RS Vfgh 1990/3/15 G260/89, G279/89, G311/89, G312/89, G320/89, G321/89, G322/89

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 15.03.1990
beobachten
merken

Index

86 Veterinärrecht
86/01 Veterinärrecht allgemein

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz B-VG Art10 Abs1 Z12 B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand FleischuntersuchungsG §4 Abs6 FleischuntersuchungsG §6 FleischuntersuchungsG §6 Abs2 FleischuntersuchungsG §7 FleischuntersuchungsG-Novelle 1989 ArtII Abs2

Leitsatz

Aktuelle Betroffenheit der als Fleischuntersuchungstierärzte bestellten Personen durch die Festlegung einer Altersgrenze; keine Unsachlichkeit dieser an pensionsrechtlichen Regelungen orientierten Altersgrenze; Zuständigkeit des Materiengesetzgebers und nicht des Organisationsgesetzgebers zur Erlassung dieser Regelung

Rechtssatz

Zulässigkeit der Individualanträge, §6 Abs2 des Fleischuntersuchungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1989, sowie im Art. II Abs2 der Novelle BGBl. Nr. 252/1989 im ersten Satz die Wortfolge "§6 Abs2 in der Fassung des Art. I Z3 und" und im zweiten Satz die Wortfolge "der Fleischuntersuchungstierarzt beziehungsweise" aufzuheben.

Rechtsnormen, die ausschließlich den Verlust staatlicher Funktionen zum Gegenstand haben, greifen in die Rechtssphäre der diese Funktion ausübenden Organwalter in der Regel nicht ein.

Anders verhält es sich jedoch hier: Das für die Tätigkeit des Fleischuntersuchungstierarztes gebührende Honorar bildet für den Organwalter einen über eine bloße Aufwandsentschädigung hinausgehenden wesentlichen Einkommensbestandteil, dessen Entfall für den Organwalter von so gravierender Bedeutung ist, daß der Verlust des Amtes einen Eingriff in die Rechtssphäre des Amtsinhabers bedeutet. Wenngleich dem §4 Abs6 FleischuntersuchungsG zufolge durch die Beauftragung der Fleischuntersuchungsorgane kein Dienstverhältnis begründet wird, besteht im gegebenen Zusammenhang insofern eine Ähnlichkeit in Ansehung des Konnexes zwischen der Organfunktion eines Beamten und dessen dienstrechtlicher Sphäre. Das Gesetz greift also in die Rechtssphäre der Antragsteller ein, soweit darin verfügt wird, daß ihre Beauftragung als Fleischuntersuchungstierärzte mit Vollendung eines bestimmten Lebensjahres erlischt.

Für den im Jahre 1939 geborenen (51 Jahre alten) Antragsteller werden die angefochtenen Bestimmungen des §6 Abs2 FleischuntersuchungsG idF des Art. II Abs2 der Novelle 1989 (Beendigung der Funktion als Fleischuntersuchungstierarzt durch Erreichen der Altersgrenze von 65 bzw. 67 Jahren) erst im Jahre 2004 wirksam, sodaß von einer - im Fall eines Individualantrages erforderlichen - aktuellen Betroffenheit dieses Antragstellers (noch) keine Rede sein kann. Sein Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG zurückzuweisen.

Obgleich die angefochtenen Gesetzesstellen des §6 Abs2 FleischuntersuchungsG idF des Art. II Abs2 der Novelle 1989 (Beendigung der Funktion als Fleischuntersuchungstierarzt durch Erreichen der Altersgrenze von 65 bzw. 67 Jahren) auch für einige der Antragsteller weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch derzeit bereits anwendbar waren bzw. anwendbar sind, sind sie dennoch von ihnen nicht nur potentiell, sondern aktuell betroffen, steht doch für sie das Wirksamwerden der in Rede stehenden Vorschrift kurzfristig bevor. Es ist ihnen deshalb nicht zumutbar, mit der Antragstellung zuzuwarten, bis ihre Funktion als Fleischuntersuchungstierarzt erlischt.

Die Antragsteller sind oder waren Fleischuntersuchungstierärzte iS des §6 des FleischuntersuchungsG, nicht jedoch Fleischuntersucher iS des §7 leg.cit. Um den von ihnen behaupteten, sich für sie nachteilig auswirkenden Eingriff in ihre Rechtssphäre zu beseitigen, wäre es daher wohl erforderlich, §6 Abs2 des FleischuntersuchungsG idF der Novelle 1989 sowie im Art. II Abs2 der Novelle 1989 die auf die Fleischuntersuchungstierärzte bezughabenden Wendungen aufzuheben; nicht jedoch wäre es nötig, die auf die Fleischuntersucher bezughabenden Wendungen im Art. II Abs2 der Novelle 1989 aus der Rechtsordnung zu beseitigen.

Daraus folgt, daß die Anträge, soweit sie auch die letztgenannten Wendungen erfassen, als unzulässig zurückzuweisen sind.

Die Anträge werden abgewiesen, soweit darin begehrt wird, §6 Abs2 des Fleischuntersuchungsgesetzes in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1989, sowie im Art. II Abs2 der Novelle BGBl. Nr. 252/1989 im ersten Satz die Wortfolge "§6 Abs2 in der Fassung des Art. I Z3 und" und im zweiten Satz die Wortfolge "der Fleischuntersuchungstierarzt beziehungsweise" aufzuheben.

Es ist keineswegs unsachlich vorzusehen, daß die Beauftragung mit der Funktion eines Fleischuntersuchungstierarztes mit Vollendung des 65. bzw. 67. Lebensjahres endet, zumal sich die vorgesehene Regelung an Altersgrenzen orientiert, die sonst in Pensionsregelungen enthalten sind. Im übrigen ist eine angemessene Übergangsfrist gesetzlich vorgesehen.

Den in Prüfung gezogenen Vorschriften des §6 Abs2 FleischuntersuchungsG idF des Art. II Abs2 der Novelle 1989 ist der Bezug zu einer konkreten Materie (nämlich zum Veterinärwesen) unverhältnismäßig näher als jener zur Behördenorganisation. Die Erlassung der in Prüfung gezogenen Normen fällt sohin in die Zuständigkeit des Materiengesetzgebers, also des Bundesgesetzgebers.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, VfGH / Prüfungsumfang, Organ Organwalter, Tierärzte, Berufsrecht, Beleihung, Veterinärwesen Kompetenz Bund - Länder Veterinärwesen, Annexmaterie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G260.1989

Dokumentnummer

JFR_10099685_89G00260_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten