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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung von Bestimmungen des GSVG betreffend Beitragszeiten für die vorzeitige Alterspension wegen Aussichtslosigkeit; Beschreitung des Rechtsweges zumutbarSpruch
Der Antrag des P R, ..., auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG auf Aufhebung des §115 Abs1 Z1 und Abs3 GSVG wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Der Einschreiter beantragt Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung des §115 Abs1 Z1 und Abs3 GSVG. Diese Bestimmung (idF der 3. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 586/1980, sowie der 13. Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 610/1987) lautet auszugsweise samt Überschrift:
"Beitragszeiten
§115. (1) Als Beitragszeiten sind anzusehen:
1. Zeiten der Beitragspflicht nach diesem Bundesgesetz oder nach dem Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherungsgesetz, wenn die Beiträge innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Kalendermonates, für den sie gelten sollen, die Beiträge gemäß §35 Abs2, 3 oder 4 innerhalb von fünf Jahren nach Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage wirksam (§118) entrichtet worden sind;
2.-5. ...
(2) ...
(3) In Fällen besonderer Härte kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten gemäß Abs1 Z1 nach Ablauf des dort bezeichneten Zeitraumes entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte seine Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich unterlassen hat, oder wenn die rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge unverschuldet eingetretener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Versicherten unterblieben ist."
2. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Betroffenen unmittelbar eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Diese Antragsberechtigung kommt aber nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten zu. Es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht (siehe dazu VfSlg. 8009/1977, 8148/1977, 8241/1978, 8276/1978, 8485/1979 uva.).
Im vorliegenden Fall stünde dem Antragsteller ein solcher - ihm auch zumutbarer - Weg zur Verfügung (vgl. zB VfSlg. 9170/1981, 9220/1981, 10.592/1985, 12.779/1991, 16.185 und 16.306/2001):
Zur Feststellung der (vorzeitigen) Alterspension ist ein Verfahren vor der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (§194 GSVG iVm §§354 Z1, 367 ASVG) und im Streitfall im Wege einer sukzessiven Zuständigkeit ein gerichtliches Leistungsstreitverfahren (§§64 ff ASGG) vorgesehen. Für den Fall, dass das in zweiter Instanz einschreitende Gericht die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers teilt, wäre es verpflichtet (Art89 Abs2 zweiter Satz B-VG), beim Verfassungsgerichtshof einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag zu stellen (vgl. Art140 Abs1 erster Satz B-VG).
Der Antragsteller hätte daher diesen - ihm zumutbaren - Weg zu beschreiten, um die von ihm behauptete Verfassungswidrigkeit im gerichtlichen Instanzenzug geltend zu machen.
Die Frage, ob und inwieweit sich das in zweiter Instanz zuständige Gericht veranlasst sieht, der Kritik der Partei an der Verfassungsmäßigkeit einer Gesetzesbestimmung zu folgen, ist hiebei nicht ausschlaggebend (vgl. VfSlg. 9926/1984). Denn es kommt nicht auf die materiellen Erfolgschancen des dem Antragsteller zur Verfügung stehenden Rechtsweges an, sondern darauf, dass ein derartiges Verfahrens Gelegenheit bietet, die vom Antragsteller erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Gesetzesbestimmung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. VfSlg. 8552/1979, 9170/1981, 9394/1982, 10.592/1985).
3. Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof erscheint damit als offenbar aussichtslos, zumal bei der gegebenen Lage die Zurückweisung des intendierten Individualantrages zu gewärtigen wäre.
Da die Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) somit nicht gegeben sind, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.
Schlagworte
Sozialversicherung, Pensionsversicherung, Pensionsalter, VfGH / Individualantrag, VfGH / VerfahrenshilfeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2004:G71.2004Dokumentnummer
JFT_09959292_04G00071_00