RS Vfgh 1990/6/29 B363/90

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Veröffentlicht am 29.06.1990
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82 Gesundheitsrecht
82/03 Ärzte, sonstiges Sanitätspersonal

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz - Verw.akt B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab ÄrzteG §40 ÄrzteG §75 ÄrzteG §78 Abs1 AKG 1954 §5 Abs2 litc

Leitsatz

Keine Verfassungswidrigkeit der Einbeziehung von Ärzten in ein System der beruflichen Altersversorgung neben der Versicherung nach ASVG und FSVG; keine Verfassungswidrigkeit der Eingliederung von unselbständig erwerbstätigen Ärzten in die Ärztekammern anstelle der Arbeiterkammern; kein Anspruch auf gesetzwidriges Verhalten einer Behörde

Rechtssatz

Die Institutionalisierung einer Mehrfachversicherung ist nicht verfassungswidrig (s. VfSlg. 6947/1972). Weder die Kumulation der beiden Systeme noch das dadurch bewirkte Niveau der sozialen Sicherheit ist derart, daß es die Grenzen verletzte, die der Gleichheitsgrundsatz zieht. Wenn es dem Gesetzgeber mit der Erlassung des FSVG grundsätzlich darum ging, die freiberuflich tätigen Ärzte an den Standard des gesetzlichen Sozialversicherungssystems nach dem Allgemeinen bzw. dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz heranzuführen (vgl. dazu die EB zur RV, 1000 BlgNR, XIV. GP, 6 f.), so kann dies nicht als unsachlich angesehen werden. Dies gilt in gleicher Weise für die in der "sozialversicherungsrechtlichen Riskengemeinschaft" (vgl. dazu VfSlg. 6947/1972) begründete Heranziehung der unselbständig tätigen Ärzte zur Beitragsleistung zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer gemäß §78 Abs1 ÄrzteG, soweit die Möglichkeit einer Befreiung aufgrund der Ausnahmeregelung nach dieser Bestimmung in Fällen eines gleichwertigen Anspruches auf Ruhe(Versorgungs-)genuß aufgrund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder in gleicher Weise durch eine sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht vorgesehen ist.

Ob diese Regelung hingegen auch zweckmäßig ist - was der Beschwerdeführer deshalb bezweifelt, weil Ärzte stets dazu in der Lage wären, selbständig zu disponieren, welche Art der Vorsorge ihnen als geeigneter erscheine - und ob das Ergebnis in allen Fällen als befriedigend empfunden wird, kann nicht mit dem Maß des Gleichheitssatzes gemessen werden (vgl. VfSlg. 10455/1985).

Es ist schon von vornherein nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber durch gleiche Interessenlagen verbundene Personengruppen in jeweils eigenständigen Selbstverwaltungskörpern zusammenfaßt, wenn dabei die Grenzen zulässiger Selbstverwaltung nicht überschritten werden (VfSlg. 8215/1977).

Keine Unsachlichkeit des §40 ÄrzteG, wonach alle Ärzte, die ihren Beruf im Bereich einer Ärztekammer tatsächlich ausüben, kammerzugehörig sind; die von der Ärztekammer wahrzunehmenden Belange beziehen sich nämlich in gleicher Weise auf freiberufliche wie auch auf unselbständig tätige Ärzte (vgl. in diesem Zusammenhang auch VfGH vom 16.3.1989, B1268/87).

Soweit der Beschwerdeführer eine Befreiung von den Beitragsleistungen zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien trotz Nichtvorliegens der Voraussetzungen deshalb begehrt, weil dies auch in anderen Fällen - wenn auch zu Unrecht - so praktiziert worden sei, genügt es darauf zu verweisen, daß ein derartiger Vorwurf - wie der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zB VfSlg. 5732/1968, 6992/1972, 7082/1973, 7836/1976 und 9169/1981) - einen Anspruch auf ein gesetzwidriges Verhalten der Behörde zum Ziel hätte; ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht kann darauf aber von vornherein nicht zustehen. Daß die Behörde bei Erlassung des Bescheides das Gesetz denkunmöglich angewendet hätte, ist gleichfalls nicht erkennbar.

Entscheidungstexte

Schlagworte

VfGH / Prüfungsmaßstab, Ärzte Versorgung, Versorgungsrecht Ärzte, Sozialversicherung, Rechtspolitik, Mehrfachversicherung, Ärztekammer, berufliche Vertretungen, Gleichheitsrecht siehe B-VG Art 7 Abs 1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B363.1990

Dokumentnummer

JFR_10099371_90B00363_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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