RS Vfgh 1990/9/29 G72/90

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Veröffentlicht am 29.09.1990
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Index

55 Wirtschaftslenkung
55/01 Wirtschaftslenkung

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz ViehwirtschaftsG 1983 §13

Leitsatz

Keine sachliche Rechtfertigung der Schlechterstellung von Angehörigen des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebes hinsichtlich der für sie geltenden weiteren Einschränkungen bei der (bewilligungspflichtigen) Tierhaltung gemäß dem Viehwirtschaftsgesetz

Rechtssatz

Die Wortfolge "der Ehegatte des Betriebsinhabers," sowie im Anschluß an das Wort "großjährigen" die Wortfolge "Kinder und" in §13 Abs3 des ViehwirtschaftsG 1983 in der Fassung der ViehwirtschaftsG-Nov 1987, BGBl. Nr. 325/1987, ferner dieselben Wortfolgen in §13 Abs6 des ViehwirtschaftsG 1983 in der Fassung der ViehwirtschaftsG-Nov 1988, BGBl. Nr. 332/1988, sowie die Wortfolgen "des Ehegatten" und (im Anschluß an das Wort "großjährigen") "Kinder und" in Art IV Abs2 der ViehwirtschaftsG-Nov 1987, BGBl. Nr. 325/1987, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Das Angehörigenverhältnis reicht für sich allein nicht aus, eine steuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Schlechterstellung sachlich zu begründen (mit zahlreichen Judikaturhinweisen).

Auch bei den angeführten Regelungen des Viehwirtschaftsrechtes ist es sachlich nicht gerechtfertigt, die Tierhaltung im (selbständigen) Betrieb eines Ehegatten des Inhabers eines anderen landwirtschaftlichen Betriebes oder in (selbständigen) Betrieben großjähriger (volljähriger) Kinder eines Betriebsinhabers (mögen diese Kinder auch "am selben Betrieb" wie ihre Eltern "leben") weiter einzuschränken als bei Personen mit einem landwirtschaftlichen Betrieb, die in keinem Ehe- oder Angehörigenverhältnis zu einem Betriebsinhaber stehen.

Mangels sachlicher Rechtfertigung gleichheitswidrig sind die im Spruch umschriebenen Wortfolgen aber auch deswegen, weil sie zur Folge haben, daß ein verheirateter Betriebsinhaber oder ein Betriebsinhaber mit großjährigen (volljährigen), am selben Betrieb lebenden Kindern hinsichtlich der für seinen Betrieb geltenden Tierbestandsgrenzen schlechtergestellt ist als ein unverheirateter Betriebsinhaber oder ein Betriebsinhaber ohne derartige Kinder:

jener muß sich nämlich im Gegensatz zu diesem gefallen lassen, daß die vom Ehegatten oder von den Kindern in deren selbständig bewirtschafteten Betrieben gehaltenen Tierbestände zur Folge haben, daß die für ihn geltenden Tierbestandsgrenzen entsprechend herabgesetzt werden.

Diese Schlechterstellung kann auch - entsprechend der bisherigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. insbesondere VfSlg. 3863/1960, 5319/1966 und 10157/1984) - nicht damit sachlich gerechtfertigt werden, daß Ehegatten oder großjährige (volljährige) Kinder eines Betriebsinhabers die Möglichkeit besitzen, selbständige Betriebe lediglich vorzutäuschen und auf diese Weise den Tierbestand des Ehepartners oder der Eltern widerrechtlich zu vergrößern.

(Anlaßfall: E v 29.09.90, B714/89 - Aufhebung des angefochtenen Bescheides).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Viehwirtschaft, Ehe und Verwandtschaft, Angehörigenverhältnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1990:G72.1990

Dokumentnummer

JFR_10099071_90G00072_01
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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