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62 ArbeitsmarktverwaltungNorm
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung ArbeitsmarktförderungsG §18 Abs2 litcLeitsatz
Versagung der Erteilung einer Konzession zur Ausübung entgeltlicher Musikervermittlung; Bedarfsprüfung verfassungswidrig; verfassungskonforme Auslegung des §18 Abs2 litc Arbeitsmarktförderungsgesetzes jedoch möglich; Subsidiarität der privaten entgeltlichen Arbeitsvermittlung gegenüber der staatlichen Arbeitsvermittlung und der unentgeltlichen Arbeitsvermittlung sachlich gerechtfertigt und keine übermäßige Beeinträchtigung der Erwerbsausübungsfreiheit DritterRechtssatz
Hätte §18 Abs2 litc ArbeitsmarktförderungsG tatsächlich den Inhalt (den ihr die belangte Behörde bei Versagung einer Konzession zur entgeltlichen Musikervermittlung unterstellte), die Erteilung einer Bewilligung auszuschließen, wenn der Bedarf nach der angestrebten Tätigkeit durch andere Unternehmungen, die bereits über eine Bewilligung verfügen, gedeckt ist, so wäre sie jedoch verfassungswidrig.
Errichtet das Gesetz eine Schranke schon für den Antritt eines Gewerbes, die der Betroffene, der alle subjektiven Voraussetzungen erfüllt, aus eigener Kraft nicht überwinden kann - eine Schranke wie sie etwa eine Bedarfsprüfung darstellt -, so liegt ein schwerer Eingriff in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Erwerbsfreiheit vor, der nur angemessen ist, wenn dafür besonders wichtige öffentliche Interessen sprechen und wenn keine Alternativen bestehen, um den erstrebten Zweck in einer gleich wirksamen, aber die Grundrechte weniger einschränkenden Weise zu erreichen (VfSlg. 11483/1987; VfGH vom 21.6.1988, G288/87).
Solche besonders wichtigen öffentlichen Interessen liegen aber hier nicht vor. Insbesondere besteht in diesem Bereich auch kein besonderes öffentliches Interesse an einem Schutz der bestehenden Unternehmungen vor Konkurrenz (wie dies der Verfassungsgerichtshof etwa im Interesse des Schutzes von Einlegern und sonstigen Gläubigern bei Kreditunternehmungen angenommen hat (vgl. VfGH vom 22.6.1989, B688/88); andererseits wäre eine Bedarfsprüfung im angenommenen Sinn wohl gar nicht tauglich, jedenfalls aber unangemessen, um ein ordnungsgemäßes Funktionieren der Arbeitsvermittlung (an der in diesem sensiblen Bereich zum Schutz der Arbeitssuchenden zweifellos ein besonderes Interesse besteht) sicherzustellen.
Verfassungskonforme Auslegung des §18 Abs2 litc ArbeitsmarktförderungsG.
§18 Abs2 litc ArbeitsmarktförderungsG bringt nur die Subsidiarität der privaten entgeltlichen Arbeitsvermittlung gegenüber der staatlichen Arbeitsvermittlung und der unentgeltlichen Arbeitsvermittlung durch karitative Organisationen, Interessenvertretungen und sonstigen Einrichtungen, denen diese Aufgabe gem. §17 ArbeitsmarktförderungsG übertragen wurde, zum Ausdruck. Ihr normativer Gehalt ist es, die Erteilung einer Bewilligung zur entgeltlichen und auf Gewinn gerichteten Arbeitsvermittlung davon abhängig zu machen, daß eine unentgeltliche Arbeitsvermittlung durch Arbeitsämter und Einrichtungen gem. §17 ArbeitsmarktförderungsG den Bedarf nach Arbeitsvermittlung nicht vollständig oder nicht ausreichend deckt - eine Voraussetzung, die im Bereich der Musikervermittlung unbestrittenerweise gegeben ist.
Der Vorrang der staatlichen Arbeitsvermittlung und der unentgeltlichen Arbeitsvermittlung durch karitative Organisationen, Interessenvertretungen und sonstigen Einrichtungen, denen diese Aufgaben durch Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales übertragen sind, gegenüber einer auf Gewinn gerichteten Arbeitsvermittlung läßt sich im Hinblick auf die Besonderheit des Gegenstands der Tätigkeit sachlich rechtfertigen; darin ist keine übermäßige Beeinträchtigung der Erwerbsausübungsfreiheit Dritter zu erblicken, sofern die Einrichtungen der unentgeltlichen Arbeitsvermittlung der Bedarf vollständig und ausreichend zu decken vermögen.
Schlagworte
Erwerbsausübungsfreiheit, Arbeitsvermittlung, Auslegung verfassungskonforme, öffentliches InteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B610.1989Dokumentnummer
JFR_10099384_89B00610_01