Index
L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art91 Vlbg AbgabenverfahrensG §132Leitsatz
Aufhebung einer landesgesetzlichen, finanzstrafrechtlichen Norm mangels gerichtlicher Zuständigkeit bei aufgrund der vorgesehenen Strafhöhe in den Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit fallenden DeliktenRechtssatz
§132 des Vlbg AbgabenverfahrensG, LGBl. Nr. 23/1984, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
Die aus Art91 B-VG abzuleitenden Grundsätze gebieten es (auch) dem Landesgesetzgeber bei Zutreffen bestimmter Voraussetzungen, die Zuständigkeit des Strafgerichtes vorzusehen. Dies dann, wenn er sich im Hinblick auf die nach seiner Wertung gegebene hohe Sozialschädlichkeit eines Verhaltens veranlaßt sieht, zu dessen Hintanhaltung eine schwerwiegende, in den Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit fallende Strafdrohung festzulegen.
Eine Strafdrohung des Ausmaßes wie in §132 Vlbg AbgabenverfahrensG vorgesehen fällt in den im Erk. G6/89 umschriebenen Kernbereich der Strafgerichtsbarkeit, was deutlich wird, wenn man diese Strafdrohung vor dem Hintergrund des in der eben bezogenen Entscheidung erwähnten Geldstrafensystems des Strafgesetzbuchs mit einem (am Boden des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987 errechenbaren) Grenzbetrag von 1,620.000 S betrachtet.
Der Verfassungsgerichtshof ist allerdings der Meinung, daß eine vorsätzliche Abgabenverkürzungen mit dem dreifachen Verkürzungsbetrag verwaltungsstrafrechtlich sanktionierende Regelung im Hinblick auf die anzunehmende durchschnittliche Höhe des Verkürzungsbetrages nicht schlechthin verfassungswidrig wäre; es bedürfte bei einer solchen am Ausmaß der Abgabenhinterziehung orientierten Strafdrohung jedoch zusätzlich einer Begrenzung der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit durch die Festlegung eines absoluten Betrages.
Schlagworte
Strafgerichtsbarkeit (Kernbereich), Gerichtsbarkeit Trennung von der Verwaltung, Finanzstrafrecht, Strafbemessung, Zuständigkeit der Gerichte, FinanzverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:G32.1990Dokumentnummer
JFR_10099382_90G00032_01