RS Vfgh 1990/6/21 G326/89

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Veröffentlicht am 21.06.1990
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Index

L1 Gemeinderecht
L1030 Gemeindestruktur

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsgegenstand
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsmaßstab
B-VG Art140 Abs3 erster Satz
Bgld GemeindeO §8
Bgld GemeindestrukturverbesserungsG §6 Z8
Bgld L-VG 1981 Art36 Abs1

Leitsatz

Aufhebung der Zusammenlegung nicht aneinandergrenzender burgenländischer Gemeinden wegen Verstoßes gegen die Landesverfassung

Rechtssatz

Legitimation zur Anfechtung Bgld. Landesgesetze.

Gemäß Art10 des Bgld. L-VG besteht der Burgenländische Landtag aus 36 Mitgliedern.

Da der vorliegende Antrag von 16 Landtagsabgeordneten eingebracht wurde, ist die Voraussetzung des ersten Satzes des Art36 Abs1 des Bgld. L-VG erfüllt.

Der Aufhebungsantrag ist nicht zu weit gefaßt. Die Z8 des §6 Bgld. GemeindestrukturverbesserungsG bildet nämlich eine untrennbare Einheit. Würde dem Eventualbegehren des Landes gefolgt, so bliebe - falls die von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken zutreffen - folgender Satz übrig: "Im politischen Bezirk Güssing werden folgende Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt: .... die Gemeinden Großmürbisch, Kleinmürbisch, Inzenhof und Tschanigraben zur Gemeinde Neustift bei Güssing". Neben der neuen Gemeinde Neustift bei Güssing würde dann eine andere Gemeinde mit demselben Namen bestehen. Allein schon deshalb würde eine Gesetzesaufhebung, die eine solche - unsinnige - Neuregelung der Gemeindestruktur bewirkte, eine bedeutendere Änderung der Rechtsordnung bewirken als die Aufhebung der gesamten Z8 des §6 Bgld. GemeindestrukturverbesserungsG. Der Umfang der zu prüfenden und - für den Fall des Zutreffens der geltend gemachten Bedenken - aufzuhebenden Gesetzesstellen wird sohin im Antrag richtig umschrieben (vgl. hiezu etwa VfSlg. 11 190/1986, 11 466/1987; VfGH 21.6.1989 G198,234/88).

§6 Z8 des Landesgesetzes vom 1. September 1970, LGBl. für das Burgenland Nr. 44, über Gebietsänderungen von Gemeinden (Gemeindestrukturverbesserungsgesetz), wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Mit §8 Abs2 Bgld. GemeindeO wird die Vereinigung zweier oder mehrerer Gemeinden abschließend geregelt.

Unter anderem besteht der normative Inhalt des als Landesverfassungsrecht erlassenen §8 Bgld. GemeindeO darin, daß die zu vereinigenden Gemeinden "aneinandergrenzen" müssen. Die Landesregierung meint, mit der zitierten Landesverfassungsvorschrift werde nur ein "qualifiziertes räumliches Naheverhältnis der jeweiligen Gemeinden" zwingend vorgeschrieben; diese Annahme verbietet sich deshalb, weil damit etwas völlig Selbstverständliches angeordnet würde, und dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, er habe etwas Überflüssiges angeordnet (vgl. zB VfSlg. 9185/1981).

Fest steht, daß die ehemalige Gemeinde Neustift b.G. mit den mit ihr zusammengelegten Gemeinden keine gemeinsame Grenze hatte. Wenngleich dazwischen nur eine (zum Gebiet anderer Gemeinden gehörende) Straße lag, verstößt die dennoch mit der angefochtenen landesgesetzlichen Vorschrift verfügte Vereinigung gegen das - wie dargetan - zwingende Verbot eines Landes-Verfassungsgesetzes, nämlich des §8 Abs2 Bgld. GemO, über dessen Zweckmäßigkeit der Verfassungsgerichtshof nicht zu befinden hat.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Legitimation, VfGH / Prüfungsumfang, VfGH / Prüfungsmaßstab, Gemeinderecht Zusammenlegung, Kommunalstrukturverbesserung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G326.1989

Dokumentnummer

JFR_10099379_89G00326_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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