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82 GesundheitsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz StGG Art5 StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung LMG 1975 §77 Abs1 Z10 MineralwasserV, BGBl 1935/526Leitsatz
Verbot der Versendung von Mineralwässern in anderen als Kunststofflaschen sachlich gerechtfertigt; kein Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit; verfassungskonforme Weitergeltung der Mineralwasserverordnung als Gesetz bis zur Erlassung bestimmter Verordnungen aufgrund des Lebensmittelgesetzes; denkmögliche Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Feilhaltung bzw. Versendung von "Tafel-" bzw. "Bergquellwasser" in KunststoffflaschenRechtssatz
Das Außerkrafttreten eines Gesetzes (wie hier der als Bundesgesetz geltenden Mineralwasserverordnung) darf vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhängig gemacht werden; dieses Ereignis kann auch die Erlassung einer bestimmten Verordnung sein (siehe Ev 4.3.1988, G82-89/87, G235/87).
Denkmögliche Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Feilhaltung bzw. Versendung von "Tafel-" bzw. "Bergquellwasser" in Kunststoffflaschen.
Es erscheint nicht ausgeschlossen, Tafelwasser dem Begriff der "natürliche(n) und künstliche(n) Mineralwässer" im Sinne der Mineralwasserverordnung zu unterstellen, wie es die belangte Behörde getan hat.
Es ist denkmöglich, das "Versenden" gemäß §1 Mineralwasserverordnung dahin zu verstehen, daß jedes Inverkehrbringen, sohin auch das Feilhalten des Wassers darunterfällt, weil der Normgeber ganz offenkundig den Schutz des Konsumenten beabsichtigte und daher für die Begründung der Verpflichtung zum Abfüllen bestimmter Arten von Trinkwasser in verschlossenen Glasflaschen vor allem auf dessen Widmung "zum Verkauf als Lebensmittel" und zur "Abgabe an Verbraucher" abstellen wollte.
Angesichts der besonderen qualitativen Anforderungen an bestimmte Arten des Wassers, einschließlich des Mineral- und des Tafelwassers aus lebensmittelrechtlicher Sicht erscheint es dem Gerichtshof sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber im Rahmen seiner rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit auch für Tafelwasser die Abgabe in Glasflaschen vorsieht.
Ebenso wie in VfSlg. 11369/1987 vom Verfassungsgerichtshof das Verbot, Wein in anderen Gefäßen als Glasflaschen an den Verbraucher abzugeben, als sachlich gerechtfertigte und daher dem Gleichheitssatz entsprechende Norm angesehen wurde, weil dadurch der qualitative Aspekt des Produkts betont wird und der Gesetzgeber die Umwelt wegen der möglichen Wiederverwendbarkeit des Rohstoffes Glas möglichst wenig belasten wollte, erscheint es dem Verfassungsgerichtshof angesichts des vorliegenden Falles auch als sachlich gerechtfertigt, Wasser, das mit einem besonderen Qualitätsanspruch in Verkehr gebracht wird und das als Lebensmittel auf besondere Erwartungen der Konsumenten stößt, lediglich in einer Verpackungsform abzugeben, die diesen Ansprüchen in besonderer Weise dient. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Gesetzgeber für andere, ähnliche Lebensmittel, wie etwa die in der Beschwerde genannten mineralwasserhältigen Limonaden, ein gleichartiges Verpackungsverbot nicht aufgestellt hat.
Für das Verbot der Versendung von Mineralwässern in anderen Behältnissen als in den zur Abgabe an Verbraucher dienenden verschlossenen Glasflaschen sprechen hinreichende öffentliche Interessen. Es braucht sohin nicht näher untersucht zu werden, ob und wieweit durch ein derartiges Verbot (der MineralwasserV, BGBl. 1935/526) überhaupt in die Freiheit der Erwerbsbetätigung eingegriffen wird, zumal dem Beschwerdeführer dadurch der Vertrieb seines Tafelwassers zu Erwerbszwecken nicht wesentlich erschwert, geschweige denn unmöglich gemacht, sondern lediglich an eine bestimmte Verpackungsform gebunden wird.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Geltungsbereich (zeitlicher) eines Gesetzes, Rechtsüberleitung Übergangsbestimmung, Lebensmittelrecht, Umweltschutz, Erwerbsausübungsfreiheit, öffentliches Interesse, Mineralwasser, KunststoffflaschenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1990:B851.1989Dokumentnummer
JFR_10099379_89B00851_01