RS Vfgh 1990/9/24 B638/87

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Veröffentlicht am 24.09.1990
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Index

10 Verfassungsrecht
10/10 Grundrechte, Datenschutz, Auskunftspflicht

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt B-VG Art144 Abs3 StGG Art8 StPO §140 Abs2 StPO §175 Abs1 Z2 StPO §177 Abs1 Z2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Festnahme, Anhaltung und Personsdurchsuchung; Vorliegen eines Tatverdachtes aufgrund der Aussagen einer Zeugin und Fluchtgefahr; vertretbare Unterlassung der Einholung eines richterlichen Befehls auch bezüglich der Personsdurchsuchung

Rechtssatz

Aufgrund der Aussagen der beraubten Zeugin kann kein Zweifel daran bestehen, daß der Beschwerdeführer als Verdächtiger anzusehen war. Nach den damals gegebenen Umständen, nämlich daß der Gendarmeriebeamte dem Beschwerdeführer allein gegenüberstand, der Beschwerdeführer sich auf den Bahnhof begeben hatte sowie daß er eines schwerwiegenden Deliktes, und zwar des Verbrechens des Raubes, verdächtig war, war Fluchtgefahr im Sinne des §175 Abs1 Z2 StPO gegeben und es erschien die Einholung eines richterlichen Befehls zur Verhaftung wegen Gefahr im Verzug gemäß §177 Abs1 Z2 (§10 Z1) StPO nicht tunlich. Die Festnahme des Beschwerdeführers und seine (die gesetzliche Dauer nicht überschreitende) Anhaltung war somit gesetzmäßig.

Die Gendarmeriebeamten mußten im Hinblick auf den Gegenstand des Raubes bestrebt sein, alle in der Verfügungsgewalt des Beschwerdeführers befindlichen Banknoten im Wert von 100 S und 50 S sicherzustellen; sie konnten sich demnach nicht darauf verlassen, daß der Beschwerdeführer (- folgt man diesbezüglich seiner Sachverhaltsdarstellung -) bereits sämtliche Banknoten dieses Wertes herausgegeben hatte. Bei dieser Sachlage ist die Handhabung des §140 Abs2 StPO (demzufolge die (Persons-)durchsuchung in der Regel (nur) kraft richterlichen Befehls unternommen werden darf) durch die einschreitenden Gendarmeriebeamten jedenfalls vertretbar.

Dem hilfsweise gestellten Antrag auf Beschwerdeabtretung an den Verwaltungsgerichtshof war bloß hinsichtlich der Personsdurchsuchung, nicht jedoch bezüglich der Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers stattzugeben (s. dazu die ständige Rechtsprechung, zB VfSlg. 9384/1982).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Festnehmung, Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Personsdurchsuchung, VfGH / Abtretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:B638.1987

Dokumentnummer

JFR_10099076_87B00638_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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