn dieses Vorgehen nicht aus sachlichen Gründen dringend geboten ist.
Von solchen Gründen kann hier keine Rede sein: Die Beschwerdeführerin wurde im Zusammenhang mit geringfügigen Verwaltungsübertretungen festgenommen. Es bestand kein Anhaltspunkt dafür, daß sie im Besitz von Gegenständen wäre, die für sie oder für andere Personen eine Gefahr bilden könnten (etwa von Waffen oder von Suchtgift). Es war von vornherein beabsichtigt, die Beschwerdeführerin nur kurzfristig (nämlich nur solange, bis sie sich beruhigt hatte) anzuhalten.
Dadurch wurde sie als (von Rechts wegen) ihrer Freiheit Beraubte in einer derart unzumutbaren Weise bloßgestellt, gedemütigt und in ihrer Ehre getroffen, daß bereits von einer "erniedrigenden", die Menschenwürde verletzenden Behandlung iS des Art3 MRK gesprochen werden muß.
Schlagworte
Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Mißhandlung, Polizeirecht, Lärmerregung, Ordnungsstörung, Verwaltungsstrafrecht, FestnehmungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B1186.1989Dokumentnummer
JFR_10099774_89B01186_01