TE Vfgh Beschluss 2004/9/28 G73/04 ua

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Veröffentlicht am 28.09.2004
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/06 Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
BDG 1979 §116 Abs2
DVG §13 Abs4, §14 Abs4
LDG 1984 §85 Abs2
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Dienstrechtsverfahrensgesetzes, des Landeslehrer- und des Beamten-Dienstrechtsgesetzes betreffend die zehnjährige Frist für eine Wiederaufnahme bzw amtswegige Nichtigerklärung eines Bescheides mangels unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers bzw angesichts eines zumutbaren Umwegs; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

Die Gesetzesprüfungsanträge werden zurückgewiesen.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Mit den vorliegenden Anträgen begehrt der - nicht durch einen Rechtsanwalt vertretene - Einschreiter,

"der Verfassungsgerichtshof möge

1. gemäß Art140 Abs3 B-VG iVm. §64 Abs1 VfGG Zahl und Wortfolge '10 Jahresfrist' im

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§13 Abs4 DVG, BGBl. 1991/362

-

§14 Abs4 DVG, BGBl. 1991/362

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§85 Abs2 LDG 1984, BGBl. 1984/302

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§116 Abs2 BDG 1979, BGBl. 1979/333

als verfassungswidrig aufheben".

Überdies wird ein Antrag auf "Beigabe einer Verfahrenshilfe" sowie auf Befreiung "von den Einreichkosten gem. §120 BDG 1979" gestellt.

1.2. Die angefochtenen Bestimmungen des §14 Abs4 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 (DVG), des §85 Abs2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz (LDG) sowie des §116 Abs2 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG) sehen jeweils vor, dass die in §69 Abs2 und 3 AVG für die Wiederaufnahme eines Verfahrens (mit drei Jahren) festgesetzten Fristen im Dienstrechtsverfahren bzw. im Disziplinarverfahren zehn Jahre betragen. Kraft §13 Abs4 DVG ist im Dienstrechtsverfahren die amtswegige Nichtigerklärung eines Bescheides iSd. §68 Abs4 Z1 AVG längstens innerhalb von zehn Jahren seit der Erlassung des Bescheides zulässig.

1.3. Zu seiner Antragslegitimation führt der Einschreiter - sinngemäß - aus, die - den Anträgen beigelegten - Bescheide, so ua. jener der Leistungsfeststellungs-Oberkommission für Landeslehrer für Berufsschulen beim Amt der Oö. Landesregierung vom 17. Mai 2004, würden durch die "Aufhebung der '10 Jahresfrist' Bestimmung [des §14 Abs4 DVG] entscheidend beeinflusst". Auch könne ein anderer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit dieser Regelung nicht in Erwägung gezogen werden.

1.4. Mit dem genannten Bescheid der Leistungsfeststellungs-Oberkommission für Landeslehrer für Berufsschulen wurde ein Antrag des Einschreiters auf Wiederaufnahme von - ihn betreffenden - Verfahren zur Leistungsfeststellung für näher bezeichnete Schuljahre "infolge Fristablaufs" gemäß §14 Abs4 DVG iVm. §69 Abs2 AVG als unzulässig zurückgewiesen. Gegen diesen Bescheid ist hg. eine zu B845/04 protokollierte Beschwerde gemäß Art144 B-VG anhängig.

[Mit dem den Anträgen gleichfalls angeschlossenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für Berufsschulen beim Amt der Oö. Landesregierung vom 17. Mai 2004 wurde einem Antrag des Einschreiters auf Wiederaufnahme eines - gemäß §87 Abs2 LDG ohne Erlassung eines Bescheides eingestellten - Disziplinarverfahrens keine Folge gegeben, weil "nur ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren Gegenstand des Wiederaufnahmeverfahrens" gemäß §69 Abs1 AVG sein könne; eine der hier bekämpften Bestimmungen liegt diesem Bescheid damit - anders als der Einschreiter meint - nicht zu Grunde.]

2. Die Anträge sind nicht zulässig.

2.1. Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.

Aber nicht jedem unmittelbar betroffenen Normadressaten kommt diese Antragsbefugnis zu. Es ist (wie der Verfassungsgerichtshof im Beschluss VfSlg. 8009/1977 ausgeführt und in seiner späteren Judikatur mehrfach, zB VfSlg. 8148/1977, 8241/1978, 8276/1978 und 8485/1979, bestätigt hat) für die Antragslegitimation darüber hinaus auch erforderlich, dass dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der von ihm behaupteten Verfassungswidrigkeit nicht zur Verfügung steht.

2.2. Im Hinblick auf den Regelungsgegenstand des §13 Abs4 DVG (s. oben Pkt. 1.2.) ist ausgeschlossen, dass diese Bestimmung in die Rechtssphäre des Einschreiters unmittelbar eingreift.

Im Übrigen steht dem Einschreiter aber - jedenfalls - ein anderer zumutbarer Weg für die Geltendmachung seiner Bedenken zur Verfügung, weshalb es ihm auch insoweit an der zur Antragstellung erforderlichen Legitimation fehlt (vgl. VfGH 25.6.2003 G19/02): Der Einschreiter hat mit der eingangs erwähnten, zu B845/04 protokollierten Beschwerde (s. oben Pkt. 1.4.) die Möglichkeit ergriffen, seine Bedenken gegen die hier ua. angefochtene Gesetzesbestimmung des §14 Abs4 DVG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Ebenso stünde es ihm offen, einen die Wiederaufnahme eines allfälligen - durch Bescheid abgeschlossenen - Disziplinarverfahrens gemäß §85 Abs2 LDG oder §116 Abs2 BDG versagenden Bescheid nach Ausschöpfung des Instanzenzuges beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde gemäß Art144 B-VG zu bekämpfen.

3. Die Anträge waren daher schon aus den zu Pkt. 2.2. bezeichneten Gründen als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der sonstigen Prozessvoraussetzungen bedurfte.

4. Da sich im Hinblick auf dieses Ergebnis die angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos erweist, war der vom Einschreiter eingebrachte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen (vgl. VfSlg. 15.626/1999).

5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

Dienstrechtsverfahren, Verwaltungsverfahren, Abänderung und Behebung von amtswegen, Wiederaufnahme, VfGH / Individualantrag, VfGH / Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2004:G73.2004

Dokumentnummer

JFT_09959072_04G00073_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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